Alarmstufe Rot
schon ziemlich spät, ich sollte jetzt wirklich loskommen.”
Ihm war die Uhrzeit gar nicht bewusst. Bei ihrem entspannten Geplauder und ihrem trockenen Humor waren die Stunden wie im Flug vergangen. Dennoch wollte er sie noch nicht gehen lassen.
„Wenn ich es mir überlege, hätten Sie eher herauskommen sollen, damit Sie nicht im Dunkeln nach Hause fahren müssen”, sagte er, um Minuten zu schinden. „Können Sie nächstes Mal nicht um fünf hier sein?”
„Okay, ich werde es mir einrichten.”
Er lehnte sich neben sie an die Wand. „Soll ich Sie in die Stadt begleiten?”
„Und wie kommen Sie dann zurück?”
„Ich muss ja nicht. Ich könnte auf Ihrer Couch übernachten.” Warum, in aller Welt, hatte er das jetzt gesagt?
Sie warf ihm einen ernüchternden Blick zu. „Wohl kaum. Meine Schwester ist gerade auf Wohnungssuche und schläft solange auf meiner Couch.”
„Ist sie genauso hübsch wie Sie?”
Wieder wurde sie rot. „Viel hübscher.”
„Das kann nicht sein.”
„Doch, bestimmt.”
Unmöglich! Diese dunklen Augen, die noch dunkleren Lo cken, die so wild zerzaust waren, als käme sie geradewegs von ihrem Geliebten, gab es kein zweites Mal. Dieses wache Gesicht mit der Stupsnase, die von Natur rosigen Wangen … mit einem Klecks Rasierschaum unter dem Auge.
Er winkte mit dem Finger. „Kommen Sie mal her.”
Sie zuckte zusammen, als hätte er einen Striptease von ihr verlangt.
„Warum?”
„Sie haben Rasierschaum im Gesicht, ich kann ihn leichter wegwischen als Sie.”
Zögernd kam sie näher. Er umfasste ihr Gesicht mit der Linken und wischte den Klecks mit dem Daumen ab. Der Moment dehnte sich, während Jared einen inneren Kampf ausfocht.
Er wusste, er durfte nicht - aber er wollte sie küssen. Er wollte ihren weichen Mund spüren und alle seine Sorgen vergessen. Doch die Vernunft siegte, und er ließ die Hand sinken.
Sie wandte den Blick zu dem verwitterten hölzernen Stützbalken der Veranda. „Also, Dr.
Granger …”
„Nennen Sie mich doch bitte Jared.”
Sie schaute ihn an. „Das geht wirklich nicht. Wir haben eine berufliche Beziehung, wir dürfen da nichts vermischen.”
„Tun wir das denn?”
„Also…”
Er stützte sich mit dem linken Arm an die Wand über ihrem Kopf. „Ja?”
Sie zuckte mit den Schultern. „Es hat mich sehr gefreut, Sie näher kennen zu lernen, aber streckenweise …” Sie nahm ihre Unterlippe zwischen die Zähne und blickte zu Boden.
Er beugte sich ein wenig zu ihr hinunter. „Streckenweise ha ben Sie eine gewisse Spannung zwischen uns gespürt.”
„Mag sein. Ich weiß es nicht.”
„Brooke, sehen Sie mich an.” Sie gehorchte zögernd. „Ich werde nichts tun, das Ihren Job gefährdet, falls Sie das befürchten. Besonders, da ich weiß, wie es is t, nicht weiterarbeiten zu können.” Er holte tief Luft und stieß sie mit einem Seufzer aus. „Und, ja, ich habe mich heute Abend etwas gehen lassen. Aber Sie sind eine sehr attraktive Frau, und es ist lange her, dass ich so anregende Gesellschaft hatte. Da wir demnächst mehr Zeit miteinander verbringen werden, möchte ich, dass zwischen uns ein freundschaftlicher Ton herrscht. Mehr nicht.”
Natürlich war da mehr, und das wusste sie vermutlich. Doch damit würden sie umgehen, wenn es so weit war. Und der Zeitpunkt würde kommen. Wenn es nach ihm ginge, schneller als sie dachte.
„Also gut”, sagte sie und lächelte verhalten. „Gegen Freund schaft habe ich nichts, solange Ihnen klar ist, wer der Boss ist.”
Er grinste. „Das war mir sofort klar, als ich Ihnen zum ersten Mal begegnete. Aber seien Sie nachsichtig mit mir. Üblicherweise habe ich das Sagen.”
Sie zwinkerte ihm zu, und sein Puls begann augenblicklich zu rasen. „Ich weiß, und Macht ist eine süße Droge, nicht?”
Er lachte laut auf und fühlte sich plötzlich so lebendig wie lange nicht mehr. „Sind Sie sicher, dass ich Sie nicht doch nach Hause bringen soll? Ich kann mit dem Taxi zurückfahren, das ist überhaupt kein Problem.”
Sie schob ihre schlanke Hand in die Leinentasche und holte ihr Handy heraus. „Ich habe das bei mir und eine Dose mit Pfefferspray und auf dem Rücksitz einen Baseballschläger.
Wenn ich die bösen Buben nicht mit dem Spray verscheuche, bin ich mit dem Schläger sehr zielsicher.”
„Wow! Erst das Rasiermesser und jetzt das. Ich muss aufpassen, dass ich Sie nicht verärgere.”
„Keine Sorge, da passe ich schon auf.” Damit sprang sie die Stufen hinunter und stieg
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