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Alanna - Das Lied der Loewin

Alanna - Das Lied der Loewin

Titel: Alanna - Das Lied der Loewin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamora Pierce
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halten.«
    Alanna starrte sich im Spiegel an. Mit violettfarbenen Augen in einem bleichen Gesicht starrte ihr Thom, ihr Zwillingsbruder entgegen. Grinsend wickelte sie den Umhang um sich. Mit einem letzten Blick auf den Jungen im Spiegel folgte sie Maude hinaus auf den Schlosshof. Coram und Thom, die schon auf ihren Pferden saßen, warteten auf sie. Thom legte seine Röcke zurecht und zwinkerte seiner Schwester zu.
    Maude hielt Alanna zurück, als diese eben auf Chubby, ihr Pony, steigen wollte. »Heile, Kind!«, riet sie ihr. »Heile, so viel du nur kannst, sonst wirst du dafür bezahlen. Die Götter wollen, dass man ihre Gaben benutzt.«
    Alanna schwang sich in den Sattel und tätschelte Chubby. Das Pony, welches spürte, dass das freundlichere der beiden Geschwister auf ihm saß, wurde ruhiger. Wenn Thom ihn ritt, gelang es Chubby gelegentlich, ihn abzuwerfen.
    Alle vier winkten den Bediensteten des Schlosses zu, die sich zum Abschied versammelt hatten. Langsam ritten sie
durchs Schlosstor hinaus, wobei Alanna ihr Bestmögliches tat, Thoms mürrische Miene nachzuahmen – oder zumindest die mürrische Miene, die Thom gemacht hätte, wäre er auf dem Weg zum Palast gewesen. Thom sah auf die Ohren seines Ponys hinunter und hielt das Gesicht versteckt. Jedermann wusste, wie den Zwillingen nun zumute war, weil sie weggeschickt wurden. Der Weg, der vom Schloss fortführte, mündete ganz übergangslos auf stark überwuchertes und felsiges Gelände. Ungefähr einen Tag lang würden sie durch die unwirtlichen Wälder des Grimholdgebirges reiten, das eine natürliche Grenze zwischen Tortall und Scanra bildete. Den Zwillingen war diese Gegend wohlbekannt. Obwohl sie den Leuten aus dem Süden dunkel und unwirtlich vorkommen mochte, war sie für Alanna und Thom die Heimat, und das würde auch immer so bleiben.
    Am frühen Vormittag erreichten sie die Stelle, wo sich der Trebondweg und die Große Straße kreuzten. Die von den Gefolgsleuten des Königs bewachte Große Straße führte nach Norden bis zur fernen Stadt der Götter. Das war der Weg, den Thom und Maude einschlagen würden. Alanna und Corams Weg führte nach Süden zur Hauptstadt Corus und zum Königspalast.
    Die beiden Bediensteten ritten ein Stück abseits, um sich Lebewohl zu sagen und um den Zwillingen Gelegenheit zu geben, sich unter vier Augen voneinander zu verabschieden. Genau wie Alanna und Thom würden sich auch Coram und Maude jahrelang nicht mehr sehen. Zwar würde Maude nach Trebond zurückkehren, doch Coram sollte für die Zeit, die Alanna im Palast verbringen würde, als ihr Diener bei ihr bleiben.
    Alanna sah ihren Bruder an und lächelte. »Da wären wir also«, meinte sie.

    »Ich wollte, ich könnte dir ›viel Spaß‹ wünschen«, sagte Thom ohne Umschweife. »Aber ich kann mir nicht vorstellen, wie es jemandem Spaß machen sollte, zum Ritter ausgebildet zu werden. Trotzdem – viel Glück. Wenn sie uns auf die Schliche kommen, ziehen sie uns allen beiden bei lebendigem Leib die Haut ab.«
    »Keiner wird uns auf die Schliche kommen, Bruderherz.« Sie griff zu ihm hinüber und drückte seine Hand. »Viel Glück, Thom. Pass auf dich auf.«
    »Du wirst jede Menge Prüfungen durchstehen müssen«, sagte Thom ernst. »Pass du besser auf dich auf.«
    »Die Prüfungen werde ich schon überstehen«, sagte Alanna. Sie wusste, dass das kühne, nahezu vermessene Worte waren, aber Thom sah so aus, als könnte er sie gebrauchen. Sie wendeten ihre Ponys und gesellten sich wieder zu den Erwachsenen.
    »Los, machen wir uns auf den Weg!«, brummte Alanna Coram zu.
    Maude und Thom schlugen die linke Abzweigung der Großen Straße ein, Alanna und Coram die rechte. Unvermittelt blieb Alanna noch einmal stehen, drehte sich um und sah zu, wie ihr Bruder davonritt. Sie blinzelte die aufsteigenden Tränen weg und musste schwer schlucken. Irgendetwas sagte ihr, dass Thom völlig verwandelt sein würde, wenn sie ihn wiedersah. Seufzend wendete sie Chubby zurück in die Richtung der Hauptstadt.
    Coram zog ein Gesicht und drängte seinen großen Wallach vorwärts. Er hatte nicht die geringste Lust einen wehleidigen Jungen zum Palast zu geleiten. Einst war er der mutigste Soldat im Heer des Königs gewesen und jetzt musste er sich zum Gespött machen lassen. Jeder würde
sehen, dass Thom kein Krieger war, und ihn, Coram – den Mann, der dem Jungen die Grundbegriffe des Kriegshandwerks hätte beibringen sollen –, würde man dafür verantwortlich machen. Stundenlang

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