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Alaska-Kid - V3

Titel: Alaska-Kid - V3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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Gemurmel der vielen Männer, die rings in dem großen Raum saßen oder standen und sich in größeren oder kleineren Gruppen unterhielten. Die Männer an den Goldwaagen hatten vollauf zu tun, denn Goldstaub war das übliche Zahlungsmittel, und jedes Getränk an der Bar mußte den Männern an den Waagen in Staub bezahlt werden.
    Die Wände des Schankraums bestanden aus Balken, die noch die Rinde trugen, und die Zwischenräume waren mit arktischem Moos ausgefüllt, das deutlich zu sehen war. Zu der offenen Tür des Tanzsaals klangen die heiteren Töne eines Klaviers und einer Geige heraus. Das chinesische Lottospiel war gerade zu Ende, und der glückliche Gewinner, dem der Gewinn schon an der Waage ausgezahlt war, wollte ihn mit einigen Zechgenossen vertrinken. An den Pharao- und Roulettischen war jeder Platz besetzt, und hier herrschte eifriges Schweigen. Ebenso war es an den Tischen, wo die Kartenspieler saßen, um die sich eine Schar von Kiebitzen gesammelt hatte. An einem Tisch wurde mit großem Ernst und viel Feierlichkeit Sechsundsechzig gespielt. Nur von dem Tisch, wo gewürfelt wurde, hörte man Lärm und Rufen, wenn der Spieler die Würfel mit flottem Schwung auf das grüne Tuch warf, wo sie ihrem sehnsüchtig begehrten, aber immer unerreichten Ziel entgegenstrebten. Dabei rief er unaufhörlich mit lauter Stimme: »Oh, Freundchen... gib doch vier... gib mir einen ordentlichen Treffer! Donnerwetter: Sechs, bring mir noch 'nen richtigen Treffer, mein kleines Freundchen!«
    Cultus George, ein großer, kräftiger Indianer aus Circle City, hielt sich abseits und lehnte sich mürrisch an die Balkenwand. Er war ein zivilisierter Indianer, falls man einen Indianer zivilisiert nennen kann, weil er wie die weißen Männer lebte. Er fühlte sich sichtlich beleidigt, obgleich dies Beleidigtsein sich über lange Zeit erstreckte. Jahrelang hatte er ja dieselbe Arbeit geleistet wie die Weißen und hatte sie auch an der Seite der Weißen getan, oft genug besser als die Weißen. Er trug auch die gleichen Hosen wie sie, die gleichen schweren Wollhemden. Er besaß eine Uhr wie sie, trug das Haar gescheitelt wie sie und aß dasselbe wie sie - Räucherspeck, Bohnen und Mehl -, und doch war ihm der Zutritt zu ihren Hauptvergnügungen, ihrer begehrtesten Belohnung nach der Arbeit, verboten: er durfte keinen Whisky trinken. Cultus George verdiente viel Geld. Er hatte Goldfelder gefunden und Goldfelder gekauft und verkauft. Im Augenblick war er Fuhrherr und besorgte mit seinen Hundegespannen weite Frachttransporte. Er erhielt zwei Shilling das Pfund für eine Winterfahrt von den "Sechzig Meilen" bis Mucluc, für den Transport von Räucherspeck sogar drei Shilling, wie es Sitte war. Seine Tasche strotzte von Goldstaub - und doch hätte kein Mann an der Bar ihm etwas zu trinken gegeben. Der Whisky, dieses herrlichste Geschenk der Zivilisation, das die schnellste und gründlichste Befriedigung schuf, existierte für ihn nicht. Nur auf geheimnisvollen, verborgenen und sehr kostspieligen Wegen konnte er sich hin und wieder ein Glas verschaffen. Und er empfand diesen Unterschied immer noch ebenso tief wie am ersten Tage. Heut abend war er ganz besonders durstig, und deshalb haßte er die weißen Männer, mit denen er sonst so emsig wetteiferte, noch bitterer als sonst. Der weiße Mann erlaubte ihm allergnädigst, sein Geld am Spieltisch zu verlieren, aber weder für Geld noch für Freundschaft konnte er einen Trunk an ihrer Bar erlangen. Deshalb war er sehr schüchtern und dachte sehr logisch, und seine Logik war besonders bissig.
    Der Tanz in dem anliegenden Raum schloß mit einem wilden Finale, das jedoch die drei Säufer, die unter dem Klavier lagen und schnarchten, nicht störte.
    »Alle an die Bar!« rief der Vortänzer, als die Musik eine Pause machte. Und dann marschierten sämtliche Paare durch die Türöffnung in den Schankraum - die Männer in Mokassins und Pelzen, die Damen in weichen, zarten Kleidern, in seidenen Strümpfen und Tanzschuhen. Eben in diesem Augenblick wurde die doppelte Haustür aufgerissen, und Alaska-Kid wankte erschöpft herein.
    »Was ist denn los, Kid?« fragte Matson, der Inhaber der "Annie Mine".
    Nur mit Mühe gelang es Kid, seinen Mund von den Eisklumpen zu befreien, die in seinem Barte hingen. »Ich habe meine Hunde draußen... sie sind zum Sterben erschöpft«, sagte er heiser. »Einer von euch muß hinausgehen und sich ihrer annehmen... dann erzähle ich euch, was los ist.«
    In abgebrochenen Sätzen

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