Alex Rider 4/Eagle Strike
entfernt war. Sie wanderten, kletterten, fuhren mit Kanus auf dem Fluss oder ritten über die Felder (allerdings nur ein einziges Mal, denn Reiten gehörte nicht zu Alex’ Lieblingssportarten). Alex mochte Sabinas Eltern sehr. Sie gehörten zu den Menschen, die noch nicht vergessen hatten, dass sie selbst auch einmal Teenager gewesen waren; sie ließen ihn und Sabina selbst entscheiden, wie sie ihre Ferien verbringen wollten. Die letzten sieben Tage waren einfach wunderbar gewesen.
Bis Yassen aufgetaucht war.
Die Adresse stimmt. Es ist alles arrangiert. Wir machen es heute Nachmitta g …
Was hatte der Russe nur in Saint-Pierre vor? Welches böse Schicksal hatte ihn ausgerechnet hierhergebracht und dafür gesorgt, dass schon wieder ein dunkler Schatten auf Alex’ Leben fiel? Trotz der Nachmittagshitze überlief den Jungen ein Schauder.
»Alex?«
Er merkte plötzlich, dass Sabina mit ihm sprach, und drehte sich zu ihr. Sie starrte ihn mit besorgter Miene über den Tisch hinweg an. »Du bist meilenweit weg! Woran denkst du denn jetzt wieder?«, fragte sie.
»An nichts Besonderes.«
»Den ganzen Nachmittag warst du irgendwie anders. Ist heute Morgen etwas passiert? Als du plötzlich vom Strand verschwunden bist?«
»Das hab ich dir doch schon gesagt. Ich wollte etwas trinken.« Er hasste es, sie anlügen zu müssen, aber er konnte ihr unmöglich die Wahrheit sagen.
»Ich hab gerade gesagt, dass wir bald aufbrechen sollten. Ich habe meinen Eltern versprochen, dass wir spätestens um fünf Uhr zu Hause sind. Oh mein Gott! Schau dir nur den Typ dort drüben mal an!« Sie zeigte auf einen Jungen, der gerade an ihnen vorbeiging. »Vier Punkte, Maximum. Gibt’s denn in ganz Frankreich keine gut aussehenden Jungs mehr?« Sie warf Alex einen kurzen Blick zu. »Von dir abgesehen, natürlich.«
»Ach ja? Wie viele Punkte schaffe ich denn?«, grinste Alex.
»Na j a …« Sabina überlegte eine Weile. »Ungefähr zwölfeinhalb«, sagte sie dann. »Aber mach dir nichts draus, Alex. In zehn Jahren bist du perfekt.«
S chreckliche Ereignisse kündigen sich manchmal schon vorher durch kleine Warnzeichen an.
Ein solches Warnzeichen war der Polizeiwagen, der in einem Eiltempo die breite, leere Straße nach Saint-Pierre entlangraste. Alex und Sabina saßen auf den Beifahrersitzen desselben Lastwagens, der sie in die Stadt gebracht hatte. Sie schauten gerade auf eine Herde Kühe hinaus, die auf den Weiden neben der Straße grasten, als ein blau-weißer Streifenwagen mit rotierendem Blaulicht den Lastwagen überholte und dann weiterraste. Alex konnte Yassen nicht aus seinen Gedanken vertreiben, und als er jetzt das Polizeiauto sah, spürte er plötzlich, wie sich sein Magen verkrampfte. Er versuchte sich zu beruhigen. Das war sicherlich nur ein ganz normaler Streifenwagen. Wahrscheinlich hatte das alles nichts zu bedeuten.
Doch dann tauchte auf einmal ein Hubschrauber auf. Er schien ganz in der Nähe abzuheben und schwang sich über ihnen in den hellen Himmel.
»Da muss etwas passiert sein«, sagte Sabina. »Der Hubschrauber kommt direkt aus dem Dorf.«
Aber kam er wirklich aus dem Dorf? Alex war sich nicht sicher. Er schaute ihm nach, als er über sie hinwegflog und dann in Richtung Aigues-Mortes verschwand. Alex atmete immer schneller und spürte, wie sich in ihm eine grauenhafte Furcht zusammenballte.
Und dann bogen sie um die Kurve und Alex wusste, dass seine größten Ängste wahr geworden ware n – aber auf eine Art und Weise, die er sich nicht einmal in seinen schlimmsten Träumen hätte vorstellen können.
Trümmer, zerborstene Mauern, verbogene Stahlträger. Dicker schwarzer Rauch stieg in sich kräuselnden Schwaden in den Himmel hinauf. Ihr Ferienhaus war ein einziger Trümmerhaufen. Nur eine Wand war unversehrt geblieben, schien vortäuschen zu wollen, dass sich der Schaden in Grenzen hielt. Aber der Rest des Hauses war verschwunden. Einfach weg. Alex erkannte sein Messingbett, das halb in der Luft hing. Ein paar blau gestrichene Fensterläden lagen 5 0 Meter entfernt im Gras. Das Wasser im Swimmingpool war braun und schlammig. Die Explosion musste gewaltig gewesen sein.
Um die Ruine herum war eine Flotte von Einsatzwagen und Kleinbussen geparkt. Polizeifahrzeuge, Krankenwagen, Feuerwehren, Anti-Terror-Truppen. Alex kam diese Szene völlig unwirklich vor: Die Fahrzeuge sahen wie bunte Spielzeugautos aus, wirkten irgendwie fremdartig auf ihn.
»Mum! Dad!« Sabina schrie. Sie sprang vom Lastwagen, noch bevor
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