Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung
stand sie auf und legte Joach die Hand auf die Schulter.
Er murmelte kaum hörbar: »Geh nur. Mit mir ist alles in Ordnung.«
Sie hörte, dass er log, aber seine Wunden konnte nur die Zeit heilen. Rasch ging sie auf die beiden Männer zu und trat ihnen in den Weg. Sie wollte nicht, dass Joach gestört wurde. »Was ist denn los?« fragte sie.
Er’ril war feuerrot im Gesicht. »Harlekin hat sich davongeschlichen und Dorn und ihre Leute bespitzelt.« Wütend schaute er auf den kleinen Mann nieder. »Und er hat sich auch noch dabei erwischen lassen.«
Harlekin zuckte die Achseln. »Es ist nicht so einfach, sich an Leute anzuschleichen, die über die scharfen Sinne der Tiere des Waldes verfügen.«
»Ich hatte dir verboten, sie zu belästigen.« Er’ril ballte die Fäuste.
Harlekin rollte nur die Augen. »Ich kann mich nicht erinnern, vor dir das Knie gebeugt zu haben, Präriemann. Auch ich trage hier meine Haut zu Markte, und deshalb ist es mein gutes Recht, sie so zu schützen, wie ich es für richtig halte.«
Elena hob die Hand. »Was ist geschehen, nachdem sie dich ertappt hatten?«
Harlekin sah Er’ril an, als wollte er ihn umbringen. »Nichts. Sie haben mich fortgeschickt, und ich bin mit eingeklemmtem Schwanz abgezogen. Das ist alles.«
Er’ril warf einen ebenso finsteren Blick zurück. »Dorn war außer sich. Sie hat an allen Gliedern gezittert.«
»Sie sieht doch immer so aus«, murmelte Harlekin.
»Was hat sie gesagt?«
Er’ril seufzte. »Nichts. Sie ist einfach im Wald verschwunden.«
Harlekin zuckte die Achseln, dass die Glöckchen klingelten. »Es ist also weiter nichts passiert.«
»Woher willst du das wissen?« fauchte Er’ril. »Die Si’lura sind ohnehin schon aufgebracht. Sie jetzt noch mehr zu reizen …«
»Ich habe sie nicht gereizt. Ich habe sie nur beobachtet.«
»Genug«, rief Elena. »Was geschehen ist, ist geschehen. Harlekin, dich möchte ich bitten, in Zukunft die Wünsche meines Paladins zu achten. Er spricht in meinem Namen. Und vor mir hast du das Knie gebeugt, wenn ich mich recht erinnere.«
Der kleine Mann neigte den Kopf. »Ja, Herrin.«
Er’ril verschränkte die Arme.
Elena wandte sich an ihn. »Und nun zu dir, Er’ril. Verglichen mit der Verwüstung ihrer Heimat ist Harlekins Bespitzelungsversuch wohl kein so schweres Verbrechen, dass er die Feindseligkeit der Si’lura entscheidend verschärfen könnte. Und wenn er etwas Wertvolles erfahren hätte …«
»Hat er nicht«, unterbrach Er’ril.
»Das habe ich nicht gesagt«, bemerkte Harlekin unschuldig.
Elena und Er’ril starrten ihn an. »Du hast etwas gehört?« fragte Elena.
»Viel war es nicht. Sie reden ja meist mit den Augen, aber Dorn hatte ihre Frauengestalt noch nicht abgelegt. Übrigens ist sie eine sehr reizvolle Frau das lange, weiße Haar, die vollen Rundungen ihrer nackten Kehrseite. Ich hätte nichts dagegen …«
»Nun mach schon voran!« rief Er’ril.
Harlekin zog eine Augenbraue hoch. »Wie? Ich darf doch wohl die Kunstfertigkeit der Gestaltwandlerin, deren Gefangene wir sind, gebührend würdigen?«
»Bitte fahre fort«, sagte Elena.
Harlekin zog sich sein Flickengewand zurecht. »Wie ich bemerkte, bevor ich unterbrochen wurde, trat Dorn noch als Frau auf. Ich nehme an, dass sich mit der Geistsprache von Frau zu Hirsch nicht alles ausdrücken lässt. Der Gehörnte war auf ihre Worte angewiesen.«
»Was hat sie gesagt?« fragte Er’ril.
»Sie befahl dem Gestaltwandler mit den gespaltenen Hufen, vorauszulaufen und dem Rat unser Kommen anzukündigen. Außerdem sollte er ihrem Vater dem Stammesvater mitteilen, dass weder Mogwied noch Ferndal bei uns seien.«
»Mogwied und Ferndal?« Er’ril war nachdenklich geworden. »Was haben denn die beiden mit der ganzen Sache zu tun?«
»Das ist auch mir ein Rätsel. Der Bote sollte ihrem Vater ausrichten, ohne die beiden Brüder gebe es keine Hoffnung mehr, die Wurzel des Waldes zu retten.«
Elena zog die Stirn in Falten. »Die Wurzel des Waldes retten?« Sie betrachtete die großen Bäume ringsum. Seit sie die Wege verlassen hatten, standen die Bäume dichter beieinander und waren auch dicker und älter. Die Luft war gesättigt mit dem Geruch nach feuchter Erde und lebendigem Grün. Die Welt schien in Ordnung zu sein. Und wenn nicht, dann hätte Ni’lahn das doch bestimmt bemerkt.
»Was haben Ferndal und Mogwied mit der ganzen Sache zu tun?« wiederholte Er’ril.
Harlekin zuckte die Achseln. »Das war alles, was ich aufschnappen
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