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Alaska-Kid - V3

Titel: Alaska-Kid - V3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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nahm Kid seine eigenen Hände in Arbeit. Der Schnee schmolz weder, noch wurde er weich. Die feinen Kristalle waren wie ebenso viele Sandkörner.
    Nur langsam begann das Stechen und Klopfen des Blutumlaufs in das erfrorene Fleisch zurückzukehren. Dann schürte Kid das Feuer, nahm Joy das leichte Bündel vom Rücken und holte eine ganz neue Garnitur Fußbekleidung heraus.
    Kurz kehrte jetzt das Flußbett entlang zurück und kletterte den Uferhang herauf.
    »Ich glaube sicher, daß ich gut tausend Fuß abgesteckt habe«, berichtete er. »Nummer siebenundzwanzig und achtundzwanzig, obgleich ich bei Nummer siebenundzwanzig nur den oberen Pfahl eingesteckt hatte, als ich schon den ersten von der ganzen Bande hinter uns traf. Er sagte mir direkt, daß ich Nummer achtundzwanzig nicht abstecken dürfe. Und ich erzählte ihm...«
    »Ach ja, was sagten Sie ihm?« rief Joy eifrig.
    »Ich erzählte ihm direkt, daß ich, wenn er nicht schleunigst fünfhundert Meter weiter hinaufginge, seine erfrorene Nase so lange bearbeiten würde, bis sie zu Vanilleeis mit Schokoladensoße geworden wäre. Da riß er aus, und ich habe zwei Claims von genau je fünfhundert Fuß abgezeichnet. Er steckte das nächste Claim ab, und ich denke, daß die übrige Rasselbande den ganzen Bach bis zu den Quellen und weiter auf der andern Seite abgesteckt hat. Unsere Claims sind jedenfalls gesichert. Es ist jetzt so dunkel, daß man nichts sehen kann, aber wir können die Eckpflöcke morgen stecken.«
    Als sie am nächsten Morgen aufwachten, stellten sie fest, daß das Wetter während der Nacht völlig umgeschlagen war. Es war jetzt so milde, daß Kurz und Kid, während sie noch in ihren gemeinsamen Decken lagen, die Temperatur auf nur zwanzig Grad unter Null einschätzten. Die schlimmste Kälte schien überstanden. Auf ihren Decken lagen die glitzernden Eiskristalle sechs Zoll hoch.
    »Guten Morgen! Wie geht es mit Ihren Füßen?« begrüßte Kid Joy Gastell über das Feuer hinweg, als sie den Schnee abschüttelte und sich in ihrem Schlafsack aufrichtete.
    Kurz machte ein neues Feuer an und holte Eis vom Bach. Kid bereitete das Frühstück. Als sie die Mahlzeit beendet hatten, war es hell geworden.
    »Jetzt kannst du gehen und die Eckpflöcke stecken«, sagte Kurz. »Dort, wo ich vorhin Eis zum Kaffee holte, hab' ich Kies gesehen, und jetzt werde ich mal - nur so zum Spaß - etwas Wasser machen und eine Pfanne von dem Kies auswaschen.«
    Kid entfernte sich mit der Axt in der Hand, um die Pfähle zu stecken. Er begann seinen Rundgang von dem Pfahl von Nummer siebenundzwanzig unterhalb des Flusses und ging dann im rechten Winkel durch das kleine Tal bis zu dessen Rand. Er tat es methodisch, fast automatisch, denn sein Gehirn beschäftigte sich mit Erinnerungen an den vorhergehenden Abend. Er hatte irgendwie das Gefühl, die Herrschaft über die feinen Linien und festen Muskeln dieser Füße und Fesseln errungen zu haben, die er mit Schnee gerieben hatte, und ihm schien, daß diese Herrschaft sich auf die ganze Frau erstreckte. Unklar und doch heftig quälte ihn das Gefühl, daß ihm dies alles gehörte. Es kam ihm vor, als brauchte er nur zu Joy Gastell zu gehen, ihre Hände zu nehmen und ihr zu sagen: »Komm.«
    Als er in diesem Zustand herumging, machte er eine Entdeckung, die ihn die Herrschaft über die weißen Füße einer Frau gründlich vergessen ließ. Am Rande des Tales steckte er keinen Eckpfahl ab. Er kam überhaupt gar nicht bis zum Rand des Tales, sondern sah sich statt dessen einem andern Bach gegenüber. Er merkte sich dort eine Wiese, die schon abgesteckt war, und eine große, leicht zu erkennende Fichte. Dann ging er zu der Stelle am Bach zurück, wo die Pfähle standen. Er folgte dem Bachbett, umging die Ebene in einem hufeisenförmigen Bogen und stellte dabei fest, daß es sich nur um einen einzigen Bach, nicht um zwei Wasserläufe handelte. Dann watete er zweimal von einem Ende des Tales bis zum andern durch den tiefen Schnee - das erste Mal ging er von dem unteren Pfahl im Claim siebenundzwanzig aus, das zweite Mal vom oberen Pfahl in Nummer achtundzwanzig und entdeckte dabei, daß der obere Pfahl dieses Claims unterhalb des unteren im ersten Claim stand. In der grauen Dämmerung des gestrigen Abends, als es schon fast dunkel gewesen war, hatte Kurz beide Claims innerhalb des Hufeisens abgezeichnet.
    Kid trottete zu dem kleinen Lager zurück. Kurz hatte soeben das Waschen des Kieses in seiner Pfanne beendet und konnte sich nicht länger

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