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Alasea 02 - Das Buch des Sturms

Titel: Alasea 02 - Das Buch des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Buch des Sturms
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diesmal geht es nicht nur um dein eigenes Leben.«
    Er’rils Blick ging flackernd zu Elena und wieder zurück. »Ich kenne meine Pflicht«, murmelte er und erwiderte Mikelas eindringliches Starren. »Wenn du diesem Mann nicht traust, dann vertraue wenigstens meiner Urteilskraft.«
    Mikela stand langsam auf, wobei sie sich schützend die Hand vor den verletzten Bauch hielt. »Das tue ich, Er’ril.«
    Bei dieser fast feierlichen Erklärung sah der Präriemann sie erstaunt an. Er verbarg seine Überraschung, indem er die Riemen seines Rucksacks festzurrte. »Dann lass uns aufbrechen, solange es noch hell ist.«
    Da sie ihr Mahl beendet hatten, setzten sie ihren Weg durch die Hügel fort. Nach einiger Zeit erreichten sie einen ausgetretenen Pfad, der an der Küste entlangführte und ihnen das Vorankommen erleichterte. Die Klippen waren ein einsamer Landstrich. Auf den Wiesen grasten ein paar Schafe und Kühe, die sie beim Vorbeigehen schläfrig beäugten, und sie begegneten unterwegs nur einem einzigen Wagen. Der Kutscher tippte sich zum Gruß mit dem Finger an den Hut. Leider fuhr die Kutsche in die falsche Richtung, sodass sie nicht um eine Mitfahrgelegenheit bitten konnten.
    Sie marschierten also zu Fuß weiter. Die Strecke zog sich endlos hin, und der Tag neigte sich bereits dem Abend zu, als die kleine Kate vor ihnen erschien. Sie stand auf einer schroffen Anhöhe, die das Meer überblickte. Das strohgedeckte Dach und die Mauern aus grob behauenem Stein wirkten auf Elena mit ihren müden Beinen wie eine Nobelherberge.
    Ein Hund bellte und rannte ihnen entgegen, als sie sich näherten. Erst als er Ferndal roch, schwand seine Selbstsicherheit, und er wich zurück. Ein paar Ziegen bemerkten ebenfalls die Nähe eines Wolfes; sie blökten schwach und tappten davon. Nur eine Schar Enten kam zu ihrer Begrüßung unbeirrt herangewatschelt und quakte, um Brotkrumen oder Körner bettelnd.
    Elena lächelte sie an.
    Er’ril jedoch verscheuchte das Federvieh, während er mit der Gruppe den Weg verließ und sie durch den Hof zu der Kate führte. An der Tür klopfte er laut.
    Anfangs antwortete niemand, und Elena befürchtete schon, es könnte niemand zu Hause sein. Doch dann waren von innen Schritte zu hören, und eine Stimme drang zu ihnen heraus. »Die Tür ist offen!«
    Er’ril lächelte. »Das ist typisch Bruder Flint«, flüsterte er Elena zu. »Immer schlecht gelaunt, aber mit einem Herzen so groß wie das Meer.«
    Wer immer dieser Kerl mit dem sanften Kern, von dem Er’ril so voller Wohlwollen gesprochen hatte, auch sein mochte, jedenfalls öffnete schließlich ein junger Mann die Tür. Er war etwas kleiner als Er’ril. Der Präriemann nickte, ohne den rothaarigen Burschen zu erkennen - und etwa zwei Herzschläge lang ging es Elena nicht anders. Dann wurden ihre Augen groß, und sie schob Er’ril beiseite. Sie stürmte auf den jungen Mann in der Türöffnung zu und schlang die Arme um den fassungslosen Burschen.
    »Ähm …«, sagte er linkisch und ließ starr ihre Umarmung über sich ergehen.
    Elena trat zurück und sah ihm ins Gesicht. Er war im Laufe des vergangenen Jahres einen Kopf größer geworden, und es spross sogar die Spur eines roten Bartes an seinem Kinn. Sie lachte ihn an, und Freudentränen rannen ihr über die Wangen. »Joach, erkennst du nicht einmal mehr deine eigene Schwester?«
    Er blinzelte. »Elena?« fragte er, zunächst zögernd. Dann endlich schien er sie trotz ihrer gefärbten und geschorenen Haare zu erkennen. »Elena!« Er riss sie an sich und umarmte sie so heftig, dass sie glaubte, ihre Rippen würden brechen, doch sie wehrte sich nicht und drängte ihn auch nicht, seinen Griff zu lockern. Sie hielt ihn einfach fest. In Joachs Armen spürte sie die Kraft ihres Vaters und in seiner Wärme das Herz ihrer Mutter. In Tränen vereint, waren sie wieder eine Familie.
    »Wie …?« Sie lachte und schluchzte gleichzeitig an seiner Brust, unfähig, Worte zu bilden. Ihre Sicht war von Tränen getrübt. Sie drückte ihn noch fester. Dies war kein Trugbild eines grausamen Traumes, kein Geist, der beim Erwachen verschwunden sein würde. Während der vergangenen Monde hatte sie häufig von ihrem Bruder geträumt, aber das hier war Wirklichkeit! Er stand leibhaftig vor ihr, ein Wesen aus Fleisch und Blut. Sie konnte nicht aufhören zu weinen. »Wie ist es dir gelungen …?«
    Er hob eine Hand und berührte ihre Wange. »Schsch!«
    Inzwischen war ein grauhaariger, graubärtiger Mann hinter ihrem Bruder

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