Alex Rider 4/Eagle Strike
wirkte absolut lächerlich. Die herabbaumelnden Augen waren bemalte Tischtennisbälle. Die Alligatorhaut war nichts weiter als ein mit Schuppen beklebter Neoprenanzug, und die nach hinten verkrümmten Plastikfüße hätten aus einem Spezialgeschäft für Faschingskleidung stammen können. Die drei »Götter« standen um Alex’ Körper herum.
»Er atmet noch«, sagte der Frühlingsgott.
»Aber nicht mehr lange.« Der Regengott betrachtete die Speerspitze, an der das Blut bereits gerann.
»Was sollen wir mit ihm machen?«
»Wir lassen ihn hier liegen. Das ist nicht unser Job. Der Reinigungstrupp wird ihn später wegräumen.«
Sie gingen davon. Einer trat an eine Mauer, die man so bemalt hatte, dass ihre Steine verwittert wirkten, und öffnete eine Klappe, hinter der ein Schalter verborgen war. Er drückte darauf und die Mauer öffnete sich. Dahinter wurde ein hell erleuchteter Korridor sichtbar. Die drei Männer verschwanden.
Alex öffnete die Augen.
Der Trick war so uralt, dass er sich fast ein wenig schämte. Wenn er diese Show auf einer Bühne abgezogen hätte, wären wahrscheinlich nicht einmal sechsjährige Kinder darauf hereingefallen. Aber vermutlich war hier alles ein wenig anders.
Im Minidschungel hatte Alex die Speerspitze wieder an sich genommen, mit der er die Schlange erschossen hatte. Unter den Pflanzen des Dschungels hatte er eine gefunden, die eine klebrige, harzähnliche Substanz absonderte. Mit diesem Klebstoff war es ihm gelungen, die Speerspitze an seinem Körper zu befestigen. Dann hatte er sich mit dem Schlangenblut eingerieben. Es hatte ihn zwar einige Überwindung gekostet, aber nur so konnte die Täuschung funktionieren. Mühsam einen Würgereiz unterdrückend, hatte er sich eine Hand voll Blut in den Mund geschüttet. Der Geschmack lag immer noch auf seiner Zunge und er zwang sich, nicht zu schlucken. Aber die Männer waren darauf hereingefallen. Alle drei hatten nur das gesehen, was sie sehen wollten. Keiner hatte genauer hingeschaut.
Alex wartete, bis er sicher war, dass sich niemand mehr in der Nähe befand, dann setzte er sich auf und entfernte den Speer. Er konnte nur hoffen, dass mit dem Ende des Spiels auch alle Überwachungskameras automatisch ausgeschaltet worden waren. Der Ausgang stand immer noch offen und Alex schlich in den Flur. Endlich konnte er die falsche Welt hinter sich lassen! Vor ihm erstreckte sich ein kahler, gefliester Korridor, von dem nach beiden Seiten Türen abgingen. Aber obwohl er die schlimmsten Gefahren hinter sich hatte, war ihm klar, dass er keineswegs in Sicherheit war. Niemand durfte ihn sehen, schließlich lief er halb nackt und blutverschmiert mitten auf dem Firmengelände herum. Außerdem konnte es bestimmt nicht mehr lange dauern, bis jemand das Verschwinden seiner »Leiche« bemerkte und Alex’ Trick durchschaute.
Vorsichtig öffnete er die erste der Türen; dahinter lag nur ein geräumiger Materialschrank. Die beiden nächsten Türen waren verschlossen, aber ungefähr in der Mitte des Korridors entdeckte er einen Umkleideraum mit Duschen, Spinden und einem großen Wäschekorb. Er starrte die Dusche an. Klar, dass ihn das wertvolle Minuten kosten würde, aber er konnte den Blutgestank einfach nicht mehr aushalten und musste das Blut abwaschen. Er zog sich aus, duschte und trocknete sich schnell ab. Dann zog er die Kleider wieder an. Bevor er den Raum verließ, durchsuchte er den Wäschekorb und fand ein Hemd, das ihm als Ersatz für sein verbranntes T-Shirt dienen konnte. Es war zwar schmutzig und zwei Nummern zu groß, aber es war immerhin besser als gar nichts. Erleichtert zog er es an.
Dann öffnete er vorsichtig die Tü r – und schob sie sofort wieder zu. Zwei Männer gingen gerade vorbei. Sie unterhielten sich auf Niederländisch und waren auf dem Weg in Richtung Spiegellabyrinth. Alex hoffte, dass die beiden nicht den Auftrag hatten, seine »Leiche« zu beseitigen, denn wenn das der Fall war, würde der Alarm jeden Augenblick losgehen. Er zählte die Sekunden, bis sie vorüber waren, dann schlich er geräuschlos hinaus und lief in entgegengesetzter Richtung durch den Flur.
Der Korridor mündete in ein Treppenhaus. Er hatte zwar keine Ahnung, wohin die Treppe führte, aber er war sicher, dass er sich im Untergeschoss befand und folglich hinaufsteigen musste.
Über die Treppe gelangte Alex in einen kreisrunden, völlig fensterlosen Raum, von dem mehrere Flure abgingen. Er wurde nur durch große Fabriklampen beleuchtet, die in
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