Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung
und verwob sie mithilfe der ihm angeborenen Fähigkeit. Als er sie sicher unter Kontrolle hatte, nahm er den Stab abermals in die blutende Linke und hob ihn wie eine Waffe. Nun drehte er sich zum zweiten Mal langsam im Kreis und zog die Magik in den Stab hinein. Er drehte sich, bis ihm schwindlig wurde, und hörte erst auf, als das versteinerte Holz auch den letzten Energierest in sich aufgesogen und sich fest mit der Magik verbunden hatte.
Der Stab wurde kälter und vibrierte unter den angestauten Kräften. Die eingebetteten Kristalle begannen zu leuchten, indes es in der Höhle immer dunkler wurde.
Bald war Joach von tiefer Finsternis umgeben.
Zufrieden senkte er den Stab und stützte sich darauf. Er konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Die grünen Kristalle erstrahlten in grellem Licht. Joach kamen vor Erleichterung fast die Tränen. Er hatte es geschafft! Er hatte die Energie an den Stab gebunden.
Jetzt brauchte er den Stab nur noch an sich zu binden, um seine Möglichkeiten bis ins Letzte ausschöpfen zu können. Das war durch Traumweben allein nicht zu erreichen. Die Verbindung musste tiefer gehen, und er wusste auch, wie er sie schaffen konnte mit einem alten Zauberbann, der wie alles, was intensiv wirkte, viel Kraft kostete. Aber bei den vielen Wintern, die man ihm gestohlen hatte, kam es auf ein paar mehr vielleicht auch nicht mehr an. Außerdem hatte er mit diesem Bann schon Erfahrung. Elena hatte damit einst aus Greschyms altem Stab eine Waffe geschmiedet. Warum also nicht noch einmal? Warum nicht selbst den Bann sprechen, um aus diesem neuen Stab, der jetzt gesättigt war mit Traumenergie, ein brauchbares Werkzeug zu machen?
Um gegen Greschym bestehen zu können, brauchte er eine starke Waffe, und er musste sie auch zu führen wissen. Und um das rasch zu lernen, gab es nur eine Möglichkeit.
Er musste aus dem Stab eine Blutwaffe schmieden.
Joach konzentrierte sich auf das rote Rinnsal, das an seinem Stab hinunterlief. Der Bann war an sich nicht allzu schwierig, eigentlich sogar einfacher als der Bösefeuer Zauber. Was ihn allerdings einen Moment zögern ließ, war der Preis. Elena war damals so jäh gealtert.
Doch für solche Bedenken war es jetzt zu spät. Bevor er es sich anders überlegen konnte, sprach er die erforderlichen Worte und verstärkte sie mit der Kraft seines Willens.
Die Wirkung trat sofort ein. Er spürte, wie ihm ein Stück Leben entrissen wurde und über sein Blut in den Stab einströmte.
Er fiel auf die Knie und rang nach Atem. Alles verschwamm ihm vor den Augen, aber er wollte sich der Finsternis nicht überlassen. Wie ein Ertrinkender sog er die Luft in seine Lungen. Endlich wurde sein Blick wieder klar, und die Drehung des Raumes verlangsamte sich.
Joach legte sich den Stab über die Knie und starrte auf die Hand nieder, mit der er das Holz umfasst hielt. Wie damals seine Schwester, so war auch er mit einem Schlag sichtbar gealtert. Seine Fingernägel waren so lang, dass sie sich ringelten, und seine Haut war noch runzliger geworden. Ob es sich gelohnt hatte, so viele Winter zu opfern?
Er hielt den Stab in die Höhe. Das bisher graue Holz war jetzt schneeweiß. Die grünen Kristalle hoben sich, von der Traumenergie zum Leuchten gebracht, ebenso deutlich ab wie die roten Streifen, die sich von der Greisenhand ins Innere des versteinerten Holzes zogen. Mit jedem Herzschlag flossen die Streifen tiefer in den Stab hinein und schweißten Stab und Körper zusammen. Die Waffe und ihr Träger wurden unzertrennlich.
Joach stand mühsam auf. Als Elena damals Greschyms alten Stab verzaubert hatte, war Joach wie von selbst zu einem Kämpfer geworden, der seine Waffe vollkommen beherrschte. Ob das auch diesmal so war? Er konnte nur hoffen, dass ihm mit der Verschmelzung auch die Fähigkeit zugeflossen war, die an den Stab gebundene Traum Magik einzusetzen.
Joach schüttelte den rechten Ärmel zurück, bis der Armstumpf zum Vorschein kam. Die Hand hatte ihm Greschyms blutrünstige Bestie abgebissen. Wenn es ihm gelänge, diese Verletzung zu heilen, bestünde vielleicht noch Hoffnung nicht nur für ihn selbst, sondern auch für alle anderen. Ein großer Krieg stand bevor, und Joach wollte nicht mit Kindern und Greisen zurückbleiben.
Er streckte den Stumpf aus. Sobald er mit dem Handgelenk das versteinerte Holz berührte, setzte er seine Magik frei aber diesmal nicht, um zu weben, sondern um zu bilden.
Aus dem glatten Stumpf lösten sich dünne Schwaden und wurden zu einer
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