Alex Rider 08: Crocodile Tears
»Ich war zu schnell. Ich war so sicher, dass ich gewinnen würde, und jetzt hat mich ein Kind besiegt, von dem ich nicht einmal weiß, ob ich es überhaupt eingeladen habe. Egal! Alex, du hast eindeutig gewonnen.« Mit seinen Pranken schob er die Chips von sich weg, als wollte er sich von ihnen distanzieren. »Du kannst sie beim Croupier einlösen. Bestimmt bist du jetzt der reichste Dreizehnjährige in ganz Schottland.«
»Ich bin vierzehn«, sagte Alex. »Und ich will das Geld nicht. Sie können es First Aid geben.«
Die Umstehenden klatschten ihm Beifall.
McCain stand auf. »Es ist sehr großzügig von dir«, rief er, »dass du mein Geld meiner Organisation spendest!« Seine Stimme hatte trotz des scherzhaften Tons eine unterschwellige Schärfe. »Ich versichere dir, dort ist es gut aufgehoben.«
Er verließ den Tisch. Einige klopften ihm auf den Rücken. Alex betrachtete noch einmal McCains Karten, seine »bösen Buben«. Sie waren seltsam hässlich, fast wie Missgeburten, mit wallenden Haaren und merkwürdigen bunten Wämsern.
Finster dreinblickende Buben gegen seine tapferen Herzen. Aber natürlich hatte das nichts zu bedeuten, schließlich handelte es sich nur um Spielkarten. Der Croupier sammelte sie auch schon wieder ein und steckte sie zu den anderen.
Gefährliche Rutschpartie
F ünfundzwanzigtausend Pfund!
Die Summe ging Alex auf dem Weg zum Festsaal nicht mehr aus dem Kopf. Er hatte ohne groß zu überlegen ganz schön viel Geld verschenkt. Wenigstens einen Teil hätte er behalten und davon etwas für Jack oder Sabina kaufen können. Doch dann schüttelte er verärgert über sich selbst den Kopf. Der Abend war eine Wohltätigkeitsveranstaltung. Das Geld gehörte ihm nicht und hatte ihm nie gehört. Er dachte an die Wut in McCains Augen, als er seinen Straight Flush aufgedeckt hatte. McCain mochte ein bekennender Christ sein, aber er verlor nicht gerne. Alex hatte das ungute Gefühl, dass er auf der Burg nicht mehr willkommen war.
Sabina war verschwunden. Dafür stieß er in einem der vielen Gänge auf ihren Vater. Edward Pleasure sprach gerade in sein Blackberry und stützte sich dabei auf seinen Stock. Hinter ihm führte eine Wendeltreppe in die erste Etage.
Er klappte das Telefon zu, als Alex näher kam. »Das war Liz«, sagte er. »Es geht ihr noch nicht besser. Vielleicht sollten wir doch allmählich zurückfahren.«
»Von mir aus gern«, erwiderte Alex. »Sabina wollte auch schon gehen.«
Es war halb zwölf, noch eine halbe Stunde bis Mitternacht. Dann gab es Luftballons, noch mehr Champagner und das Lied Auld Lang Syne , anschließend das größte Feuerwerk Schottlands, wie es in der Einladung geheißen hatte. Die Gäste strömten bereits zum Festsaal. Doch Alex wollte nicht länger bleiben, sondern das neue Jahr lieber woanders begrüßen. Kilmore Castle war ihm nicht geheuer, vielleicht weil es so alt war und so abgelegen hoch über dem See thronte, als wollte es mit dem einundzwanzigsten Jahrhundert nichts zu tun haben.
»Wo ist Sabina?«, fragte Edward.
»Sie hat Sie gesucht.«
»Dann warten wir hier auf sie. Bestimmt taucht sie bald auf.«
Von der Tanzfläche drang Musik zu ihnen herüber – man hatte inzwischen zu Michael Jackson gewechselt. Einige Gäste eilten an ihnen vorbei. Einer erkannte Alex vom Kasino und lächelte ihm zu. Dann waren sie wieder allein.
»Freust du dich schon auf die Schule?«, erkundigte sich Edward.
»Ja.« Die Frage überraschte Alex und seine Antwort noch mehr. Er freute sich tatsächlich auf die Zeit nach den Ferien. In seiner Klasse fühlte er sich sicher, wie ein ganz normaler Junge.
»An was arbeitest du gerade?«
Alex hatte eine Hausaufgabe mit nach Schottland gebracht, an der er immer wieder ein paar Stunden saß. »Ich schreibe an einem Aufsatz über gentechnisch veränderte Pflanzen.«
»Aha?« Edward Pleasure sah ihn interessiert an.
»Wir beschäftigen uns in Erdkunde damit, wie man Nutzpflanzen manipulieren und ihnen ganz neue Eigenschaften geben kann.« Alex überlegte, was er in den vergangenen Monaten gelernt hatte. »Prinz Charles spricht ständig davon. Er hat Angst, die Wissenschaftler könnten versehentlich die ganze Erde vernichten.«
»Das eigentliche Problem sind wahrscheinlich die Firmen, die solche Pflanzen erst schaffen«, meinte Edward. »Hast du schon mal vom Terminator-Gen gehört?«
Alex schüttelte den Kopf.
»Man baut es in die Pflanzen ein, damit sie sich nicht vermehren können. Neues Saatgut für Weizen
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