Alexander
Granikos-Fluß findet sich Alexander der persischen Macht gegenüber. Er beschließt schnellen Angriff.
Bei ihm wird der alte Parmenion vorstellig; er warnt: die Übermacht des Feindes sei bedeutend, man spräche von zwanzigtausend Reitern, ebensoviel griechischen Söldnern, Fußsoldaten; das Terrain, mit den steil abfallenden Flußufern, für den Angreifenden denkbar ungünstig.
»Folgt meinem Rate!« schließt der zugleich markige und vorsichtige Greis. »Verzögert diese erste und entscheidende Schlacht!«
Alexander, ganz gespannte Ungeduld, gierig nach der ersten Entscheidung, winkt ab, hochmütig, ungeduldig: »Ich habe den Hellespontos bezwungen, werde ich also dieses Bächlein fürchten?« – Der in Ehren Ergraute, der diese Erwiderung unsachlich und deshalb kränkend findet, zieht sich beleidigt zurück. –
Drüben ist es Memnon, der vom Gefecht abrät. Sein Instinkt spürt, daß Alexander, energiegeladen, wie er heute ist, den Sieg ertrotzen wird, gegen jedes Terrain. In ein paar Wochen, berechnet der Grieche, wird dieser Draufgänger matter sein.
Aber seine Vorsicht verspotten die persischen Offiziere. Das fehlte noch: abzuwarten, sich zurückzuziehen! Der Mazedone sollte sie kennenlernen, es sei hohe Zeit. – Zu solchen Redensarten senkte Memnon hochmütig die Augenlider. Gegen seinen ausdrücklichen Rat wurde obendrein, nur aus Gründen der nationalen Eitelkeit und Prahlerei, die persische Reiterei nach vorne, ganz ans Ufer gestellt, während die griechischen Söldner ihren Platz weiter hinten bekamen. –
Alexander selber leitete den mazedonischen Angriff, man erkannte ihn drüben am weißen Helmbusch, der flatterte. Er und seine jungen Soldaten kamen durchs reißende Wasser mit Schlachtgesang, hinter ihnen lärmten siegesgewiß die Trompeten.
Er und seine jungen Soldaten schrien vor Freude am Kampf. Sie waren noch ebenso lustig wie vor ein paar Tagen beim Spielen, nur von einer wilderen Lustigkeit, die todesbereit war.
Von den steilen Ufern kamen die Pfeile und Wurfgeschosse ihnen entgegen, fünfundzwanzig mazedonische Reiter fielen beim Angriff.
Aber mit so enthusiastischem Ungestüm nahmen das abschüssige Ufer die anderen, daß die persische Übermacht mit Entsetzen zurückwich. Auf dem glitschig nassen Boden der Böschung wurde der Nahkampf immer fürchterlicher. Viele stürzten ins Wasser, dessen schmaler Lauf sich mit Leichen füllte.
Wo Alexanders weiße Feder war, verdichtete sich am ingrimmigsten der Kampf; krumme Schwerter der Perser und leichte Speere der Mazedonen fuhren ineinander, verschränkten sich zum beweglichen Dach und Gitter, das Schatten spendete über den erhitzten Häuptern der Ringenden. – Alexander lachte im heroischen Übermut, denn die Waffe zersplitterte ihm mittendurch; ein Offizier warf ihm, als spielten sie Ball, seine zu.
Mit der stieß der König den persischen Reitergeneral vom Roß, der ihm, vor Wut lauter schnaubend als sein dampfendes Tier, entgegengesprengt kam. Ihn zu rächen, setzte auch schon ein klirrender Kamerad heran. Alexander empfing ihn mit seinen sausenden Hieben.
Er hatte das ausgeliehene Schwert noch in der Wunde des Zweiten, als schon der Dritte hinter ihm den Säbel schwang. Er merkte, direkt über sich, etwas Krummes aufblitzen; ehe er erschrecken konnte, stürzte es schon. Mit der Waffe fiel der Mann, der sie geschwungen hatte. Alexander sah ihn seitlich vom Roß sinken, wobei er rauh brüllte, mehr zornig als klagend, fast schimpfend. Es war der, der ihn beinah getötet hätte, nun quoll ihm schwärzliches Blut aus der Stickerei seines Kleides.
Er aber, der dem Tod entkommene Alexander, spürte eine Hand auf seiner Schulter, deren Druck er kannte: er war zärtlich und fest. Er gehorchte ihm, ließ sich willenlos aus dem Gewühl geleiten. Er dachte träumerisch, während er ritt: diese Hand ist bräunlich und muskulös; ziemlich mager, mit edlen, festen Gelenken, hellen Nägeln, die spitz zulaufen. Nun hat sie mir also das Leben gerettet.
Als er in des Kleitos Gesicht sah, war es voll eines Ernstes, so gesammelt, so undurchdringlich, wie ihn Alexander nur einmal in ihm gefunden hatte: in jener Nacht, da das verhängnisvolle »Du störst mich sehr« gesprochen worden war. »Was begibt sich hinter dieser Stirne?« dachte leidend der Gerettete.
Er sagte gleichzeitig – schon außerhalb des dichtesten Kampfes, aber es surrten doch noch Pfeile um sie herum – : »Du hast mir das Leben gerettet. Wie möchtest du, daß ich dir
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