Alaska-Kid - V3
was mit ihnen los ist. Sie haben ihre Hunde aufgegessen.«
»Was wollen wir tun? Weglaufen?«
»Und Schlitten und Hunde zurücklassen?« fragte Kid vorwurfsvoll.
»Sie werden uns auffressen, wenn wir es nicht tun. Sie sehen hungrig genug aus. Hallo, alter Freund. Was ist mit dir los? Schau den Hund nicht so an! Den kriegst du doch nicht in deinen Kochtopf, verstehst du?«
Die ersten waren schon angelangt und scharten sich jetzt um die beiden, während sie klagten und wimmerten, aber in einer Sprache, die weder Kid noch Kurz verstand.
Kid fand diesen Auftritt ebenso lächerlich wie schreckenerregend.
Es war kein Zweifel, daß sie Hunger litten. Ihre Gesichter mit den eingefallenen Wangen und der Haut, die sich straff über die Knochen spannte, schienen Totenköpfen anzugehören. Immer mehr kamen heran und umdrängten Kid und Kurz, bis sie von der wahnsinnigen Schar völlig umzingelt waren.
»Geht weg da - weg, zum Teufel!« schrie Kurz jetzt wieder auf englisch, nachdem er vergebliche Versuche mit seinen indianischen Brocken gemacht hatte.
Männer, Frauen und Kinder wankten und taumelten auf ihren zitternden Beinen, und sie wurden immer aufdringlicher. Ihre Augen füllten sich mit Tränen der Schwäche und brannten von dem Feuer der Gier. Stöhnend wankte eine Frau an Kurz vorbei und fiel mit ausgebreiteten Armen über den Schlitten. Ein alter Mann folgte ihrem Beispiel und begann mit zitternden Händen, stöhnend und ächzend die Riemen zu lösen, um an die Proviantsäcke heranzukommen. Ein junger Mann, mit einem gezückten Messer in der Hand, versuchte sich heranzudrängen, wurde aber von Kid zurückgeworfen. Jetzt aber drang die ganze Bande auf sie ein, und der Kampf begann.
Anfangs stießen, schoben und schleuderten Kid und Kurz die Angreifer nur zurück. Dann aber waren sie genötigt, Peitschenstiele und die bloßen Fäuste gegen die ausgehungerte Schar zu gebrauchen. Und den Hintergrund dazu bildete der Kreis wimmernder und jammernder Frauen und Kinder. Hier und da gelang es den Angreifern, die Gepäckriemen zu durchschneiden. Männer krochen auf dem Bauch heran, ohne sich um den Regen von Schlägen und Hieben zu kümmern, die auf ihre Rücken herniederprasselten, verblendet von der Hoffnung, die Lebensmittel zu erreichen. Kid und Kurz mußten sie buchstäblich am Kragen packen und gewaltsam zurückschleudern. Und so groß war die Schwäche dieser Armen, daß sie beim leichtesten Stoß umfielen. Sie machten auch keinen Versuch, den beiden Männern, die ihre Schlitten verteidigten, etwas Böses anzutun.
Ausschließlich die Schwäche der Indianer war schuld daran, daß Kurz und Kid nicht überrannt wurden. Im Laufe von fünf Minuten war die Mauer aufrecht stehender, kämpfender Indianer in einen Haufen Gefallener verwandelt, die wimmernd und ächzend im Schnee lagen, während sie schrien und greinten und mit tränenden Augen den Proviant anstarrten, der für sie das Leben bedeutete und den sie so leidenschaftlich begehrten, daß der Geifer vor ihrem Munde stand. Und hinter diesem Haufen erhob sich das klagende Geschrei der Frauen und Kinder.
»Haltet doch den Mund! Hört doch auf!« brüllte Kurz, der sich vergebens die Finger in die Ohren steckte, während er vor Anstrengung laut stöhnte. »Ah, das wolltest du... so, das wolltest du...!« rief er, sprang vorwärts und schlug einem Mann, der auf dem Bauch durch den Schnee gekrochen war und den Versuch machte, dem Leithund die Kehle durchzuschneiden, mit einem Fußtritt das Messer aus der Hand.
»Furchtbar«, murmelte Kid.
»Mir ist auch ganz heiß geworden«, antwortete Kurz, als er zurückkam, nachdem er Bright das Leben gerettet hatte. »Was wollen wir nun mit diesem ganzen Lazarett hier anstellen?«
Kid schüttelte den Kopf, aber im selben Augenblick wurde das Problem gelöst. Ein Indianer kam herangekrochen. Sein eines Auge war auf Kid und nicht auf den Schlitten gerichtet, und Kid konnte in ihm lesen, wie der gesunde Verstand um die Herrschaft kämpfte. Kurz erinnerte sich, daß er dem Mann einen Faustschlag auf das andere Auge gegeben hatte, das auch schon geschwollen und vorläufig geschlossen war. Der Indianer erhob sich auf den Ellbogen und sprach.
»Mich Carluk! Mich gut Siwash. Mich kennen weißen Mann serr gutt. Mich serr hungrig. Alle Leute hier serr hungrig. Aber Leute nich kennen weißen Mann. Mich kennen. Mich essen Proviant. Alle Leute essen Proviant. Wir kaufen Proviant. Wir villes Gold. Sommer kein Lachs Milchfluß. Winter kein
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