Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel
sagte Alejandro. »Ich bitte Euch darum, Eure Astrologen von der Wichtigkeit dieser Auskünfte zu überzeugen. Die Gesundheit der Bewohner Windsors kann davon abhängen.«
Widerstrebend erklärte die Königin sich bereit, seiner Bitte nachzukommen, doch ihre Bemühungen waren nicht so fruchtbar, wie er gehofft hatte. Das unmittelbare Ergebnis der okkulten Wahrsagungen war eine Küche voll höchst verärgerter Köche und eine Tafel mit lauter unzufriedenen Essern, denn die Astrologen und ihre Schützlinge konnten sich kaum darauf einigen, daß an einem bestimmten Tag ein einziges Gericht für die ganze Familie wohltuend sei. Und die Zimmermädchen waren auch nicht erfreut, zu den eigenartigen Zeiten, zu denen die Astrologen Bäder für angezeigt hielten, Eimer mit heißem Wasser für die Wannen ihrer Herrschaft herbeischleppen zu müssen.
Doch diese Probleme schrumpften an dem Tag zu kleineren Ärgernissen, an dem einer der Astrologen zur Königin sagte: »Es gibt gewisse Tage, an denen eheliche Beziehungen zwischen Euch und dem König für Eure Gesundheit am förderlichsten sind. Unglücklicherweise gibt es andere, an denen gegenteilige Folgen zu erwarten sind. Ich habe einen Kalender für Euch vorbereitet.«
Als die Königin diese Information in entschuldigendem Ton an ihren Gatten weitergab, bekam er einen Wutanfall. »Diese jämmerlichen Ketzer! Wie können sie es wagen, sich einzubilden, sie hätten mir in meinem Schlafgemach Vorschriften zu machen! Genug des Unsinns! Ich will nichts mehr davon hören!«
»Edward, sie wollen uns nur beschützen; der Arzt hat gesagt ...«
Er unterbrach sie. »Vielleicht könnten sie ihre Fähigkeiten darauf verwenden, mir eine andere Dame zu suchen, deren Gesellschaft von ihnen für angemessen erachtet wird, wenn Eure es nicht ist.«
Die Königin rauschte eilig davon, und von da an wurde die Tätigkeit der Astrologen auf jene Angelegenheiten beschränkt, die nichts mit den ehelichen Freuden des Königs und seiner Gemahlin zu tun hatten.
Nachdem Alejandro so die Grenzen seines Einflusses auf das Verhalten des Königs kennengelernt hatte, wandte er seine Aufmerksamkeit schon ein wenig entmutigt dem Zutritt jener Personen zu, die nicht auf dem Schloßgelände wohnten, und hoffte dabei auf verstärkte Mitarbeit des Hauptmanns der königlichen Garde. Doch als er den Mann aufsuchen wollte, stellte er fest, daß dieser sich entschlossen hatte, Windsor zu verlassen, um zu seiner Familie zurückzukehren, und daß der König ihm dies widerwillig gestattet hatte. Alejandro traf an seiner Stelle Sir John Chandos, der ihn vorübergehend vertrat.
»Ich freue mich, Euch in diesem Amt zu sehen«, sagte Alejandro. »Der Anblick eines vernünftigen Mannes ist mir wirklich willkommen. Die anderen setzen mir viel Widerstand entgegen, und dabei habe ich mit meiner Aufgabe noch kaum begonnen. Manches ist mir schon verwehrt worden.«
»Ich werde versuchen, Euch behilflich zu sein, wenn ich kann, Doktor«, sagte Chandos.
»Ich hatte nichts anderes von Euch erwartet, Sir«, sagte Alejandro. »Wir müssen folgendes tun. Wir müssen das Schloß vollständig abriegeln und ohne strikte Quarantäne niemanden hereinlassen.«
»Wie lange soll die Quarantäne dauern?« fragte Sir John.
»Vierzehn Tage dürften ausreichen, denke ich.«
»Und wenn jemand ausgeht, was dann?«
»Dasselbe«, sagte Alejandro.
»Und wo sollen die Männer des Königs sich an den Waffen üben?«
Alejandro sah sich auf dem Gelände um. »Hier, meine ich.«
»In diesen Höfen? Da ist nicht genug Platz!«
»Leider wird er genügen müssen, Sir John. Wenn die Tore einmal geschlossen sind, darf niemand hinausgehen und ohne Quarantäne wieder hereinkommen, so kurz er auch fort war.«
»Und was ist mit Reparaturen an den Waffen und der Versorgung der Soldatenunterkünfte?«
»Kann das nicht im voraus erledigt werden? Gibt es nicht einen Waffenschmied, der bereit wäre, solange auf dem Gelände zu wohnen?«
»Bereit oder nicht, ich werde jemanden finden und dazu überreden«, sagte Chandos.
Noch jemand, der aus Not zum Dienst gepreßt wird, dachte Alejandro und erinnerte sich an seine eigene Rekrutierung durch den Papst. »Tut, was getan werden muß, Sir John, und laßt uns auf eine kurze Internierung hoffen«, sagte er. »So Gott will, werden wir hier nicht lange eingesperrt sein.«
Dann wurden die Arbeiter des Schlosses versammelt, und man weihte sie in den Plan ein, Windsor vollständig abzuriegeln, bis die Pest vorbei
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