Alchemie der Unsterblichkeit
dachte es sei ein Geschenk.«
»Dass man dir nicht persönlich überreicht«, fiel Sohon ihr ins Wort.
Loretta zuckte mit den Schultern. »Eine Frau fragt selten nach, wenn sie Schmuck bekommt.«
»Es war ein Trick des Mörders. Es sollte so aussehen, als wenn sie in die Morde verstrickt sei.«
»Aber es musste doch auffliegen, sobald er nach Lorettas Tod die nächsten Morde begeht.«
»Bis dahin hätte er uns beschäftigt. Wäre Loretta nicht verwandelt worden, wäre ich darauf hineingefallen. Eine weitere falsche Fährte, die mich Zeit gekostet und mich von seinen wahren Plänen abgelenkt hätte. Wir müssen nach Dornfelde.«
Sohon stimmte ihm zu. Sie ließen Loretta zurück, die sie ignorierte und sich benahm, als ginge sie das alles nichts mehr an. In der Eingangshalle stand Rabensang. Er brüllte einen jungen, erschreckten Vampir an, ihm zu verraten, wo der Fürst und der Inspektor steckten. Das Temperament der Werwölfe ging mit ihm durch. Seine Augen leuchteten in Zorn und Entsetzen. Bei ihrem Anblick verstummte er. Sohon klärte ihn über die Neuigkeiten auf, während sie ins Dorf zurückeilten. Icherios war immer noch nicht bereit, den Namen des Mörders preiszugeben. Er wollte keine falschen Anschuldigungen aussprechen und nachher dafür verantwortlich sein, dass ein Unschuldiger gezwungen wäre, mit den gleichen Verdächtigungen zu leben, wie er es die letzten Jahre tun musste.
Icherios bedeutete Sohon und Rabensang still zu sein, als sie das Haus des Bürgermeisters betraten. Er hatte das ungute Gefühl, dass etwas nicht in Ordnung war. Schon das zweite Mal an diesem Tag. Behutsam schlichen sie zum Amtszimmer. Leises Schluchzen drang heraus. Mit Rabensangs Selbstbeherrschung war es vorbei. Er riss die Tür auf und sprang hinein. Icherios sah, wie er erstarrte, dann betrat er selbst das Zimmer. Maria und Maren kauerten auf dem Sessel. Die Köchin hatte schützend einen Arm um das Hausmädchen gelegt. Auf der anderen Seite stand Kindel und hielt ein Messer an die Kehle des Bürgermeisters gedrückt. Er wirkte nicht überrascht, sie zu sehen. »Sie sind besser, als ich dachte, Icherios. Aber das war zu erwarten, nachdem Endrik Sie wie Abschaum behandelte. Er verachtet alle Menschen, die intelligenter sind als er. Und nun schließen Sie langsam die Tür. Sie auch, Fürst.« Er spuckte Sohons Titel regelrecht aus. »Machen Sie keinen Fehler.«
»Sie werden ihn doch so oder so töten«, behauptete Icherios. Er bemühte sich, ruhig und bestimmt zu wirken.
»Mein Plan sah vor, ihn im Anschluss an seine Töchter zu töten. Nun musste ich aber leider feststellen, dass Loretta lebt, wenn auch als Vampir. Aber das interessierte ihren lieben Vater noch nie, solange die Kasse klingelt. Ich kann seinen Tod also nach hinten verlegen.«
»Ich kenne Ihre Absichten. Sie werden keinen Erfolg haben.«
»Glauben Sie?« Kindel verzog spöttisch das Gesicht. »Ich habe sorgfältig geplant. Ihre Anwesenheit ist nicht mehr als ein kleines Ärgernis. Blitzschnell zog Kindel ein Fläschchen aus seiner Tasche und schleuderte es auf den Boden. Es zerschellte, und ein grünlicher Dampf stieg empor. Bevor Icherios begriff, was geschah, kroch der ätzende Nebel schon in seine Nase. Ihm schwindelte, dann verlor er die Kontrolle über seine Beine. Als er aufschlug, umfing ihn bereits die Ohnmacht.
Die Bewusstlosigkeit währte nicht lange. Als er aufgewacht war, sah er, dass auch Sohon und Rabensang wieder zu sich gekommen waren und sich aufrichteten. Die beiden waren außer sich vor Zorn. Rabensang schlug seine Fäuste gegeneinander. »Ich werde diesen Mistkerl fangen.« Er wollte schon hinausstürzen, doch Icherios hielt ihn auf.
»Wartet.«
Rabensang riss sich los, seine Augen leuchteten gelb. Für einen Moment schien es, als würde er sich auf den jungen Gelehrten stürzen, da trat Sohon zwischen sie. »Der Inspektor hat recht. Er hat alles geplant. Warum sonst sollte er uns am Leben lassen? Er glaubt nicht, dass wir ihn noch aufhalten können und will, dass wir seinen Triumph erleben, bevor er uns vernichtet.«
»Ich werde nicht tatenlos dabei zusehen«, knurrte Rabensang.
Sohon seufzte, öffnete die Tür und schob Icherios nach draußen. »Wir werden das ganze Dorf mobilisieren, aber er könnte überall sein. Bisher hat er alles bedacht, da wird sein Versteck nicht einfach zu finden sein.«
Icherios schnappte nach Luft. »Er wusste jedoch nicht von den Büchern in der Bibliothek. Ich muss ins Schloss!« Ohne auf die
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