Alex Rider 4/Eagle Strike
er angehalten hatte, rannte über die kiesbedeckte Auffahrt und zwängte sich zwischen den Männern der Rettungsdienste mit ihren verschiedenen Uniformen durch. Auch Alex stieg hastig aus. Der Schock lastete so schwer auf ihm, dass er den Boden kaum unter den Füßen spürt e – es war, als müsse er im Erdboden versinken. Ihm war schwindlig; alles drehte sich vor seinen Augen und er glaubte ohnmächtig zu werden.
Niemand sprach ihn an, als er auf das Haus zuging. Als ob er gar nicht existierte. Dann tauchte Sabinas Mutter plötzlich von irgendwoher auf, das Gesicht von Asche und Tränen überzogen, und er dachte, wenn sie diese Explosion überlebt hatte, würde vielleicht auch Edward Pleasure überlebt haben. Doch als er sah, dass Sabina heftig zu zittern begonnen hatte und ihrer Mutter weinend in die Arme fiel, wusste er, dass alles schlimmer war. Viel schlimmer.
Er kam näher. Liz versuchte ihrer Tochter zu erklären, was geschehen war.
»Wir wissen nicht genau, wie es passiert ist. Dad ist mit dem Hubschrauber nach Montpellier gebracht worden. Er lebt, Sabina, aber er ist sehr schwer verletzt. Wir gehen jetzt zu ihm. Du weißt, dass dein Vater eine Kämpfernatur ist. Aber die Ärzte sind nicht sicher, ob er durchkommt. Wir wissen es einfach nich t …«
Brandgeruch hüllte Alex ein. Der Rauch verdunkelte die Sonne. Seine Augen begannen zu tränen und er rang nach Luft.
Das alles war seine Schuld.
Er wusste nicht, warum es passiert war, aber er wusste mit absoluter Sicherheit, wer dafür verantwortlich war.
Yassen Gregorovich.
Geht mich nichts an, hatte Alex gedacht. Das hier war die Quittung.
Der Finger am Abzug
D er Polizist, der sich um Alex kümmern sollte, war jung und unerfahren und suchte verzweifelt nach den richtigen Worten. Das lag nicht nur daran, dass er Schwierigkeiten mit dem Englischen hatte, sondern vor allem daran, dass ein derartig heftiger Anschlag an diesem so abgelegenen, ruhigen Zipfel im tiefsten Süden Frankreichs eher eine Seltenheit war. Im schlimmsten Fall hatte er sich mit betrunkenen Autofahrern oder kleinen Handtaschendiebstählen zu befassen. Jetzt allerdings hatte er es mit einer völlig ungewohnten Situation zu tun.
»Eine furchtbare Sache«, sagte er. »Kennst du Monsieur Pleasure schon lange?«
»Nein, nicht sehr lange«, antwortete Alex.
»Er wird die bestmögliche Behandlung bekommen«, fuhr der Polizist fort und lächelte ermutigend. »Madame Pleasure und ihre Tochter fahren jetzt ins Krankenhaus. Sie haben uns gebeten, uns um dich zu kümmern.«
Alex saß auf einem Gartenstuhl im Schatten eines Baumes. Es war kurz nach fünf und noch immer sehr heiß. Das Flussufer war nur wenige Meter entfernt und Alex hätte viel dafür gegeben, jetzt ins Wasser springen und einfach weit wegschwimmen zu dürfen: immer nur weiterschwimmen und diese furchtbare Geschichte hinter sich lassen.
Vor ungefähr zehn Minuten waren Sabina und ihre Mutter zum Krankenhaus abgefahren und Alex war mit dem jungen Polizisten allein zurückgeblieben. Man hatte ihm den Stuhl in den Schatten gestellt und ihm eine Flasche Wasser gereicht, aber es war klar, dass niemand so recht wusste, was man mit ihm anfangen sollte. Schließlich gehörte er nicht zur Familie. Er hatte eigentlich gar kein Recht, hier zu sein.
Inzwischen waren noch weitere Beamte aufgetauch t – höhere Polizeibeamte, Feuerwehrkommandanten. Langsam bahnten sie sich ihren Weg durch die Trümmerhaufen, drehten hier und dort Holzstücke oder ein zerbrochenes Möbelstück um, als hofften sie, darunter die ganze Wahrheit über das zu finden, was geschehen war.
»Wir haben das britische Konsulat verständigt«, sagte der junge Polizist gerade. »Sie schicken jemanden, der dich abholt und nach Hause zurückbringt. Er muss allerdings aus Lyon anreisen, und das ist ziemlich weit weg. Deshalb musst du heute noch in Saint-Pierre übernachten.«
»Ich weiß, wer es getan hat«, sagte Alex.
»Comment?«
»Ich weiß, wer dafür verantwortlich ist«, wiederholte Alex und blickte zu der Hausruine hinüber. »Fahren Sie zum Hafen, dort finden Sie eine Jacht am Kai. Ich weiß nicht, wie sie heißt, aber Sie können sie eigentlich nicht verfehlen. Eine riesige, weiße Jacht. Auf der Jacht ist ein Mann, sein Name ist Yassen Gregorovich. Sie müssen ihn verhaften, bevor er verschwinden kann.«
Der Polizist starrte Alex verblüfft an. Alex fragte sich, ob er überhaupt etwas verstanden hatte.
»Verzeihun g … Was hast du da gerade gesagt?
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