Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel
erneut betrat. Sie ging an Teds Leiche vorbei, die dort lag wie ein jämmerlicher Sack Steine, und trat sofort in das Zimmer, in dem Sarin und der Hund waren. Ehe sie das Streichholz anzündete, flüsterte Janie den sterblichen Überresten des alten Mannes zu: »Danke. Ich verdanke Ihnen so viel.« Dann riß sie die dunkle Spitze des Streichholzes am Kaminsims an und hielt es an eines der Kräuterbündel, die vom trockenen Holz eines Balkens hingen.
Sie wartete nur so lange, bis sie sah, daß es Feuer gefangen hatte. Als sie sich umwandte, um zu gehen, sah sie Sarins Buch auf dem Nachttisch liegen. Sie nahm es an sich und rannte aus der Tür. Als sie das Auto erreichte, hatte Bruce den Motor schon angelassen, und sobald Janie eingestiegen war, rasten sie über die aufspritzenden Eicheln davon.
Rosow sah verwirrt zu, wie die Flammen durch das Strohdach des kleinen Hauses loderten, angefacht von einem wütenden Wind, der aus dem Nichts zu kommen schien. Die Luft ringsum war still, und er konnte nicht verstehen, woher dieser isolierte, zielgerichtete Wind kam; er ließ ihm einen kalten Schauder über das Rückgrat laufen.
Sein Team war noch hundert Meter von der brennenden Hütte entfernt. Er schrie: »Kommt weiter!« Er gab ihnen ein Zeichen, sie sollten laufen. Als sie die Hütte erreichten, stand sie vollständig in Flammen und strahlte erhebliche Hitze aus. Das Team stand in sicherer Entfernung, damit die Plastikanzüge nicht schmolzen, und sah zu, wie das Dach schließlich nach innen einbrach.
Bruce trug Carolines in eine Decke gehüllte Gestalt die enge Treppe in dem restaurierten viktorianischen Haus hinauf, in dem er wohnte. »Schaffen wir sie ins Bett«, sagte er zu Janie. »Dann können wir den Schlauch einsetzen.«
Janie hatte die Arzneien und den Plastikschlauch mit in die Wohnung genommen, und nachdem Caroline im Bett lag, ging sie in die Küche und wusch das Innere des Schlauchs aus. »Wir könnten trotzdem einen Trichter brauchen, wenn du einen hast«, sagte sie. »Einen mit dünnem Ende, damit er in den Schlauch paßt.«
Er öffnete eine Schublade und holte einen kleinen weißen Plastiktrichter heraus. Janie versuchte, ihn in das Ende des Schlauchs zu schieben, aber er war ein wenig zu dick. »Wir müssen das Schlauchende etwas auf spreizen, damit der Trichter reinpaßt«, sagte sie.
Mit einer Schere machte sie ein paar kleine Einschnitte in das Schlauchende, und nun paßte der Trichter leicht hinein. Bruce fand etwas weißes Klebeband und umwickelte damit die Nahtstelle.
»In Ordnung«, sagte Janie entschieden. »Wir müssen ihr den Schlauch in den Hals schieben.«
Bruce hielt Carolines Schultern fest, so daß sie sich nicht bewegen konnte, während Janie ihr den Schlauch vorsichtig in den Mund, durch die Speiseröhre und in den Magen schob. Sobald er an Ort und Stelle war, befestigte Bruce den Schlauch mit Klebeband so hoch an der Wand neben dem Bett, daß die Schwerkraft seinen Inhalt in Carolines Magen rinnen ließ.
Sie standen neben Caroline und sahen zu, wie die graue Flüssigkeit rasch durch den Schlauch in Carolines Körper lief. Als der Schlauch fast leer war, mischte Janie eine weitere Dosis aus »vier Knöcheln« Pulver und einer »hohlen Hand voll« der gelben Flüssigkeit und gab sie in den Schlauch. Abwechselnd mischten und füllten sie nach, bis der größte Teil des grauen Pulvers verbraucht war. Nachdem Carolines Magen die Arznei absorbiert hatte, füllte Janie den Schlauch mehrmals mit Wasser, um Caroline etwas von der lebensspendenden Flüssigkeit zurückzugeben, die sie verloren hatte.
Dann setzte sie sich auf den Bettrand. »So, jetzt warten wir«, sagte sie schwach. Sie beugte sich vor und stützte den Kopf in die Hände. »Ich bin so erschöpft. Ich möchte bloß noch schlafen.«
»Dann leg dich hin«, sagte Bruce. »Caroline hat sicher nichts dagegen. Sie merkt es nicht.«
Also legte Janie sich auf die eine Seite von Caroline, Bruce auf die andere. Sie gaben ihre Körperwärme an die Kranke ab, die inzwischen nur noch ein Schatten ihres früheren, strahlenden Selbst war. Während sie in heilsamen Schlaf glitten, reichten sie sich über Carolines Körper die Hände und spürten, wie sich ihre Brust bei jedem mühsamen Atemzug hob und senkte. Wenn sie erwachten, würden sie wissen, ob »vier Knöchel und eine hohle Hand« so gut wie das Haar des Hundes waren.
Janie glaubte zu träumen, als sie die dünne Stimme ihren Namen rufen hörte.
Sie hob den Kopf vom Kissen und
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