Alex Rider 08: Crocodile Tears
steckte sie in den Automaten. Er brauchte Geld für das Frühstück und für einige Lebensmittel. Später wollte er sich vielleicht noch ein Taxi nach Chelsea genehmigen. Er gab seine PIN ein, drückte auf die Fünfzig-Pfund-Taste und wartete.
Der Bildschirm wurde schwarz. Dann erschien eine Nachricht:
KARTE ABGELEHNT.
BEI FRAGEN WENDEN SIE SICH BITTE
AN DEN AUSSTELLER.
Bulman starrte den Bildschirm an und drückte auf ABBRECHEN, um seine Karte wiederzubekommen. Nichts geschah. Der Automat verweigerte ihm nicht nur das Geld, er nahm ihm auch noch seine Kreditkarte weg! Dabei hatte er sein Konto keineswegs überzogen. Beim letzten Mal hatte er noch über zweihundert Pfund gehabt. Jemand musste den Automaten geschrottet haben, irgendein Vandale aus Camden Town, der zu tief ins Glas geschaut hatte.
Die Bank öffnete erst in einer halben Stunde, aber in der Hauptstraße stand nur wenige Gehminuten entfernt eine Sparkasse mit einem Automaten. Diesmal musste Bulman in einer Schlange anstehen. Vor ihm war eine ältere Frau an der Reihe, die ewig brauchte, ihre paar Kröten abzuheben. Wenigstens wusste er jetzt, dass dieser Automat funktionierte. Er entnahm seiner Geldbörse eine andere Kreditkarte und steckte sie in den Schlitz. Bulman verwendete für alle Karten dieselbe PIN – sein Geburtsdatum rückwärts gelesen. Wütend, aber zugleich sorgfältig, damit er keinen Fehler machte, tippte er die Zahlen ein.
Wieder passierte dasselbe: Der Bildschirm wurde leer, dann erschien in grellweißen Buchstaben dieselbe Nachricht. Die Karte blieb in der Maschine.
Bulman fluchte. Hinter ihm hatte sich bereits eine kleine Menschentraube gebildet. Die Wartenden musterten ihn mitleidig. Offenbar glaubten sie, er sei pleite und sein Konto sei gesperrt. Was sollte er tun? Er hatte Hunger und wollte frühstücken. Bargeld hatte er nicht und seine Oyster Card war auch defekt.
Da kam ihm der rettende Einfall. Sein Auto, ein gebraucht gekaufter VW Golf, parkte um die Ecke seines Wohnhauses. Er brauchte es tagsüber nur selten – auf den Londoner Straßen herrschte trotz der Innenstadtmaut noch zu viel Verkeh r –, aber er benutzte es oft nachts. Im Handschuhfach bewahrte er einen Notgroschen auf, meist um die zehn Pfund. Davon konnte er sich zwar nicht viel kaufen, aber es war besser als nichts. Wenigstens konnte er was essen, bis Bank und Sparkasse öffneten. Mit etwas im Magen fühlte er sich bestimmt gleich wohler. Dann würde er zur Bank gehen und die dumme, dicke Frau am Schalter – Schalterbeamte waren seiner Erfahrung nach immer dumm und dick – zur Schnecke machen. Sobald das Problem behoben war, konnte er mit seinen Tagesplänen fortfahren.
Er betrat die Nebenstraße und ging zu der Stelle, wo er sein Auto geparkt hatte.
Es war verschwunden.
Bulman blieb wie angewurzelt auf dem Bürgersteig stehen. Er verspürte einen Anflug von Migräne. Er hatte das Auto hier abgestellt. Vielleicht hatte er am Vorabend einen über den Durst getrunken – doch, das hatte er ganz bestimm t –, aber er hatte das Auto ganz sicher hier geparkt. Jetzt stand auf seinem Platz ein blauer Volvo. Er blickte die Straße auf und ab. Sein Golf war nirgends zu sehen. Er zwang sich, in aller Ruhe zu überlegen. Abendessen, Pub, Spielautomat, letztes Bier und gegen Mitternacht zu Hause. Das Auto musste hier sein. War es aber nicht. Was war damit passiert?
Jemand hatte es gestohlen! In dieser Gegend geschah so was ständig. Viele Anwohner hatten sich klobige Schlösser gekauft, die am Lenkrad befestigt wurden. Er selbst hatte nie darüber nachgedacht. Bulman schüttelte den Kopf. Der Tag fing ja gut an. Wenn er sich am Nachmittag mit Alex Rider traf, war er bestimmt schlecht gelaunt, dabei war es doch ihre erste gemeinsame Sitzung. Aber er hatte sowieso nicht vorgehabt, den Jungen zu schonen.
Eins nach dem andern. Bulman holte sein Handy heraus, um die Polizei anzurufen. Welche Nummer sollte er nehmen? Streng genommen handelte es sich nicht um einen Notfall, aber er beschloss, trotzdem die 999 zu wählen. Er drückte dreimal auf die entsprechende Taste und hielt das Handy ans Ohr.
Nichts.
Das Mobiltelefon blieb stumm, nicht einmal ein Wählton war zu hören. Bulman senkte die Hand und untersuchte es. Es handelte sich um ein nagelneues Blackberry.
Kein Signal.
Lächerlich. Er stand in der Mitte von Chalk Farm. Hier hatte man immer Empfang. Er ging ein paar Schritte weiter, hielt das Handy in die Höhe und dann schräg von sich weg. Nichts tat
Weitere Kostenlose Bücher