Alex Rider 08: Crocodile Tears

schütteln. Alex spürte, wie die Reifen widerstandslos über die Straße glitten. Edward riss am Steuer, doch vergeblich. Er hatte die Kontrolle über das Fahrzeug verloren und sie drehten sich um die eigene Achse. Der Nachthimmel raste auf sie zu. Dann hoben die Räder von der eisglatten Fahrbahn ab. Wir rutschen von der Straße, dachte Alex in plötzlich aufsteigender Panik. Sie hingen in der Luft und weit unter ihnen gähnte schwarz und eisig Loch Arkaig.
    Einen Moment lang verharrte der Wagen so.
    Dann neigte er sich nach vorn und stürzte in die Tiefe.

Tod und Champagner
    S ie konnten nichts tun. Als Letztes sah Alex noch, wie Edward Pleasure wie von einem Stromschlag getroffen das Lenkrad mit durchgedrückten Armen und vorquellenden Augen umklammerte. Ihre Umgebung stand Kopf. Das Wasser, das auf sie zustürzte und gleich darauf die ganze Windschutzscheibe ausfüllte, glitzerte im Licht der Scheinwerfer.
    Sie schlugen hart auf der Oberfläche auf, wurden vor- und zurückgeschleudert. Eine dünne Eisschicht bedeckte das Wasser. Alex hörte und spürte, wie sie splitterte. Sie brachen hindurch, als wäre sie ein Spiegel in eine andere Dimension. Das Auto schwamm nicht, nicht einmal für den Bruchteil einer Sekunde. Von seinem eigenen Schwung mitgerissen, sank es immer weiter. Das schwarze Wasser umschloss und verschluckte es. Schottland mitsamt seiner Burgen und dem neuen Jahr war wie ausgelöscht, als hätte es nie existiert, und an seine Stelle tra t … nichts. Im Auto wurde es stockfinster, als wären hinter den Fenstern stählerne Jalousien heruntergegangen.
    Etwas drückte gegen ihn und hüllte ihn ein. In Panik stemmte er sich mit den Fäusten dagegen und versuchte sich zu befreien. Er bekam keine Luft mehr. Was presste ihn so unnachgiebig in seinen Sitz? Alex schluckte seine Angst hinunter und zwang sich nachzudenken. Das war nur der Airbag. Offenbar war er durch den Aufprall ausgelöst worden.
    Die Luft würde bald knapp werden. Sie sanken immer tiefer. Alex sah nichts, spürte nur den Druck auf den Ohren, der erbarmungslos stärker wurde. Wie weit ging es hinunter? Einige schottische Seen waren mehrere Hundert Meter tief. Sie würden bis zum Boden hinabsinken und dort sterben. Aus einem Luxuswagen war ein stählerner Sarg geworden.
    Die Reifen trafen mit einem dumpfen Schlag auf dem schlammigen Boden auf und das Fahrzeug erbebte, dann bewegte es sich nicht mehr. Eine Tonne schwarzes Wasser drückte es nieder. Wie tief waren sie gesunken? Oder besser, wie viel Zeit blieb ihnen noch? In wenigen Minuten würde das Auto mit Wasser volllaufen. Es drang bereits durch die Lüftung und lief ihm über die Schuhe. Es war eiskalt und seine Füße wurden sofort taub. Schon ging es ihm bis über die Knöchel. Zentimeter für Zentimeter verlor er das Gefühl in den Beinen.
    »Alex?« Das war Sabinas Stimme vom Rücksitz. Sie klang wie einen Kilometer entfernt.
    »Bist du verletzt, Sabina?«
    »Nein, ich glaube nicht. Und Dad?«
    Edward Pleasure hatte nichts mehr gesagt, seit sie von der Straße abgekommen waren. Alex streckte die Hand nach ihm aus. Der Journalist lag mit dem Oberkörper auf seinem Airbag – bewusstlos, verletzt, womöglich sogar tot. Alex konnte es nicht sagen, denn er sah nichts. Er zog die Hand zurück und hielt sie sich vors Gesicht, so dicht, dass er seine Nasenspitze berührte. Trotzdem sah er sie nicht. Er konnte nicht mehr normal atmen. Sein Herz raste, eingesperrt in seiner Brust wie er in dem Auto. Jetzt hatte er wirklich schreckliche Angst.
    Er schluckte hart und es gelang ihm zu sprechen. »Dein Vater ist bewusstlos.«
    »Was ist denn passiert?« Sabinas Stimme klang tränenerstickt.
    »Keine Ahnung.«
    »Was tun wir jetzt?«
    Eigentlich hätte es auf dem Seegrund ganz still sein müssen, aber Alex hörte aus allen Richtungen Geräusche. Der abkühlende Motor klickte und knackte unaufhörlich. Aus dem See drangen seltsam geisterhafte, an Echos erinnernde Laute und die Karosserie des Wagens ächzte unter dem Wasserdruck. Am schlimmsten war das stetige Gluckern, mit dem das Wasser in das Innere eindrang.
    Es stieg unaufhörlich. Wie eine Eisdecke legte es sich über Alex’ Knie. Dabei hatte es ihm eben gerade mal bis zu den Knöcheln gereicht. Doch die Zeit verging hier unten anders als an Land. Minuten waren wie Stunden und ein ganzes Leben konnte in wenigen Sekunden vorbei sein.
    Er hörte hektische Bewegungen hinter sich und dann wieder Sabinas Stimme. »Ale x … die Tür ist