Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel
noch einmal berührte sie den Bildschirm. »Leb wohl, mein Schatz . « Bruce schaltete das Bild aus. Er legte einen Arm um Janie und sagte: »Wir müssen ein paar Prints für dich und Caroline ins System holen.«
Sie wischte sich eine Träne von der Nasenspitze und sagte zu ihm: »Nimm Betsy für Caroline.«
»Bist du sicher?« fragte er.
»Ich bin sicher. Dann würde ihr Tod wenigstens einem nützlichen Zweck dienen.«
Und sie in meinem Herzen lebendig erhalten, dachte sie bei sich.
Um elf Uhr fünfundvierzig hatte Bruce ihr und Caroline die falschen Bodyprintings zugeordnet und schaltete den Computer aus.
33
Der Arzt lag auf dem Strohbett in Mutter Sarahs Hütte, und neben ihm hielt das Kind Kate stille, tränenreiche Wache, während die Pest Alejandros Körper mit tückischen Giften und seinen Kopf mit schreckerregenden Wahnvorstellungen füllte. Er warf sich im Schlaf herum und schlug wild mit den Armen, als könne er so die Last seiner Krankheit abschütteln und sie weit hinaus in die Nacht schleudern, damit sie ihn nie mehr quäle.
Er träumte; er rannte wie ein verwundetes Tier über den bewaldeten Pfad aus der Lichtung draußen vor der Hütte; seine Füße flogen, wenn er über die Steine und Wurzeln auf dem Waldboden sprang. Er wagte nicht, sich umzudrehen, um nicht langsamer zu werden und seinen Verfolgern in die Hände zu fallen. Aber er mußte unbedingt feststellen, wie die Jagd stand, und so wandte er den Kopf gerade weit genug, um einen Blick auf zwei Gestalten zu erhaschen, die ihn eilig verfolgten; jedesmal, wenn er hinschaute, schien die Entfernung zu ihnen kleiner geworden zu sein, und verzweifelt versuchte er, noch schneller zu rennen. Er verlängerte seine Schritte, pumpte mit den Armen und atmete keuchend, bis seine Lungen brannten. Er rannte, lief und schlug Haken durch den Wald, Matthews und Alderon auf seinen Fersen; er sprang zwischen dem immer dichter werdenden Unterholz umher, das sich mit jedem Schritt enger um ihn schloß.
Er hörte das erschreckende Klappern der hölzernen Pfeile, die noch immer in Matthews Brust steckten, vermischt mit dem schweren Dröhnen von Alderons polternden Schritten. So verdammt lang war der Weg doch nicht, als ich ihn das letzte Mal nahm! Inzwischen müßte ich doch schon die Eichen vor mir sehen ... Doch noch immer lag eine lange Strecke vor ihm, und das vertraute Eichentor war nicht zu erkennen. Der Boden wurde tückischer; Wurzeln und Zweige schienen mit knorrigen Fingern nach seinen Füßen zu greifen, während er immer höher sprang, um ihnen zu entkommen. Schließlich verfingen sich seine Zehen in einer vorstehenden Wurzel, und er stürzte.
Er landete hart auf dem Waldboden, und der Schock des Sturzes schmerzte tief in seinen Gelenken und Knochen. Er landete auf dem Gesicht, und sein Mund war gefüllt mit Erde und kleinen Blättern. Ich muß das ausspucken; meine Zähne knirschen auf kleinen Steinen, und ich möchte nichts als würgen; lieber Gott, bitte gewähre mir nur einen Schluck Wasser ...
Er kämpfte mit dem, was er im Mund hatte, konnte es aber nicht herauswürgen, denn irgendeine erstickende Wand war vor seinem Gesicht, und er konnte sie nicht durchdringen. Er drohte zu ersticken, konnte nicht atmen; endlich, in dem verzweifelten Bemühen, seine Zunge freizubekommen, schluckte er, denn er hatte keine andere Wahl, weil er sonst an dem Krumen in seinem Mund erstickt wäre.
Er konnte sich nicht bewegen, keinen Muskel auch nur einen Fingerbreit regen; er steckte in der Erde fest wie irgendein uralter Schlußstein. Matthews und Alderon setzten sich neben ihn, grinsten triumphierend und begannen mit ihren makabren Reden, während sie sich an seiner Seite ausruhten.
»Also, Arzt«, begann Alderon, »ich hätte auf meine Familie hören sollen; wenn ich das getan hätte, hätte ich mir die Schwierigkeit erspart, meine Zeit mit einem Scharlatan und Juden zu vergeuden. Wie gut es mir getan hat, die letzten Tage meines Lebens in Eurer Obhut zu verbringen! Ich hielt den Bader für einen Narren, aber er hatte wenigstens den Anstand, mir zu sagen, da sei nichts mehr zu machen. Dabei war ich der Narr, auf Euch zu vertrauen! Er ließ mich nicht zur Ader, gab mir keine schrecklichen Brechmittel und läuterte mich auch nicht von faulen Gasen, aber in Eurer Obhut erlitt ich all diese Dinge, und meine Schmerzen wurden davon nicht besser.« Er wandte sich an seinen schattenhaften Gefährten. »Ist es nicht so, Matthews?« sagte er.
»Ja«, sagte
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