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Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung

Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung

Titel: Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clemens
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schweigend weiter.
    Mit jedem Schritt wurde die Musik drängender. Zu den Flöten gesellten sich Hörner mit tiefen, klagenden Tönen, die Trommeln behielten ihren gemessenen Rhythmus bei. Dorn schritt schneller aus.
    Er’ril half dem entkräfteten Joach. »Die Sache gefällt mir nicht. Am Ende laufen wir geradewegs in eine Falle.«
    »Das mag schon sein«, sagte Harlekin. »Aber ich fürchte, uns bleibt gar nichts anderes übrig, als uns kopfüber hineinzustürzen.«
    Merik warf einen Blick nach hinten. Tausende von bernsteinfarbenen Augen starrten unverwandt in eine Richtung nicht auf ihn und seine Gefährten, sondern auf das Ziel, das sie ansteuerten.
    »Vor uns öffnet sich der Wald«, bemerkte Ni’lahn.
    Merik schaute wieder nach vorn. Dorn durchschritt soeben ein aus Ästen gebildetes Tor. Dahinter war es heller, weil keine Baumkronen das Licht des Mondes abschirmten. Vor ihnen lag, von Bäumen umgeben, in Silber getaucht, zur Mitte hin leicht abfallend, eine riesige Wiese.
    Sie endete an einem großen Teich. In dessen Mitte ragte eine Insel aus dem schwarzen Wasser, und auf diesem kleinen Stück Land erhob sich einer der größten Uralten überhaupt. Sein Stamm war doppelt so dick wie der anderer Baumriesen, und seine Zweige bildeten eine Krone wie aus Gold und Elfenbein.
    Der Anblick verschlug allen die Sprache. Die unsichtbaren Musiker hatten aufgehört zu spielen, sobald die Gruppe die Lichtung erreichte. Tiefe Stille senkte sich über das Tal.
    Das Wasser zu Füßen des Riesenbaumes war nicht unbewegt, sondern umfloss die Insel langsam in einem ständigen Wirbel, als würde es von unten her umgerührt.
    Merik begriff, was er vor sich hatte.
    »Der Mittelpunkt des Nexus«, flüsterte Ni’lahn neben ihm.
    Er’ril fand das Gewässer und den Baumriesen weit weniger bemerkenswert als den Kreis von Leuten am Ufer. Etwa zwanzig Männer und Frauen in schlichten weißen Gewändern bewachten den Teich mit der Insel. Alle trugen Kränze aus kupferroten Blättern im Haar.
    »Der Rat von Wischnu«, erklärte Dorn feierlich und sah die Gefährten an. »Kommt.«
    Sie folgten ihr über die Wiese. Die Stille war bedrückend. Vor ihnen sammelten sich die Ältesten der Si’lura am Ufer des Teiches. Er’ril beobachtete sie. Dann suchte er den Waldrand ab. Zwischen den Bäumen zeigte sich kein einziges Augenpaar. Dennoch spürte er, dass ein ganzes Volk dieses Treffen mit gespannter Aufmerksamkeit erwartete.
    Er’ril übergab Joach an Harlekin. Sobald er die Hände frei hatte, winkte er Elena, mit ihm vorzutreten. An ihnen beiden war es, den Rat davon zu überzeugen, dass der Schaden am Wald der Si’lura nur entstanden war, um größeres Unheil abzuwenden. Doch die strengen Gesichter ließen keinerlei Entgegenkommen erwarten.
    Dorn blieb vor einem breitschultrigen Mann stehen, der alle anderen Ratsmitglieder um Haupteslänge überragte, und beugte das Knie. »Vater.«
    Eine Spur von Wärme trat in sein Gesicht. »Erhebe dich, Kind. In dieser Nacht können wir auf das Zeremoniell verzichten.«
    Dorn stand auf und wandte sich den anderen zu. »Vater, dies sind die Leute, die meine Jäger auf deinen Befehl zu dir bringen sollten.«
    Der Hüne sah die Gruppe lange an. »Ich bin der Stammesvater aller Si’lura«, sagte er. »Wer ihr seid, ist mir bereits bekannt.« Sein Blick richtete sich mit deutlichem Argwohn auf Elena. »Man hat mir auch berichtet, dass du deine Unschuld beteuerst und zu deiner Verteidigung anführst, eine große Schlacht außerhalb unserer Wälder sei der Grund für die jüngsten Verwüstungen.«
    Er’ril ergriff das Wort. »Das ist die Wahrheit.«
    Der Mann ließ Elena nicht aus den Augen. »Das wird sich heute Nacht erweisen.«
    Der Wirbel in der Mitte des Teiches drehte sich schneller, als hätte er die Erregung des Stammesvaters gespürt. Er’ril glaubte eine Bewegung in den schwarzen Fluten zu entdecken, doch als er genauer hinsah, war sie verschwunden.
    Elena erwiderte selbstbewusst den strengen Blick des Ältesten. »Fragt uns, was immer ihr wollt. Wir werden euch aufrichtig antworten. Wir haben nichts zu verbergen. Lass mich dir versichern, dass niemand von uns aus Gehässigkeit gegen euer Volk oder aus Feindschaft gegen das Land eure Heimat verwüsten wollte. In beiden Fällen ging es nur darum, eine größere Bedrohung abzuwehren.«
    Der Anführer streifte Greschym mit einem kurzen Blick. »Das hatten wir schon gehört.«
    »Was sollen wir eigentlich hier, wenn er schon alles weiß?«

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