Alex Benedict 04: Das Auge des Teufels
Regent. Er war groß und machte einen entschlossenen Eindruck. Die grauen Augen unter dem silbergrauen Haar blickten zugleich intelligent und teilnahmsvoll, genau die Art Mensch, die Vertrauen weckt. Was die Netze über ihn zu berichten wussten, klang hingegen weniger schmeichelhaft. Dort wurde er als ein Mann beschrieben, der nur die Leute zurate zog, die so oder so mit ihm übereinstimmten, der unflexibel war, der dazu neigte, Dissens mit Illoyalität zu verwechseln. Als ich ihn jedoch nun vor mir sah, fiel es mir schwer, das alles zu glauben.
»Wir hatten im Grunde gar keine Chance dazu, Herr Administrator. Kaum waren wir dem Geheimnis auf der Spur, da haben sie uns auch schon geschnappt.«
»Ich verstehe.«
»Ich sollte hinzufügen«, fuhr Alex fort, »dass ursprünglich Vicki Greene diejenige war, die das alles herausgefunden hat. Und anschließend ihr Leben dafür gegeben hat, uns einen Grund zu liefern, in dieser Sache zu ermitteln.«
»Ja. Ich bin über sie informiert. Wir stehen tief in Ms Greenes Schuld.« Er deutete mit einem Nicken auf die Sessel. Setzen. Drei von uns folgten der Aufforderung. »Würde es Ihnen etwas ausmachen, mir zu erzählen, wie lange Sie bereits von all dem wissen?«
»Bis vor ein paar Tagen waren wir noch nicht sicher.«
Er ließ die Information auf sich wirken und beugte sich vor. »Und Sie sind im Begriff, die Geschichte den Medien zu übergeben. Ist das richtig?«
»Ja, Herr Administrator, das sind wir.«
»Haben Sie die Konsequenzen so einer Vorgehensweise erwogen?«
Der Mann hatte etwas Furcht Erregendes, aber Alex bot ihm die Stirn. »Mit Konsequenzen meinen Sie die Reaktion der Wähler, nehme ich an.«
»Die Reaktion jedes einzelnen Menschen auf diesem Planeten, Mr Benedict! Wenn Sie diese Information verbreiten, sorgen Sie dafür, dass wir die nächsten drei Jahre im Chaos zubringen!«
»Das ist mehr oder weniger die Argumentation, mit der die Verschwörer rechtfertigen wollten, dass sie während der letzten paar Monate auf ihrem Wissen gehockt haben!«
»Sie meinen Wexler.«
»Sind Sie über ihn im Bilde?«
»Natürlich bin ich das, gottverflucht noch mal!« Jegliche Farbe wich aus seinem Gesicht. »Bitte beantworten Sie meine Frage, Alex! Und vergleichen Sie mich bitte nicht mit Wexler!«
»Ja«, sagte Alex. »Wir haben die Konsequenzen erwogen. Ich meine …«
»Ich gebe einen Scheißdreck darauf, was Sie meinen! Sie sind im Begriff, sämtliche Mauern einzureißen, ist Ihnen das bewusst? Wie soll ich mit dieser Sache fertig werden, wenn Sie hingehen und der Öffentlichkeit erzählen, dass es innerhalb der Regierung eine Verschwörung gegeben hat? Denken Sie nur nicht, man würde mir das nicht vorwerfen! Und ich weiß genau, was in Ihrem Kopf vorgeht. Es stimmt, ich habe einen großen Teil der Verantwortung für diese Sache zu tragen. Aber das ist ein politischer Brandsatz! Dafür haben wir keine Zeit. Diese Leute brauchen eine Regierung, der sie vertrauen können. Und sie brauchen sie jetzt!«
»Vielleicht«, sagte Alex, »hätten Sie die Leute, die Sie an die Schaltstellen der Macht setzen, sorgfältiger auswählen müssen.«
»Das lässt sich wohl nicht widerlegen, aber das ist Vergangenheit. Es ist irrelevant. Alex, Sie sind im Begriff, das Todesurteil über zwei Milliarden Menschen zu verhängen, und Sie beabsichtigen, diesen Menschen entweder direkt oder nur andeutungsweise zu erzählen, dass ich ihnen die Wahrheit vorenthalten hätte! Und dass ich folglich verantwortlich bin!«
Allmählich regte sich Alex’ eigenes Temperament. »Ich meine, diese Annahme ist nicht völlig von der Hand zu weisen!«
»Hören Sie, ich habe den Fehler begangen, den falschen Leuten zu vertrauen! Gott weiß, wie sehr ich das bedauere!«
»Diese Leute haben Schutzbunker gebaut, Herr Administrator! Sie haben fingierte Nachrichten über Übergriffe der Stummen lanciert. Wie ist es möglich, dass Sie von all dem nichts gewusst haben?«
Circe ging dazwischen. »Wexler und seine Freunde waren sehr gut darin, Schweigen zu bewahren!«
»Sie wussten«, sagte Kilgore, »welche Folgen es für die Preisentwicklung und für alles andere hätte, sollte die Wahrheit über Callistra bekannt werden! Also haben sie niemandem davon erzählt.«
»Und was dachten Sie, wofür die Schutzbunker erbaut würden?«
»Gottverdammt, ich bin doch selbst auf die Berichte über die Stummen hereingefallen! Sie haben mich genauso belogen wie jeden anderen Menschen auf diesem Planeten auch! Weil
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