Albert Schweitzer
Leben –
veneratio vitae
– unsere Existenz und unsern Willen zum Leben aus der Vernunft gerechtfertigt hat.
Jacques Feschotte, 1949
Die christliche Tat ist mehr als die christliche Deutung, und so wird um Ihres Urwaldmedizinertums willen Ihnen nachgesehen, dass Sie keine theologische Dogmatik aufgebaut haben. Nun haben Sie aber, zwischen Philosophie und Theologie stehend, die Ethik als Grundvoraussetzung menschlicher Gemeinschaft neu zu fundamentieren versucht. Sie selber waren und sind nicht bloß „Individualität“, sondern ein Individualist, mit einem herrlichen, auch robusten Freiheitsbewusstsein und Freiheitsdrang. Ihre Ethik ist, es mag seltsam klingen, Individualethik. Ich glaube, die Gruppe, der Stand, die Klasse, die Rasse, auch „das Volk“ und „die Nation“, all diese Dinge oder Begriffe haben Sie im Letzten nie sehr interessiert – aber diese Menschen, dieses Schicksal.
Theodor Heuss, 1951
(Rede zur Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels)
Seit dem tragischen Koreakrieg im Jahre 1950 ist die Verehrung für Albert Schweitzer in Korea besonders gestiegen. In den späteren Jahren waren seine wiederholten erregenden Appelle, die Atomwaffenversuche einzustellen, ein großer Trost und ein Hoffnungsstrahl, insbesondere für unser Volk, das immer noch in einem zweigeteilten Lande lebt und bei Kriegsausbruch von der Vernichtung bedroht ist. Aus dem geistigen Chaos der Gegenwart sehen wir einen Weg in Schweitzers Mahnruf der Ehrfurcht vor dem Leben. Nach den zwei großen Katastrophen dieses Jahrhunderts mussten wir Koreaner noch einmal die bittere Tragödie des Koreakrieges von 1950 erleben, dem ungeheuer viele Menschen in so grausamer und jämmerlicher Weise zum Opfer fielen, während andere heute zwischen den Ruinen des Kriegsunheils dringend um Hilfe bitten. So weiß unser Volk nicht nur die tiefe Bedeutung des Rufes von Dr. Schweitzer gegen die Kriegsgefahr, sondern auch sein humanitäres Lebenswerk für die leidenden Menschen und seine universale Persönlichkeit zu schätzen. In diesem gefahrvollen Zeitalter steht Albert Schweitzer wie ein Sendbote mit höherer Vollmacht da und kämpft mit unbeschreiblicher Geduld gegen eine Welt von Missverständnissen, Vertrauenslosigkeiten, selbstzerstörerischen, unmenschlichen und unvernünftigen Taten, die schließlich zum dritten Weltkrieg führen können, der ein unbarmherziges Todesurteil für die ganze Menschheit bedeuten würde.
Voll Ehrfurcht hören wir Dr. Schweitzer an, einen Bringer der Wahrheit in unserem Jahrhundert, um eine ernste, sichere und tapfere Haltung für unsere eigene Zukunft zu gewinnen.
Ki-Sik Choi, 1962
Die wirkliche Größe eines Menschen besteht nach indischer Auffassung in seiner persönlichen Integrität und in der Fähigkeit, diese Integrität in einer unausgesetzten Hilfsbereitschaftan seinen Mitmenschen wirken zu lassen. Dieses indische Idealbild der beiden unveränderlich zusammengehörenden Kennzeichen einer geistigen Persönlichkeit wird von Albert Schweitzer erfüllt. Das Gleiche erlebten wir in unserer Zeit bei Mahatma Gandhi, und wir sahen auch bei Tagore, dem persönlichen Freund von Albert Schweitzer, die gleiche Verbindung eines edlen Charakters mit hervorragender Intelligenz und dem Wirken für die Wohlfahrt der Kultur.
Amiya Chakravarty, 1960
Bei allem, was Albert Schweitzer tat, war er ganz dabei. Keine Unruhe hetzte ihn von Gegenstand zu Gegenstand, ließ das Gefühl aufkommen, dass er gedrängt sei, weiter müsse, Wichtigeres zu tun habe. Was er tat, war ihm im nämlichen Augenblick immer das Wichtigste. Bei dem sicheren Griff nach dem Wesentlichen, das sein Erfassen auszeichnet, wird ihm auch alles, was er tut, belangvoll. Einem Kinde gibt er mit Bedacht die Hand, nicht anders, als wenn er ein Gespräch führt mit einem Nobelpreisträger.
Emma Brunner-Traut, 1959
Nietzsche sagt an einer Stelle: „Es ist das Unglück der Tätigen, dass ihre Tätigkeit fast immer ein wenig unvernünftig ist.“ Man könnte hinzufügen: Es ist das Unglück der Vernünftigen, dass ihre Vernünftigkeit oft ein wenig tatenlos ist. Aber wenn vernünftiges Denken und wirksames Handeln einander begleiten, beide weit ausgreifend, dann beginnt eine Hoffnung aufzuleuchten. Albert Schweitzer gehört zu denen, die für die westliche Kultur Hoffnung erwecken.
Johan B. Hygen, 1961
Z EITTAFEL
1875
14. Januar: Geburt in Kaysersberg (Elsass); nach sechs Monaten Umzug der Familie nach Günsbach.
1880–1884
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