Alex Rider 4/Eagle Strike
Ihm fielen die dunkelbraunen Augen auf und ein Gesicht, das für das Alter des Jungen viel zu ernst wirkte. Augen, die bereits zu viel gesehen hatten.
Dann stand Alex auch schon vor ihm. Und im selben Augenblick wirbelte er auf dem Ballen seines linken Fußes herum und kickte mit dem rechten Fuß aus. Franco wurde von dem Angriff völlig überrascht. Alex’ Ferse traf ihn hart in der Magengrub e – aber gleichzeitig merkte Alex, dass er seinen Gegner unterschätzt hatte. Unter dem lose am Körper des Dicken hängenden Anzug hatte er weiche Fettwülste erwartet. Stattdessen war sein Fuß auf einen harten Muskelring gestoßen, und obwohl der Tritt für Franco sehr schmerzhaft war und ihm den Atem nahm, hatte ihn Alex keineswegs außer Gefecht gesetzt.
Franco ließ die Zigarre fallen und stürzte sich auf Alex, wobei seine Hand gleichzeitig in die Jackentasche fuhr und etwas hervorzog. Ein leises Klicken war zu hören: Zwanzig Zentimeter funkelndes Metall zuckten aus dem Nichts. Ein Sprungmesser! Und Franco bewegte sich viel schneller, als Alex es dem Dicken je zugetraut hätte. Er sprang ihn an und die Hand mit dem Messer wirbelte bedrohlich vor seinen Augen herum. Alex hörte förmlich, wie die Klinge durch die Luft schnitt. Wieder ein Stoß, und dieses Mal blitzte die Schneide nur einen Zentimeter an Alex’ Gesicht vorbei.
Alex war unbewaffnet. Franco hatte sein Sprungmesser wohl schon öfter eingesetz t – zumindest schien er in seinem Gebrauch geübt zu sein. Der ungleiche Kampf wäre sofort vorüber gewesen, wenn Franco durch Alex’ überraschenden Karatekick nicht momentan geschwächt gewesen wäre. Alex blickte sich rasch um und suchte nach einem Gegenstand, mit dem er sich verteidigen konnte. Doch der Kai war fast lee r – nur ein paar alte Kisten, ein Eimer und ein Fischernetz lagen herum.
Franco bewegte sich jetzt langsamer. Von einem Kind hatte er schließlich nicht viel zu befürchten. Das Bürschchen mochte ihm mit seinem Karatekick momentan die Luft aus der Lunge getrieben haben, aber jetzt würde er es tranchieren wie ein Suppenhuhn.
Franco murmelte ein paar Wörter auf Französisch, es klang leise und gefährlich. Eine Sekunde später zuckte seine Faust mit der Klinge durch die Luft, doch dieses Mal kam sie in einem Bogen von unten und hätte Alex’ Kehle aufgeschlitzt, wenn der sich nicht geistesgegenwärtig zurückgeworfen hätte.
Alex schrie auf.
Er hatte das Gleichgewicht verloren und fiel mit ausgestrecktem Arm auf den Rücken. Franco grinste. Zwei Goldzähne blitzten auf. Dann trat er ganz nahe an Alex heran, um die Sache zu Ende zu bringen. Zu spät merkte er, dass Alex’ Sturz ein Trick gewesen war. Die ausgestreckte Hand des Jungen hatte das Fischernetz gepackt, und als sich Franco über ihn beugte, riss Alex mit aller Kraft an dem Netz. Es breitete sich aus, fiel über Francos Kopf, Schultern und die Hand, in der dieser noch das Messer hielt. Franco fluchte und strampelte wie wild, um freizukommen, verwickelte sich aber stattdessen immer mehr in dem Netz.
Alex wusste, dass er schnell reagieren musste. Franco kämpfte noch mit dem Netz, aber er riss schon den Mund auf, um nach Hilfe zu rufen. Sie befanden sich genau neben der Jacht. Wenn Yassen etwas hörte, würde Alex mit Sicherheit nichts mehr tun können. Er holte aus und kickte Franco noch einmal mit aller Kraft in die Magengrube. Der Schlag trieb dem Dicken die restliche Luft aus der Lunge; sein Gesicht lief rot an. Er war halb im Netz gefangen und vollführte am Rand des Stegs einen bizarren Tanz, um sich zu befreien. Plötzlich rutschte er aus und stürzte. Mit den vom Netz umwickelten Armen und Händen konnte er den Sturz nicht abfedern und sein Kopf schlug mit einem lauten Krach auf den Asphalt. Dann war es still. Franco bewegte sich nicht mehr.
Alex stand nach vorn gebeugt und rang nach Atem. Aus der Ferne hörte er einen Fanfarenstoß und Applaus. Der Stierkampf würde in zehn Minuten beginnen. Als Vorprogramm spielte eine kleine Musikband. Alex warf einen Blick auf den bewusstlos daliegenden Mann. Klar, dass er nur knapp davongekommen war. Vom Messer war nichts mehr zu sehen, vielleicht war es ins Wasser gefallen. Alex fragte sich, ob er seinen Plan nicht doch besser aufgeben sollte. Aber dann fielen ihm Sabina und ihr Vater wieder ein, und bevor er wusste, was er tat, lief er über den schmalen Bootssteg zur Jacht und stand an Deck.
Die Jacht hieß Fer de Lance . Alex war der Name vorher nicht aufgefallen. Er kam
Weitere Kostenlose Bücher