Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel
mit vergitterten Zellen. Janie wurde in eine davon gesperrt, Bruce in geringer Entfernung in eine zweite. Nachdem er beide Zellentüren verschlossen hatte, trat der Biocop an einen Schirm an der Wand außerhalb der Reichweite von Bruces Zelle und schob eine Plastikkarte in den Schlitz. Dann drückte er auf zwei Knöpfe, und die Türen beider Zellen wurden mit einem Klicken verschlossen. Der Biocop kam noch einmal zurück und rüttelte an den Gitterstäben, um sich davon zu überzeugen. Dann verließ er den Raum mit den Worten: »Wegen Ihrer Habseligkeiten komme ich später zurück.« Die Haupttür fiel hinter ihm zu, und das Klappen hallte in dem kleinen, sparsam möblierten Raum bedrohlich nach.
Janie sank an einer Wand zusammen und umfaßte ihre Knie, benommen von dieser plötzlichen Wendung der Ereignisse.
Bruce stand in seiner Zelle, die Hände über dem Kopf um die Gitterstäbe geklammert, und sagte nichts. Das Schweigen war drückend.
»Bruce?« sagte Janie ganz leise.
Er antwortete nicht, sondern blickte auf und sah sie mit einem gequälten Blick an.
»Ich glaube, wir sind nicht mehr in Kansas.«
11
Alejandro hatte seine erste Audienz bei König Edward III. im Ankleidezimmer innerhalb der Privatgemächer des Königs.
Der König trug noch seinen Morgenrock, einen Mantel aus schimmerndem Goldbrokat, den ein geringerer König sich vielleicht als Staatsgewand gewünscht hätte, und war mit seiner ausgedehnten Morgentoilette beschäftigt. Er winkte Alejandro wortlos hinein und widmete sich dann weiter seinen morgendlichen Aufgaben, während der Arzt in einer Ecke wartete.
Vor dem König ausgebreitet, lag ein Sortiment feinster Kleidungsstücke, hübsche Hemden mit gefältelten Ärmeln, Samthosen, Westen mit aufgestickten Bordüren aus Perlen und Edelsteinen. Der König schritt daran vorbei und zeigte entschlossen auf die Stücke seiner Wahl, und die Diener trugen die abgelehnten Gegenstände fort. Dann brachten sie eine Fülle von langen Strümpfen, eleganten Strumpfhaltern und seidenen Unterkleidern herein, und der gutaussehende Monarch musterte sie mit offenkundigem Vergnügen. Er wirkt viel zu heiter für einen König, dem solche Not aufgebürdet ist, dachte Alejandro bei sich. De Chauliac hatte gesagt, England liege im Krieg, und wenn das stimmte, was er auf seiner Reise von Avignon nach England hatte flüstern hören, dann hatten die Kosten das Land beinahe in den Bankrott getrieben.
Und außerdem war da noch die Pest, die schon fast bis nach Windsor vorgedrungen war.
»Setzt Euch, Doktor!« sagte der König. »Wir werden uns unterhalten, während meine Männer mich ankleiden.«
Alejandro musterte die Diener vorsichtig und kam zu dem Schluß, daß keiner aussah wie ein Minister oder Berater, der vielleicht beleidigt sein könnte, weil man ihn von der Diskussion einer wichtigen Angelegenheit ausschloß. Die Zungen von Dienern lassen sich für einen geringen Preis lösen , dachte er bei sich. Zum König sagte er: »Majestät, ich halte es für ratsam, daß wir zunächst unter vier Augen sprechen.«
Der König sah ihn einen Moment überrascht an und bemerkte den ernsten Gesichtsausdruck des Arztes. »Also gut«, sagte er. Er entließ die Diener, und sie entfernten sich sofort; der zweite schloß die Tür hinter sich. Der König starrte Alejandro mit bohrendem Blick an und sagte: »Ich bin es nicht gewohnt, daß meine Morgenroutine gestört wird.
Ich mache eine Ausnahme, weil Ihr unsere Bräuche nicht kennt. Ihr tätet allerdings gut daran, Euch damit vertraut zu machen. Und nun sprecht.«
Vielleicht ist er doch nicht so heiter, dachte Alejandro bedrückt und hegte auf einmal Zweifel an seiner bisherigen Einschätzung des Königs. Jetzt war der Monarch viel weniger gastfreundlich als bei dem herzlichen Empfang am Vorabend. Er räusperte sich nervös. »Euer Majestät«, begann er, »ich bin besorgt wegen der schmeichelhaften Berichte, die Ihr vom Papst erhalten habt. Ich fürchte, Seine Heiligkeit hat meine Fähigkeiten übertrieben. In Wahrheit, Sire, kann weder ich noch irgend jemand sonst, de Chauliac eingeschlossen, diese Pest heilen. Ich bin nur dafür ausgebildet, eine Ansteckung durch Isolierung zu verhindern. Ich möchte nicht, daß Ihr etwas anderes annehmt.«
Edward goß sich einen Becher mit Wasser vermischten Wein ein und bot auch seinem Gast einen an, doch dieser lehnte ab. Nachdem er einen Schluck getrunken hatte, sagte er. »Sicher seid Ihr nicht so machtlos gegen die Pest, wie
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