Alchemie der Unsterblichkeit
Fürsten heiraten würde? Dann fuhr er mit seinen Erläuterungen fort. »Während seiner Nachforschungen ist er dann auf die Möglichkeiten der Alchemie gestoßen. Dadurch dass er immer schlecht behandelt und unterdrückt wurde, scheint er jetzt nur so nach Macht und Geltung zu gieren. Unsterblichkeit und übermenschliche Kräfte würden ihm noch mehr davon bescheren. Allerdings weiß ich nicht, wie er an das Lunalion kam oder überhaupt davon erfuhr.«
Sohon verbarg seinen Kopf in den Händen. »Das war mein Fehler. Er tat mir leid. Arken behandelte ihn schlecht, obwohl er sich bemühte, es allen recht zu machen. Hätte Carissima mich nicht gewarnt, hätte ich ihn zu einem der unseren gemacht, sobald er das entsprechende Alter erreicht hatte. Meine Schwester sah das Böse in ihm, doch ich wollte es nicht wahrhaben. Ich erzählte Kindel von magischen Büchern, die sich unter dem Schloss befinden, und den Mächten der Alchemie. Ich dachte, er hielte es für unterhaltsame Geschichten. Da habe ich mich wohl getäuscht.«
Icherios nickte. »Wenn er sich ausgiebig mit der Festung und der Alchemie beschäftigt hat, muss es ihm möglich gewesen sein, heimlich Nachforschungen anzustellen. Wie er das Lunalion entwenden konnte, wird vermutlich immer sein Geheimnis bleiben.«
Rabensang blieb stehen. »Genug geredet. Wir müssen ihn fangen. Vor allem wenn er nun alles für diese Tinktur besitzt.«
»Heute Nacht kann er sie fertig stellen«, erläuterte Icherios. »Der Mondstand ist günstig.«
»Ich werde die Dorfbewohner auf die Suche nach dem Kerl schicken und sie vor seiner möglichen Verwandlung warnen. Vielleicht findet sich so eine Spur.«
Der Fürst nickte. »Ich begleite den Inspektor in die Bibliothek.«
Rabensang schlug Icherios auf den Rücken, dann wandte er sich ab und sprang in gewaltigen Sätzen die Treppen hinunter, während der junge Gelehrte und Sohon schweigend den Weg fortsetzten.
In der Schlossbibliothek zog Icherios das Traktat vom rechten Gebrauch der Alchimei hervor und schlug es an einer Stelle auf, die er zuvor nur überflogen hatte. Unter der Überschrift Anleytung zur Erstellung des Pulveris vestigii befand sich die gesuchte Rezeptur. »Gebt mir eine Stunde, und wir können vom Haus des Bürgermeisters aus Kindels Spur folgen.«
Sohon nickte ihm zu. »Wenn Sie etwas benötigen, sagen Sie es.«
»Das Buch und einen Sack Mehl.«
»Wie bitte? «
»Tun Sie es einfach.«
»In Ordnung, ich werde es veranlassen. Sollten Sie weitere Dinge brauchen, zögern Sie nicht den Ersten, dem Sie begegnen darum zu bitten. Ich werde Anweisung geben, all Ihre Wünsche zu erfüllen.«
Eine Stunde später trafen sich der Fürst und Rabensang in Icherios’ Räumlichkeiten, in denen ein feiner Nebel aus Mehlstaub und der Geruch von Asche in der Luft hingen. Sohon war noch blasser als sonst. »Carissima ist verschwunden.«
Icherios ahnte, was es bedeutete, wollte es jedoch nicht wahrhaben. Rabensang sprach seine Befürchtung aus. »Kindel hat sie.«
Sohon fluchte in einer Sprache, die Icherios nicht kannte. »Wie hat er sie nur überwältigen können?«
»Vielleicht hat er ihr Arsen gespritzt oder er erpresste sie«, überlegte der junge Gelehrte. »Vielleicht gehörte es von Anfang an zu seinem Plan. Er wollte den Bürgermeister töten und sich dann zurückziehen, um das Elixier zu brauen. Damit wäre seine Identität sofort aufgeflogen. Carissima als Geisel zu nehmen, gibt ihm Sicherheit.«
»Wer weiß, was für ein Teufelzeug er mit dem Lunalion mischen kann«, fuhr Rabensang dazwischen. »Das interessiert jetzt aber niemanden. Wir müssen los, wenn wir sie noch lebend finden wollen.« Er ballte die Fäuste. »Fast wünschte ich mir, diese Missgeburt würde unsterblich werden. Dann könnte ich den Rest meines Lebens damit verbringen, kleine Fetzen aus ihm herauszureißen.«
Sohons Augen leuchteten bei dieser Vorstellung auf. »Wir sollten zu dritt gehen. Dadurch haben wir eine Chance, unbemerkt an ihn heranzukommen. Wenn das halbe Dorf reiten würde, könnte er uns hören und wird flüchten.«
Rabensang nickte nachdenklich. »Wir müssen die anderen über unser Vorhaben und über Carissimas Verschwinden unterrichten.«
»Informiert die Werwölfe darüber, dass wir Zeichen hinterlassen werden, damit sie uns folgen können, falls wir am nächsten Morgen nicht zurück sind«, befahl Sohon.
Icherios schluckte. Der nüchterne Kommentar über ihren möglichen Tod hielt ihm vor Augen, was in den nächsten
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