Alex Rider 08: Crocodile Tears
war es viel zu warm. Der zweite Polizist betrachtete ihn misstrauisch. Er war höchstens neunzehn Jahre alt und hatte hellbraune Haare und abstehende Ohren – das Gesicht eines Schülers.
»Sind Sie sicher, dass Sie hier wohnen?«, fragte der erste Polizist. Er hatte sein Gespräch über Funk beendet.
»Ja. Apartment Nummer siebenunddreißig, oberster Stock.«
»Ein gewisser Harold Bulman, ein Journalist, war unter dieser Adresse registriert. Er wurde vorletzte Nacht ermordet.«
»Nein. Das steht in der Zeitung, ich habe es gerade gelesen. Aber es stimmt nicht. Ich bin Harry Bulman.«
»Können Sie sich ausweisen?«
»Selbstverständlich.« Bulman zog seine Geldbörse heraus. Doch zwei seiner Karten waren von den Geldautomaten geschluckt worden und die dritte hatte er in der Bank gelassen. Sein Führerschein lag in der Wohnung. Mit zitternden Fingern durchsuchte er die einzelnen Fächer. Er hatte einen Presseausweis, doch der schien verschwunden zu sein. »Sie bekommen einen Ausweis, sobald ich in der Wohnung bin«, sagte er.
Die beiden Polizisten wechselten einen raschen Blick. Der jüngere schien zum ersten Mal Bulmans Aktentasche zu bemerken. »Was ist da drin?«, erkundigte er sich.
Mit dieser Frage hatte Bulman nicht gerechnet. »Warum wollen Sie das wissen?«, fragte er barsch.
Bevor er ihn daran hindern konnte, hatte der erste Polizist die Tasche an sich genommen. »Dürfen wir hineinsehen?«
»Nein. Ich will das nich t …«
Doch zu spät. Der Polizist hatte die Tasche geöffnet und betrachtete den Inhalt voller Entsetzen. Bulman beugte sich vor, obwohl er genau wusste, was in der Tasche war: ein Notizblock, zwei Zeitschriften und einige Stifte. Doch er irrte sich. Als der Polizist ihm die Tasche hinhielt, steckte darin ein rund vierzig Zentimeter langes Küchenmesser. An der Klinge klebte getrocknetes Blut.
»Moment mal!«, rief er.
Die beiden Polizisten handelten blitzschnell und Bulman wusste nicht, wie ihm geschah. Schon im nächsten Augenblick lag er mit dem Gesicht nach unten und mit auf den Rücken gedrehten Armen auf dem Gehweg. Er spürte die metallischen Kanten der Handschellen, die sich mit einem Klicken um seine Handgelenke schlossen. Der erste Polizist sprach hastig in sein Funkgerät. Kurz darauf hielt ein zweites Polizeiauto mit quietschenden Reifen neben ihnen. Weitere Beamte in Uniform stiegen aus.
»Sie brauchen sich nicht zu äußer n …«
Bulman begriff, dass er über seine Rechte aufgeklärt wurde, doch er hörte die Worte nur wie ein fernes Rauschen. Er spürte, wie er hochgezogen und zum Auto geführt wurde. Jemand drückte seinen Kopf mit der Hand nach unten, damit er nicht gegen den Türrahmen stieß. Dann saß er auf der Rückbank und das Auto raste durch die Straßen. Sogar die Sirene hatten die Polizisten eingeschaltet.
Eine Stunde später fand Bulman sich allein in einem kahlen Verhörraum mit Ziegelwänden wieder. Durch das schmale Fenster unter der Decke war nur ein kleines Rechteck Himmel zu sehen. Man hatte seine Fingerabdrücke genommen und einen Speichelabstrich gemacht, um die DNA zu überprüfen.
Ihm gegenüber saßen zwei neue Beamte, beide untersetzt und mit ernsten Gesichtern. Sie waren älter und erfahrener als die Polizisten, die ihn verhaftet hatten, und hatten sich als Baker und Ainsworth vorgestellt. Ainsworth hatte eine Glatze, kleine, stechende Augen und einen Mund, der nur aus einem einzigen Strich zu bestehen schien. Baker war jünger und sah aus, als sei er vor Kurzem in eine Schlägerei verwickelt gewesen. Er hielt eine Akte in der Hand.
Bulman hatte etwas Zeit zum Nachdenken bekommen und sich überlegt, was er sagen wollte. »Hören Sie mir bitte zu«, fing er an. »Das ist alles ein dummer Irrtum. Es ist empörend, wie Sie mich behandeln. Ich bin ein bekannter Journalist und ich warne Si e …«
»Schön, dich zu sehen, Jeremy«, fiel Baker ihm ins Wort.
»Ich heiße nicht Jeremy.«
»Jeremy Harwood. Hast du wirklich geglaubt, wir würden dich nicht finden?« Baker legte die Akte auf den Tisch und schlug sie auf. Obenauf lag ein schwarz-weißes Polizeifoto. Bulman erkannte sich sofort. Doch unter dem Bild stand ein fremder Name.
Er holte tief Luft. »Ich heiße nicht Jeremy Harwood, sondern Harold Bulman.«
»Harold Bulman ist tot.«
»Nein.«
»Wir haben das Blut an dem Messer bereits analysiert. Es stammt von Bulman. Du hast ihn getötet.«
»Nein, Sie machen einen Fehler. Das ist alles falsch.« Bulman rang um Fassung. Wann
Weitere Kostenlose Bücher