Alarmstufe Rot
in ihr Auto.
„Seien Sie vorsichtig”, rief er ihr nach.
Sie streckte den Kopf aus dem Fenster und machte das Okay-Zeichen.
Noch lange nachdem die Rücklichter außer Sicht waren, stand er da und starrte auf die Stelle, wo ihr Auto geparkt hatte. Er kämpfte gegen die Einsamkeit an, die sein Leben neuerdings beherrschte. Und gegen die starke Kraft, die ihn zu Brooke Lewis hinzog - zu seiner Physiotherapeutin. Es war ein Kampf, dem er sich nicht recht gewachsen fühlte.
Aber eigentlich wollte er ganz gern unterliegen.
So kann es nicht weitergehen, dachte Brooke. Nicht, nachdem sie sich an dem Abend fast geküsst hatten. Und mit diesem Kampf gegen eine Anziehung, die vollkommen unvernünftig war.
Sie musste als Jared Grangers Physiotherapeutin kündigen, obwohl sie die Vorstellung hasste. Und sich dafür, dass sie sie hasste.
Brooke schob sich den letzten Rest ihres Waldorfsalats in den Mund. Auf die Geräusche in der Klinik-Cafeteria, das gleichmä ßige Stimmengewirr und das Klappern des Geschirrs, achtete sie nicht, bis sie Dr. Kempners Stimme hinter sich vernahm.
Sie warf einen kurzen Blick über die Schulter und sah ihn mit einem Kollegen am Tisch sitzen, der jedoch gerade aufstand und ging. Jetzt war Dr. Kempner allein, und sie konnte ihr Vorhaben in die Tat umsetzen.
Nachdem sie sich den Mund mit der Serviette abgetupft hatte, verließ sie ihren Tisch und brachte ihr Tablett zum Laufband. Dann schaute sie sich nach Dr. Kempner um. Ja, da saß er noch, und niemand war bei ihm. Das war erstaunlich, denn er stach unter den Ärzten ebenso hervor wie Jared Granger. Er erregte mehr Aufmerksamkeit als Mann als wegen seines weißen Kittels.
Brooke musste zugeben, dass er äußerst attraktiv war. Doch während Nick Kempner für seinen verwegenen Charme berühmt war, umgab Jared Granger eine geheimnisvolle Aura, die Anlass zu Spekulationen lieferte. Man fragte sich stets, was wohl in ihm vorgehen mochte, was er empfand. Auf sie und eine Reihe anderer Frauen übte das einen starken Reiz aus.
Sie rief sich zur Ordnung. Warum ging dieser Mann ihr nicht aus dem Kopf? Sie verglich Jared Grangers Wirkung mit der einer Grippe - Fieber, Schüttelfrost und schwer zu bekämpfen. Es blieb einem kaum etwas anderes übrig, als der Krankheit ihren Lauf zu lassen und das Bett zu hüten. Der Gedanke, mit Jared Granger im Bett zu sein, stabilisierte ihren Gefühlszustand jedoch erst recht nicht. Hoffentlich war sie in der Lage, eine normale Unterhaltung mit Dr. Kempner zu führen.
Langsam schlenderte sie zu seinem Tisch. Dort angelangt, räusperte sie sich. „Kann ich Sie einen Moment sprechen, Dr. Kempner?”
Seine Reaktion war zunächst verhalten, er erwartete wahr scheinlich eine Schwester, die für ihn schwärmte. Sobald er sie erkannte, lächelte er. „Aber immer, Brooke. Ich wollte sowieso mit Ihnen über Dr. Grangers Therapie reden.”
Einen besseren Einstieg hätte sie sich nicht wünschen können, trotzdem beschlich sie leise Furcht. Wenn Jared Granger nun bereits selbst beschlossen hatte, den Therapeuten zu wechseln? Das würde natürlich vieles erleichtern, denn es entspräche ja ihrem Wunsch.
Warum war sie dann auf einmal so entsetzlich ent täuscht?
Dr. Kempner stand auf, kam um den Tisch herum und bot ihr einen Stuhl an. „Setzen Sie sich doch.”
Sie nahm Platz und verkrampfte die Hände im Schoß. Sie wollte nicht, dass man ihr Zittern sah. „Offen gestanden, wollte ich mich auch mit Ihnen über Dr. Granger unterhalten.”
„Das passt ja, ich habe nämlich gerade mit ihm telefoniert. Ich weiß nicht, was Sie mit ihm angestellt haben, aber ich hoffe, Sie machen weiter.”
Ihr blieb fast die Luft weg. „Wie bitte?”
Nick Kempner lehnte sich zurück und fuhr sich durch das dunkle Haar. „So aufgekratzt habe ich ihn nicht mehr erlebt seit dem Unfall. Er will die Therapie unbedingt fortsetzen.
Direkt begeistert klang er. Zum ersten Mal sprach er davon, dass er eventuell wieder operieren könnte.”
„Das hat er wirklich gesagt?”
Er lächelte breit. „Aber ja, das hat er. Sie sind gena u das, was er braucht. Und die Idee mit den Hausbesuchen hat bei ihm eine totale Kehrtwendung bewirkt. Ich wünschte, ich wäre eher darauf gekommen, dann wäre er vermutlich schon viel weiter. Wenn Sie mich fragen - Sie haben wahre Wunder vollbracht.”
Brooke hatte auch vorher schon Komplimente für ihre Be handlungsmethoden bekommen, doch meistens von Patienten und nicht von dem behandelnden Arzt. Sie
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