Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung
werden. Irgendetwas oder irgendjemand da draußen hat es auf das Herz dieser Welt abgesehen.«
»Mein Vorfahr«, flüsterte Tol chuk. »Der Eidbrecher.«
Der Geist seufzte. »Und er wird stärker. Bald wird er sein Ziel erreichen. Das Echo meiner Macht kann ihn nicht aufhalten. Aber die Geistpforte hat sich wieder geöffnet.« Der Geist der Hexe wandte sich an Tol chuk. »Neue Streiter sind erstanden, auserwählt, die Reinheit des Herzens der Welt zu schützen: du und die neue Hexe.«
»Elena.«
Ein Nicken. »Bevor meine Seele durch das Tor ging, träumte ich von ihr. Ich sah dunkle Zeiten kommen. Sie stand hier vor mir, und der Boden war besudelt mit dem Blut ihrer Freunde …« Der Geist der Hexe seufzte. »Ich habe eine Botschaft, eine Warnung, die nur für sie bestimmt ist. Nur deshalb bin ich noch hier. Ein Ruf, der aus der fernen Vergangenheit in die Gegenwart herüberschallt.«
»Und uns willst du diese Warnung nicht mitteilen?« fragte Tol chuk. Er hatte alles, was mit Magik und Geheimnissen zu tun hatte, gründlich satt.
»Ich kann es nicht. Ich bin nur ein Echo früherer Wünsche und Absichten. Mein Weg ist vorgezeichnet. Die Geistpforte muss geschützt werden, bis die junge Hexe kommt.« Sie sah Tol chuk durchdringend an. »Und der Beschützer bist du.«
In den Augen der Triade erstrahlte abermals das prophetische Wurmlicht, und die Stimmen flüsterten im Chor: »Auch wir haben dies geschaut. Deshalb riefen wir alle Clans am Drachenschädel zusammen.« Die Geister sahen Tol chuk an. »Du musst die Stämme vereinen. Der Schutz der Pforte ist oberstes Gebot!«
Hoch über ihnen heulte eine Stimme auf, das Echo drang bis in die Tiefen des Berges herab.
»Horch«, sagte Svesa’kofa. »Schon rückt die Finsternis näher.«
Tol chuk lauschte mit schief gelegtem Kopf und erkannte die Stimme. Ferndal.
Bevor er sich abwenden konnte, schwebte die Triade heran und suchte mit ihren Wurmlichtaugen seinen Blick. »Eine Seele hat den Körper verlassen«, hörte er es flüstern. »Einer deiner Gefährten ist tot.«
Tol chuk sprang auf. »Wer?«
»Die alte Frau«, wehklagten die Og’er Geister.
Mama Freda! Tol chuk machte kehrt, um zu seinen Freunden zu eilen.
»Warte!« rief Svesa’kofa ihm nach. »Nimm das Herz an dich! Schließe das Tor! Der Weg zum Geiststein muss geschützt werden, das ist wichtiger als alles andere!«
Tol chuk zögerte, doch dann lief er auf den Bogen zu und griff mit seinen Krallenfingern nach dem Herzstein, um ihn aus seinem Schlüsselloch zu ziehen.
Neben ihm entschwebte der Geist der Hexe mit wehendem Silberhaar durch die Pforte. Dahinter leuchtete in kristallener Klarheit der Geiststein aus dem dunklen Schacht.
»Ich werde euch hier erwarten«, versprach der Geist. »Euch alle.«
Bei diesen Worten überlief es Tol chuk eiskalt, doch da heulte der Wolf zum zweiten Mal. Für Vorahnungen war keine Zeit mehr. Er riss das Herz aus dem Bogen. Das Fenster zum Mittelpunkt der Welt verschwand, die graue Granitwand kehrte zurück.
Die drei Geister zerflossen und strömten wieder ins Innere des Herzsteins. Worte schwebten durch den Raum. »Die Finsternis wird kommen. Nur vereint können die Og’er Clans überleben.«
Tol chuk schob den Kristall in den Beutel an seinem Schenkel, warf einem letzten Blick auf den Herzsteinbogen und stürmte auf den Tunnel zu. »Dann soll mich nichts aufhalten.« Indes Ferndal vor Trauer heulte, kniete Jaston neben der Heilerin. Der Elv’en Kapitän hielt den Leichnam in seinen Armen, die Tränen strömten ihm über das Gesicht. »Warum?« wimmerte er.
Jaston legte ihm nur die Hand auf die Schulter. Mit Worten war ein Schmerz wie dieser nicht zu lindern. Hätte Cassa Dar hier auf dem Boden gelegen, er wäre untröstlich gewesen.
Magnam beugte sich über die Gruppe. »Wir haben Gesellschaft.« Er nickte zu etlichen Og’ern hin, die das Gehege mit der Feuerstelle umringten. Sie hielten mehrere Schritte Abstand und wagten sich offensichtlich nicht näher heran, doch in ihren Augen stand ein drohendes Funkeln.
Jaston richtete sich auf. »Sie ahnen, dass irgendetwas nicht stimmt. Es könnte sein, dass sie in ihrer Panik angreifen, bevor Tol chuk wieder hier sein kann.«
»Wo ist denn Meister Felsblock?« fragte Magnam missmutig. »Wäre nicht schlecht, jemanden zu haben, der das hiesige Kauderwelsch spricht.«
Einer der größten Og’er drängte sich durch die Menge und näherte sich dem Eingang zu ihrer Wohnstätte. Jaston erkannte den Hünen, mit
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