Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel
Ihr mich glauben machen wollt, Doktor.«
»Majestät, ich kann diese Pest so gut heilen, wie eine Schlange mit den Flügeln schlagen und fliegen kann.«
Die scharfgeschnittenen Züge des Königs nahmen einen erzürnten, ärgerlichen Ausdruck an.
»Warum in Gottes Namen hat Clemens Euch dann hergeschickt? Für nichts und wieder nichts war das eine lange Reise.«
»Ich hatte nie das Privileg, Seine Heiligkeit direkt danach fragen zu können, Euer Majestät. Soweit ich weiß, erfolgte diese meine Reise auf Euren Wunsch. Alles wurde mir durch de Chauliac übermittelt; alle meine Anweisungen habe ich von diesem gelehrten Arzt erhalten, der sich seiner Arbeit mit Fleiß und Begeisterung widmet.«
Der König gab dazu keinen Kommentar ab; er rieb sich die Stirn, als versuche er, Kopfschmerzen zu lindern. »Diesen de Chauliac kenne ich nicht. Clemens kenne ich. Erzählt mir von de Chauliac.«
Alejandro hatte das Gefühl, von den blauen Augen des Königs beinahe verbrannt zu werden. Er konnte nicht glauben, daß dieser Mann, den alle als schlau und gerissen schilderten, keine ausreichenden Informationen über einen so wichtigen Mann wie de Chauliac besaß. Vielleicht stellt er mich auf die Probe, um zu sehen, ob ich die Wahrheit sage, dachte Alejandro. »Er ist ein Mann von machtvoller Präsenz und sehr klug; er kann geschickt mit Worten umgehen. Er ist ein höchst gelehrter Mann, ein brillanter Denker und ein Mensch voller Ideen. Er scheint das völlige Vertrauen des Papstes zu besitzen. Ich glaube allerdings, daß er bei Bedarf seine Haut wechselt wie ein Chamäleon. In einer Minute tropft Honig von seinen Lippen, in der nächsten Essig. Wie er es gerade braucht.«
Der König lächelte listig. »Das habe ich auch aus anderen Quellen gehört.«
Ich habe die Probe bestanden, dachte Alejandro mit fast sichtbarer Erleichterung, daß sein Verdacht sich bestätigt hatte.
Edward wurde wieder ernst. »Was aber sollen wir jetzt tun, wenn Ihr nicht in der Lage seid, unsere Sicherheit zu gewährleisten?«
Der Arzt versuchte, den besorgten Monarchen zu beruhigen. »Ich bin nicht ganz ohne Hilfsmittel für den Schutz Eurer Familie. De Chauliac hat mir all sein Wissen über Vorsorgemethoden mitgeteilt. Er meinte, so könnte ich Euch am besten dienen.«
Der König antwortete nicht sofort; statt dessen sah er Alejandro mit zusammengekniffenen Augen an, und der Arzt spürte, daß er wieder abgeschätzt wurde. Er fühlte förmlich, wie der König sich fragte: Was ist das für ein Mann? Er fand eine gewisse Ironie darin, daß er vielleicht der vertrauenswürdigste Arzt war, den der Papst nach England hätte schicken können, denn er war weder mit der Kirche noch mit irgendeinem anderen Königreich verbündet. Doch das konnte er nicht beweisen, ohne sich als Jude erkennen zu geben.
Endlich brach der König sein Schweigen. »Dann sprecht über das, was Ihr tun müßt. Ich werde nicht zulassen, daß noch eines meiner Kinder diesem Fluch zum Opfer fällt.«
»Sire, diesen Euren Wunsch teile ich völlig. Und ich bin mit einer Methode gekommen, ihn zu erfüllen. Es handelt sich um eine komplizierte Vorgehensweise, die sorgfältige Isolierung mit verschiedenen Vorsorgebehandlungen verbindet, und ich bin ziemlich sicher, daß sie denen, die zu ihrer Anwendung gezwungen werden, nicht gefallen wird. Meine größte Angst ist, daß Eure Kinder sich gegen die Strenge der Vorsorgemaßnahmen auflehnen. Meine Hoffnung auf Erfolg hängt ganz von der Bereitschaft der Patienten zur Mitwirkung ab.«
Edwards enttäuschter Ausdruck verstärkte sich. »Ihr habt meinen Sohn und meine Tochter kennengelernt, Doktor Hernandez. Wie schätzt Ihr Eure Chancen ein, Ihr Verhalten zu kontrollieren?«
Der Arzt wollte sich nicht zu einem Ohnmachtseingeständnis verführen lassen, solange er seine Arbeit noch nicht einmal begonnen hatte. Dazu wird später noch Zeit sein ..., dachte er nüchtern. »Um ehrlich zu sein, Sire, das wage ich nicht zu sagen. Wie man mir zu verstehen gab, sind die königlichen Kinder an beträchtliche Entscheidungsfreiheit und Unabhängigkeit gewöhnt. De Chauliac gibt bereitwillig zu, daß der Papst seine Isolierung verabscheut und als unerträgliche Gefangenschaft bezeichnet.«
Edward grinste und gab damit seine wenig schmeichelhafte Meinung über die verweichlichten Gewohnheiten des Papstes zu erkennen. »Zweifellos vermißt er seine Schloßherrin; der gute Oberhirte hat sich den Luxus eines weltlichen Lebens nie versagt. Es ist ein
Weitere Kostenlose Bücher