Alex Benedict 05 - Echo
ausgebreiteten Flügeln in einem fließenden Kleid, das nur eine ihrer Brüste bedeckte.
Turam kam vorbei, um nachzusehen, wie es uns ging. In seiner Begleitung war eine große, hagere, gelehrt aussehende Frau mit einem wissenden, durchdringenden Blick. Ihr Name war Viscenda, und es war kaum zu übersehen, dass sie hier in dieser Gemeinde die Verantwortung hatte, Bürgermeisterin oder so etwas war. Oder vielleicht die Königin. Ich konnte ihr ansehen, dass sie von der Störung nicht begeistert war, die wir Außenseiter für den Alltag hier darstellten. Pro forma hieß sie uns dennoch willkommen. Und dann ging sie wieder.
Turam blieb. Offenbar versuchte er, sich ein Bild davon zu machen, wie wir zurechtkämen. Er erkundigte sich nach Alex’ Bein. Alex erklärte, er käme recht gut klar, als Belle sich meldete. »Ich benötige einen direkten Austausch mit diesen Menschen« , sagte sie, »wenn Sie von mir erwarten, dass ich die Übersetzerin spiele.«
»Nicht gerade jetzt, Belle«, sagte Alex. »Lass uns noch etwas Zeit!«
Wir signalisierten Turam so gut wir konnten, dass wir gern die Namen der Dinge lernen würden. Ich zeigte zum Fluss. Wie nennt ihr das? Und was ist das, was am Fenster hängt und die Sonne fernhält?
Er verstand, und er schien geradezu begierig zu sein, uns zu helfen. Er zeigte auf verschiedene Gegenstände im Raum, auf die Fenster, die Vorhänge, auf Bücher. Wir fanden heraus, wie wir nach einem Buch fragen konnten, wie wir erklären konnten, dass wir es öffnen oder lesen (ganz genau wussten wir es nicht) wollten, und wie wir um einen Stift bitten konnten. Die einzigen Schreibwerkzeuge waren lange Geräte mit einer Metallspitze, die man in eine Tintenflasche tunken musste. Aber damit hatten wir die Übersetzungen für »Tinte« und »Flasche«. Auch als Belle wieder außer Reichweite geriet, machten wir weiter.
Mitten im Gespräch tauchte eine Frau auf. Sie trug ein Tablett mit Tassen und Schalen und etwas, das aussah wie Brot, einem Krug mit einer kirschfarbenen Flüssigkeit und einer abgedeckten, dampfenden Schüssel.
Es gab Besteck für uns beide, einen Löffel, ein Messer und etwas, das ich nur als einen Satz Nadeln beschreiben kann.
Alex fing meinen Blick auf. War das Essen genießbar?
Es roch gut. Wie Rinderschmortopf. Mit sehr vielen Zwiebeln.
»Es wird schon in Ordnung sein«, sagte ich. Turam musterte uns und versuchte anscheinend herauszufinden, warum wir zögerten. »Lass uns unsere Gastgeber nicht kränken!«, fügte ich hinzu.
Die Frau füllte zwei Teller mit dem Schmorgericht und zeigte uns die zugehörigen Gewürze. Ich nickte. Das, bitte. Es sah aus wie Pfeffer.
Sie stellte Alex’ Essen auf ein Tablett, und Turam half ihm, sich aufzusetzen. Alex kostete bereits, ehe ich mein Essen bekam. »Ich bin nur um deine Sicherheit besorgt«, meinte er lächelnd.
Das Gericht enthielt verschiedene Arten von Nahrungsmitteln. Ich musste davon ausgehen, dass ich echtes Fleisch von echten Tieren vor mir hatte. Aber diesen Gedanken schob ich beiseite. Alex dachte das Gleiche, und wir zuckten beide mit den Schultern. Im Sturm ist jeder Hafen recht.
Zuerst kostete ich die Soße. Sie schmeckte anders als alles, was ich in meinem Leben je gegessen hatte. Am ehesten erinnerte sie mich an Bratensaft von Schweinefleisch mit einem Spritzer Zitrone. Und sie schmeckte mir. Die Flüssigkeit in der Tasse war aufgebrüht und hatte ebenfalls einen einzigartigen Geschmack. Tee mit irgendeinem Fruchtzusatz? Das Brot schmeckte nach Roggen.
Es war wirklich gut.
»Chase.« Belle war wieder über uns. »Wie geht es Ihnen?«
»Uns geht es gut, danke«, sagte ich.
»Ich freue mich, das zu hören. Können wir jetzt eine Konversation mit den Einheimischen führen?«
»Im Moment ist niemand hier außer Alex.«
»Gut. Darf ich dann vorschlagen, dass Sie es irgendwie einrichten, sich bei meinem nächsten Überflug an einem öffentlichen Ort aufzuhalten? Ich werde mich damit begnügen zuzuhören, wenn Ihnen das lieber ist. Aber je mehr ich zu hören bekomme, desto schneller bin ich imstande, die Sprache zu verstehen.«
Achtunddreißig
Die eigentliche Gefahr, die uns von einem Besucher von, sagen wir: Andromeda, droht, ist nicht, dass wir zum Weichensteller für eine Invasionsmacht werden könnten. Sie liegt vielmehr darin, dass er uns eine neue Perspektive bieten könnte. Wir fühlen uns sicher mit den Sichtweisen, die wir seit Langem kennen. Wir mögen unsere Sicht der Dinge, und wir wollen nicht, dass
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