Alex Rider 08: Crocodile Tears
Hauptverwaltung sprechen?«
Doch Bulman war schon aufgesprungen und auf dem Weg nach draußen, an die frische Luft. Was zum Teufel wurde hier gespielt? Zuerst die Oyster Card, dann die Kreditkarten, das Handy, das Auto und jetzt sein Konto – als sollte ihm Stück für Stück seine Identität geraubt werden. Er lehnte sich an die Ecke des Gebäudes, um sich zu beruhigen. Ein Passant eilte an ihm vorbei und ließ eine Zeitung in den Abfalleimer direkt vor ihm fallen, fast als wollte er ihn auf die Titelseite aufmerksam machen.
Dort prangte ein Foto. Es zeigte ihn.
Wie vom Donner gerührt starrte Bulman auf das Bild. Er erinnerte sich an die Schlagzeile, die er nach Verlassen seiner Wohnung gelesen hatte. JOURNALIST GETÖTET. Jetzt blickte er auf dieselbe Schlagzeile. Für einen Moment schwankte der Boden unter seinen Füßen. Er ging zum Abfalleimer und zog die Zeitung heraus. Der Artikel unter dem Foto war nur kurz.
Harold Bulman, 37, freischaffender, auf Militär und Geheimdienste spezialisierter Journalist, wurde am gestrigen Morgen tot in seiner Wohnung im Londoner Norden aufgefunden. M r Bulman wurde erstochen.
Die Polizei bittet Zeugen, die in der Zeit von zehn bis Mitternacht etwas gesehen oder gehört haben, sich zu melden. Es sei durchaus möglich, dass M r Bulman sich bei seiner Arbeit Feinde gemacht habe, meint Kriminalhauptkommissar Stephen Leather, der den Fall leitet. »In diesem Stadium der Ermittlungen können wir nichts ausschließen.«
Harold Bulman war geschieden und hatte keine Angehörigen oder engen Freunde.
Die meinten ihn! Und er war angeblich tot! Wie war ein solcher Irrtum möglich? Funktionierte sein Handy etwa deshalb nicht mehr und hatte er aus diesem Grund kein Geld auf dem Konto? Plötzlich passte alles zusammen. Man hatte ihn mit jemandem verwechselt. Und die Verwechslung hatte eine Kettenreaktion ausgelöst.
Er musste unbedingt telefonieren, mit seinen Redakteuren sprechen, den Menschen, die ihn beschäftigten. Er hatte zwar kein Geld, aber in seiner Wohnung war ein Telefon. Das war die Lösung! Er wollte nicht länger auf der Straße herumstehen. Er war zu einer Unperson geworden, einem unsichtbaren Menschen, und fühlte sich hilflos und verletzlich. Konnte er denn sicher sein, dass ihm nicht doch jemand nach dem Leben trachtete? Er musste in seine Wohnung.
Als er vor dem Apartmenthaus eintraf, schwitzte er. Mit zitternder Hand versuchte er, den Schlüssel ins Schloss zu stecken. Er ging nicht hinein. Nach drei Anläufen gab er auf. Der Schlüssel passte nicht. Auch das war vollkommen unmöglich. Bulman benutzte ihn täglich. Zum Beispiel am Abend zuvor. Offenbar hatte jemand in den vergangenen neun Stunden das Schloss ausgewechselt.
»Ich will rein!« Niemand hörte ihn. »Ich will rein!«, brüllte er die Glastür und Ziegelmauer an. Er trat mit dem Fuß gegen die Tür. Doch sie bestand aus Sicherheitsglas, das von starken Magnetplatten gehalten wurde. Er trat ein zweites Mal zu und schrie noch lauter. Die Passanten mussten ihn für verrückt halten.
»Haben Sie ein Problem, Sir? Kann ich Ihnen helfen?«
Er hatte den Polizeiwagen nicht hinter sich halten hören. Als er sich umdrehte, standen zwei Polizisten auf dem Bürgersteig. Bulman war erleichtert. Erst vor wenigen Minuten hatte er versucht, die Polizei anzurufen.
»Ich komme nicht in meine Wohnung«, sagte er.
»Wohnen Sie hier, Sir?«
»Natürlich, sonst würde ich ja nicht versuchen, in das Haus zu kommen.« Bulman merkte, wie unhöflich er klang, und zwang sich zu einem Lächeln. »Ich wohne im obersten Stock«, erklärte er. »So etwas ist mir noch nie passiert.«
»Darf ich es versuchen?«
Bulman merkte, dass der Polizist das »Sir« inzwischen wegließ. Er gab ihm die Schlüssel und sah zu, wie der Beamte sie in das Schloss schieben wollte – allerdings ebenfalls vergeblich.
Der Polizist untersuchte den Schlüssel und das Schloss, dann richtete er sich auf. »Damit bekommen Sie die Tür nicht auf«, sagte er. »Das Schloss ist von Banham, der Schlüssel von Yale.«
»Das ist absur d …«
»Wie heißen Sie?«, fragte der zweite Polizist.
»Harry Bulman. Ich bin Journalist.«
»Und Sie behaupten, Sie wohnen hier?«
»Ich behaupte das nicht nur, ich wohne tatsächlich hier. Aber ich komme nicht in mein Apartment.«
»Einen Augenblic k …«
Der erste Polizist sagte etwas in sein Funkgerät. Bulman nahm seine Aktentasche in die andere Hand. Sie fühlte sich auf einmal furchtbar schwer an. Für Januar
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