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Alcatraz und die dunkle Bibliothek

Alcatraz und die dunkle Bibliothek

Titel: Alcatraz und die dunkle Bibliothek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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wirklichen Eltern zu kennen. Zeiten, in denen ich jemanden finden wollte, der mich lieben musste, und sei es nur, weil er mit mir verwandt war.
    Gott sei Dank war ich diesen Gefühlen inzwischen entwachsen. Der Moment der Schwäche ging schnell vorüber, und so warf ich mit Schwung die Tür ins Schloss und sperrte den alten Mann aus. Dann ging ich in die Küche, um mir Frühstück zu machen.
    Das war der Moment, als jemand eine Waffe auf mich richtete.

 
KAPITEL DREI
     
     
    Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um euch auf einen sehr wichtigen Punkt aufmerksam zu machen: Sollte jemals ein alter Mann bei euch auftauchen, dessen Geisteszustand euch Anlass zur Sorge bereitet und der behauptet, er sei euer Großvater und ihr müsstet ihn auf eine Mission von höchster mystischer Dringlichkeit begleiten, dann solltet ihr rundheraus ablehnen.
    Und nehmt auf keinen Fall die Süßigkeiten, die er euch anbietet.
    Unglücklicherweise sah ich mich, wie ihr gleich feststellen werdet, sehr bald genötigt, diese Regel zu brechen. Bitte nehmt mir das nicht übel. Es geschah unter Zwang. Ich bin es einfach nicht gewöhnt, dass man auf mich schießt.
    Ich ging also nach wie vor verschlafen in die Küche – die immer noch nach Qualm roch – und hoffte inständig, dass der alte Mann nicht wieder anfangen würde, an die Tür zu klopfen. Ich wollte nicht die Polizei rufen müssen – nicht nur, weil ich dabei wahrscheinlich das Telefon kaputt machen würde (bei Telefonen ist es besonders schlimm), sondern weil ich wirklich nicht wollte, dass der alte Irre in einem Streifenwagen abtransportiert würde. Das wäre irgendwie …
    »Alcatraz Smedry?«, ertönte plötzlich eine Stimme.
    Ich zuckte zusammen und wandte mich von dem halb verbrannten Schrank ab, aus dem ich gerade die Cornflakespackung hervorzog. In der Küchentür stand ein Mann in ordentlichen Stoffhosen und gestärktem Hemd. Stirnrunzelnd stellte ich fest, dass ich das Logo auf seiner Hemdtasche und dem vollkommen durchschnittlichen Diplomatenkoffer nur zu gut kannte. Er war ein Sachbearbeiter des Jugendamtes – das war der Mann, den Ms. Fletcher geschickt hatte, um mich abzuholen. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich, als ich dem alten Mann hinterhergelaufen war, wohl die Haustür offen gelassen haben musste. Der Sachbearbeiter war anscheinend auf der Suche nach mir hereingekommen, während ich mich oben so angeregt mit dem Irren unterhalten hatte.
    »Hi«, begrüßte ich ihn und stellte die Cornflakes ab. »Ich bin gleich fertig, aber lassen Sie mich noch frühstücken.«
    »Du bist das also?«, erwiderte der Sachbearbeiter und rückte sich die Hornbrille zurecht. »Der Smedry-Junge?«
    Ich nickte.
    »Alles klar«, sagte der Mann, zog eine Pistole aus seinem Diplomatenkoffer und richtete sie auf mich. Sie hatte sogar einen Schalldämpfer.
    Vollkommen geschockt erstarrte ich. (Und behauptet jetzt nicht, ihr hättet anders reagiert, als zum ersten Mal ein Regierungsbeamter eine Waffe auf euch gerichtet hat.)
    Zum Glück fand ich schnell die Sprache wieder. »Augenblick mal«, protestierte ich und hob die Hände. »Was tun Sie denn da?«
    »Vielen Dank für den Sand, Kleiner«, erwiderte der Mann bloß und zuckte mit dem Finger, als wolle er den Abzug durchdrücken.
    In diesem Moment durchbrach ein massives Etwas die Hauswand – etwas, das sehr stark nach der Front eines alten Ford Modell T aussah. Ich schrie und warf mich zur Seite, während der Sachbearbeiter in dem ganzen Chaos zu Boden ging.
    Hinter dem Steuer saß der Mann, der sich Grandpa Smedry nannte, und grinste. Ein Stück der rußgeschwärzten Zimmerdecke fiel auf die Motorhaube und wirbelte eine weiße Staubwolke auf. Der alte Mann streckte den Kopf aus dem Seitenfenster und meinte: »Nun, mein Junge, vielleicht sollte ich dich darauf hinweisen, dass du jetzt zwei Möglichkeiten hast: Entweder kommst du zu mir in den Wagen, oder du bleibst hier bei dem Mann mit der Pistole.«
    Ich war leicht benommen und rührte mich nicht.
    »Und dir bleibt nicht viel Zeit, um dich zu entscheiden«, ergänzte Grandpa Smedry, wobei er sich zu mir rüberlehnte und laut flüsterte, als vertraue er mir gerade ein großes Geheimnis an.
    An dieser Stelle muss ich eine kleine Unterbrechung vornehmen und anmerken, dass Grandpa Smedry in diesem Punkt log. Ich hatte in jener Situation nicht nur zwei Möglichkeiten – ich hatte noch ein paar mehr. Sicher, ich hätte mich dafür entscheiden können, zu bleiben und erschossen zu werden.

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