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Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung

Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung

Titel: Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clemens
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zerren.
    Ni’lahn atmete schwer, als könnte ihr die Luft neue Kräfte verleihen. »Ich höre nicht den leisesten Ton des Baumliedes mehr. Und eben war noch die ganze Welt davon erfüllt. Wie kann ich auf einmal taub dafür sein?«
    »Es ist das Land hier. Es dämpft unsere Elementarfähigkeiten, so wie Cho Greschyms Magik gedämpft hat.«
    »Ich habe noch nie gehört, dass es so etwas gibt.«
    Merik deutete mit dem Kopf auf die brennende Fackel. »Die Si’lura verstehen es offenbar recht gut, ihre Geheimnisse zu hüten.«
    Mehr wurde nicht gesprochen. Es bedurfte ihrer ganzen Willenskraft, auch nur einen Fuß vor den anderen zu setzen. So schleppten sie sich hinter den anderen her. Dorn erreichte die Kuppe und verschwand mit ihrer Fackel auf der anderen Seite Der Wald wurde noch dunkler. Nur der Mond leuchtete ihnen auf ihrem Weg.
    »Es kann nicht mehr weit sein«, murmelte Merik. Ni’lahn nickte. Trotz der Kühle waren sie schweißüberströmt. Völlig außer Atem kamen sie als Letzte der Gefährten oben an. Endlich sah Merik, was hinter dem Hügel lag.
    »Süße Mutter«, hauchte er. Von hier oben hatte man eine meilenweite Sicht. Sie standen nicht auf einem Hügel, sondern am Rand einer riesigen Senke. Vor ihnen lag ein ovales Tal, und darin standen Bäume, neben denen sich die Baumriesen von vorhin wie dünne Äste ausnahmen. Die Zweige waren mit Laternen behängt. Es sah aus, als wären die Sterne herabgefallen und hätten sich über den Wald verteilt. Zwischen den Bäumen schickten große Feuer ihr Licht himmelwärts.
    Ni’lahn umfasste Meriks Oberarm und grub ihm die Finger ins Fleisch. »Das kann nicht sein! Die Bäume …«
    Merik schüttelte den Kopf. »Ich kenne sie nicht.«
    »Wie solltest du auch?« murmelte sie und fiel auf die Knie. »Es sind die Uralten.«
    Er kniete sich neben sie und betrachtete den Baum, der ihnen am nächsten war. Der Stamm erhob sich weit über den Rand der Senke. Die Rinde war weiß wie die einer Birke, und die breiten Blätter leuchteten rot wie gebranntes Kupfer, so als wäre der Herbst schon im Sommer in dieses Tal gekommen.
    Ni’lahn sah den Elv’en an. Tränen glänzten auf ihren Wangen. »Die Uralten gab es schon vor den Koa’kona, bevor dein und mein Volk auf dieser Welt wandelten. Von ihnen stammen alle anderen Bäume ab.« Sie schluchzte auf. »Wir hatten gedacht, sie wären schon seit Jahrhunderten ausgestorben. Zur Zeit der Nyphai fand man in den tiefen Wäldern nur noch da und dort ein paar vereinzelte Stümpfe, hohl und ohne Leben. Einen Hain wie diesen kann es an sich gar nicht geben.« Sie sah ihn flehentlich an. »Sonst hätten die Nyphai doch davon gewusst.«
    Merik betrachtete nachdenklich den Hain. »Nicht unbedingt, wenn die Bäume auf diesem Boden wuchsen. Du sagst ja selbst, dass du das Baumlied hier nicht hören kannst. Möglicherweise will das Land selbst diesen Hain geheim halten.«
    »Aber warum?« fragte sie, ohne den Blick von den Bäumen zu wenden.
    Der Elv’e schüttelte den Kopf. »Vielleicht wissen es die Si’lura.«
    Ni’lahn stand auf. »Das muss ich herausfinden. Ich muss mit diesen Uralten Zwiesprache halten.«
    Sie folgten den anderen den Hang hinab. Merik stützte die Nyphai. Erst jetzt bemerkte er, dass sich zwischen den Feuern Gestalten bewegten. Er hatte schon die Schar, die sie begleitete, für eine Armee gehalten, doch dort unten hatten sich noch hundertmal mehr Gestaltwandler versammelt. Als er dem Grund des alten Tales näher kam, konnte er sie genauer betrachten. Alle Tierarten waren vertreten: tapsige Bären, leichtfüßige Rehe, dahintrottende Wölfe und lautlos schleichende Wildkatzen. Unzählige Riesenvögel Adler, Roch und Goldfalke tummelten sich in den Lüften. Doch nur ein kleiner Teil der Versammelten war eindeutig einer Tiergattung zuzuordnen. Die meisten zeigten eine Mischung aus tierischen und menschlichen Zügen.
    Ein kleiner Junge kreuzte ihren Weg. Ein Federbusch krönte seinen Kopf, und er zog einen langen pelzigen Schwanz hinter sich her. Als er die Fremden sah, blieb er stehen und bestaunte sie mit großen, strahlenden bernsteingelben Augen.
    »Fink!« rief eine strenge Stimme. Eine hoch gewachsene, schlanke Frau trat hinter einem Schlingkiemenbusch hervor. Sie hatte ein glattes Fell mit schwarzen und weißen Streifen. »Du gehst sofort von den Fremden weg.«
    Der Junge legte den Kopf schief wie ein Vogel und sah die Frau fest an. Seine Augen strahlten noch heller. Ein lautloser Streit entspann

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