Alex Benedict 03: Die Suche
Mond auch nur entfernt geähnelt hätte, verlor sie die Geduld und erklärte uns, sie würde uns Bescheid geben, sobald sie Informationen zu bieten hätte, die von Interesse wären. »Inzwischen«, fügte sie hinzu, »müssen wir gründlich arbeiten. Auch wenn dieses Gebiet nicht vielversprechend aussieht, müssen wir es erst eliminieren, damit wir später nicht noch einmal zurückmüssen, weil wir uns fragen, ob wir vielleicht etwas übersehen haben.«
Alex verdrehte die Augen. »Ich habe den Computer verärgert«, erzählte er mir.
Ich habe zusammen mit Alex schon mehrere Male längere Reisen unternommen, und wenn man lange unterwegs ist, ist er ein durchaus angenehmer Reisegefährte. Er kann bei einer Unterhaltung seine Position angemessen vertreten. Er hat Sinn für Humor. Er ist einigermaßen geduldig. Und er weiß normalerweise, wann es besser ist, den Mund zu halten. Nichtsdestotrotz stellt sich, wenn man zwei Personen über einen längeren Zeitraum in begrenzten Räumlichkeiten einsperrt, irgendwann eine gewisse Gereiztheit ein. Ich habe Studien gelesen, denen zufolge das weniger daran liegt, dass man Tag für Tag immer nur ein und dieselbe Person zu sehen bekommt, sondern vielmehr daran, dass man zwischen Schotts eingesperrt ist. Setzen Sie zwei Personen auf einer verlassenen Insel aus, umgeben von Sonnenschein, Wind und offener See, dann wird sich der Effekt nicht einstellen.
Also nutzten wir die Möglichkeiten der VR nach Kräften aus. Wir gingen ins Theater, besuchten ein Konzert, saßen zusammen mit einer Horde anderer Leute am Strand, nahmen unsere Mahlzeiten in virtuellen Restaurants ein, wohnten Sportereignissen bei und versuchten, gemeinsam mit der Zuschauermenge zu brüllen. Wir nahmen an einem Schachturnier in Indien teil, schlenderten in Sea Gate an der Küste entlang, sahen uns den komischen Auftritt von Parvis Kuney im Royale an und spazierten durch den alten Louvre.
Das Problem bei all dem ist, dass es virtuell ist, und wenn die Tage vergehen, wird einem diese Tatsache immer mehr bewusst. Es gab nichts Konstruktives zu tun. Alex verbrachte einen Teil seiner Zeit damit, sich über die neueste Entwicklung in der Welt der Antiquitäten auf dem Laufenden zu halten. Ich las Krimis. Doch nach einer Weile wurde es langweilig.
Wie Ihnen jede alleinstehende Frau im passenden Alter bestätigen wird, ist das Leben mit dem vagen Gedanken, eines Tages würde Der Mann auftauchen, mit nichts zu vergleichen. Der Mann, der Ihr Herz zum Rasen bringt und von dem Sie von Anfang an wissen, dass Sie ihn nie vergessen werden. Schön, zugegeben, ich habe so einen Mann noch nie in Fleisch und Blut gesehen, und es gibt Zeiten, da zweifle ich daran, dass er überhaupt existiert. Aber ein Abend mit der richtigen Sim, zusehen, wie Choelo Tabor direkt in die Seele des Avatars von Chase Kolpath hineinblickt, zuzusehen, wie wir beide uns unsterblich verlieben, während der Regen auf das Dach des Häuschens prasselt und die Musik anschwillt und uns davonträgt … Also, ich kann Ihnen sagen, Choelo könnte mich jederzeit haben. Aber ich wusste, ich würde ihn, oder, was das betrifft, irgendeinen anderen, nicht zu sehen bekommen, nicht hier draußen in der Gegend von Boopsilon Delta oder wo zum Teufel wir auch waren.
Außerdem ging unser Treibstoff allmählich zur Neige. Kurze Sprünge sind kurz, aber wir führten eine Menge davon durch, und sie verbrauchen genauso viel Treibstoff wie solche, die über lange Distanzen führen.
Schließlich verlagerten wir unsere Suche auf die andere Seite der Sonne. Bis dahin sah der Plan vor, dass wir uns kurz umsehen würden, schauen, ob sich irgendetwas Interessantes zeigte, um schließlich unsere verbliebenen Möglichkeiten zu erwägen.
Endlich, am neunten Tag, verkündete Belle, sie hätte etwas entdeckt.
»Den Mond?«, fragte ich.
»Nicht ganz«, sagte sie. Wieder einer ihrer menschlichen Züge. Sie liebte es, im Mittelpunkt zu stehen, und sie hatte keinerlei Skrupel, derartige Situationen in die Länge zu ziehen. »Wie wäre es damit?«
»Womit?«, wollte Alex wissen. »Was siehst du?«
»Noch ein Objekt mit einem hohen Albedowert.«
»Noch ein Tracker?« Ich hielt den Atem an.
»Nein, das glaube ich nicht.«
»Ein anderes Schiff?«
»Möglich.«
»Die Bremerhaven?«, sagte ich.
»Eine solche Festlegung ist mir derzeit nicht möglich. Was immer es ist, es ist ganz in der Nähe.«
Es war nicht die Bremerhaven. Und es war auch kein weiterer Besucher. Es war eine
Weitere Kostenlose Bücher