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Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung

Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung

Titel: Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clemens
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wurden riesengroß.
    »Ja, du musst vorsichtig sein.« Sie legte ihm den Finger auf die Lippen. »Und leise.«
    Tikal zitterte immer noch. Sein Blick ruhte auf den abziehenden Og’ern. Doch dann legte er den Schwanz fester um ihren Hals eine Umarmung zum Abschied und sprang von ihrer Schulter und über die Mauer. Gleich darauf war er in den Schatten verschwunden. Mama Freda blieb im Geist bei ihm und sah durch seine Augen, wie er tief geduckt, sich stets in den dunkelsten Ecken haltend, durch die Gänge rannte.
    Als jemand sie berührte, schrak sie zusammen.
    Jerrick stand hinter ihr. »Das Feuer brennt«, sagte er. »Komm mit, und wärme dich auf.«
    Diesmal leistete Mama Freda keinen Widerstand mehr. Sie lehnte sich an ihren Liebsten und ließ sich von ihm führen, als wäre sie nicht nur blind, sondern auch erschöpft. Während sie auf das Feuer zuging, das sie nicht sehen konnte, rannte sie im Geiste mit ihrem Tamrink durch die Schatten auf den Höhleneingang zu. Sie erwähnte nicht, dass sie Tikal fortgeschickt hatte. Die Höhle hatte viele Ohren, und die Wege des Schalls waren unerforschlich. Sie wollte lieber abwarten, bis sie etwas herausgefunden hatte.
    Sobald sie die Wärme des Feuers spürte, tastete sie sich mit ihrem Stock zu einem Stein und setzte sich. Jerrick ließ sich neben ihr nieder. Die Abwesenheit des Tamrink wurde mit keinem Wort erwähnt. Es war nicht ungewöhnlich, dass Tikal nicht auf ihrer Schulter saß, sondern sich irgendwo im Dunkeln herumtrieb.
    Sie wandte sich dem Feuer zu und tat so, als genieße sie die Wärme, doch im Geiste folgte sie der Og’er Horde in den Nieselregen hinaus. Ihre Augen waren scharf, ihren Ohren entging kein verdächtiges Geräusch, die Witterung der Og’er hing ihr in der Nase. Bald hatte sich Tikal so weit herangepirscht, dass sie ihr knurrendes Gespräch mit anhören konnte.
    »Ist alles bereit?« fragte Krah’nock.
    »Die Fallen sind aufgestellt«, versicherte ein anderer.
    »Gut.« Krah’nock schaute über die Schulter. Tikal verschwand hinter einem Fingerbeerbusch. Der Og’er prüfte die Luft und beobachtete den Eingang zur Toktala Höhle. »Sobald es dunkel wird, ist der ganze Zahn unser.«
    8
    Tol chuk wartete darauf, dass die letzten Og’er die Kammer der Geister verließen. Sie legten soeben die dritte leblose Gestalt zu den beiden anderen und deckten den Toten die Hände über die Augen, ein alter Brauch, der verhindern sollte, dass die Seelen wieder in den Körper einfuhren. Aber Tol chuk wusste, dass diese Maßnahme hier überflüssig war. Die Triade hatte die Last des Fleisches nur allzu bereitwillig abgeworfen.
    Als die Totenträger ihre Pflicht erfüllt hatten, zogen sie ab und ließen Tol chuk mit den Leichen allein zurück. Er sah sich um. Erst zweimal war er hier gewesen: bei seiner Namensgebungsfeier und später, seinerseits als Totenträger, mit Fen’chuas Leichnam.
    Tol chuk drehte sich langsam im Kreis. Die heilige Höhle war eine ovale Blase im Granit mit schüsselförmig gewölbtem Boden. Ein Dutzend bläulich flackernder, zischender Fackeln erhellten den Raum. Schatten tanzten über die Wände wie die Geister der Verstorbenen.
    Ohne das Schauspiel zu beachten, wandte sich Tol chuk dem schwarzen Loch in der hinteren Wand zu. »Der Pfad der Toten«, flüsterte er. Der Tunnel führte zu dem Irrgarten, in dem die Triade seit einer Ewigkeit gehaust hatte. Schon der Großvater von Tol’chuks Großvater hatte sich vor den dreien verneigt. Nun waren sie nicht mehr. Sie hatten die Verantwortung an Tol chuk weitergegeben.
    Seufzend nahm er eine der Fackeln von der Wand und durchquerte den Raum. Er wusste, was er zu tun hatte: Er musste dem Pfad der Toten bis an sein Ende folgen, bis dahin, wo einst seine Reise begonnen hatte. Er musste noch einmal vor die Geistpforte, das magikgeladene Herz des Berges, treten.
    Tol chuk bemühte sich, seine Unruhe zu beherrschen, die Angst in seinem Herzen zu unterdrücken und seinen Kopf von allen Gedanken freizumachen. So stapfte er durch den gewundenen Gang in die stille Unterwelt des Og’er Landes hinab.
    Der Weg war ihm nicht fremd, und so erschrak er auch nicht, als die Tunneldecke derart niedrig wurde, dass er sich ducken musste. Ein scharfer Geruch nach Schimmel und Steinsalz erfüllte die Luft. Tol chuk beschleunigte seinen Schritt.
    Vor ihm gabelte sich der Tunnel. Nach rechts oder nach links? Sein Instinkt gab ihm die Antwort. Er griff mit der freien Hand in den Beutel, holte den Herzstein

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