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Alexander

Alexander

Titel: Alexander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Mann
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den Artemis-Tempel, den er noch vor einigen Tagen geplündert hat. Das Volk ist nicht zur Frömmigkeit aufgelegt, man reißt ihn vom Altar. Fliegen nicht Steine? Sie sind gut gezielt, der kleine Tyrann sinkt zusammen. Man lacht über seine letzte, komische Zuckbewegung; in dieses Gelächter mischt sich ein größerer Lärm, ein Jubeln.
    »Der Befreier ist da!«
    An der Spitze der Reiterkolonne, der Jüngling auf dem weißen Roß, ist so mit Blumen beschüttet, daß man ihn fast nicht erkennt. Er reitet ohne Helm, sein lockig weiches, rotblondes Haar wirft er manchmal mit einer trotzigen Gebärde aus der Stirne. Von diesem Haar schwärmen die Weiber, die Blumen werfen. »Es hat einen Purpurschimmer«, flüstern sie selig. »Und wie jung er aussieht. Er hat einen Mund wie ein Kind. Und so weiche Backen.«
    »Aber sicher kann dieser Mund auch ganz streng werden«, flüstern ehrfurchtsvoll andere, »sicher ganz fürchterlich. Das merkt man an seinen Augen.«
    Er huldigte der Göttermutter mit großem Opfer, das war seine erste Handlung in Ephesos, seine ganze Armee mußte in Gala dabei sein. Vorher freilich war er lange Stunden allein bei ihr gewesen.
    Er wußte mehr von ihr als die meisten, die sie angebetet hatten. Die Geschichte ihrer Heiligkeit verlor sich bis ins ehrwürdige Dunkel Ägyptens. Bis dahin hatte Olympias ihn geführt, wo die Jungfrau, welche die Griechen Artemis nennen, mit der asiatischen Mutter identisch wird, die ihren Geliebten und Sohn verliert, beweint und auferstehen sieht.
    Der ephesischen Gottheit fühlte der Sohn der Olympias sich doppelt und geheimnisvoll verwandt, da sie in der Nacht seiner Geburt mit so furchtbarem Zeichen zu ihm geredet hatte. Das Feuer, mit dem sie sich in jener Nacht hatte schmücken und verzieren lassen, verband sie für immer dem Alexander.
    Der stand lange mit ihr Auge in Auge. Zwischen ihnen schien eine stumme Zwiesprache von großem Inhalte sich zuzutragen. Wurde hier ein Auftrag erneuert, feierlich wiederholt, noch einmal gegeben? –
    Das Porträt, das Alexander von Apelles sich anfertigen ließ, weihte er dem Tempel der Göttin. Es stellte den jungen Sieger in glänzender Geste dar, wie er den Blitz in der Hand schwingt. Die Geste aber, mit der er es überreichte und aufstellte, war demütig.
    Er weilte regierend und ordnend in Ephesos einige Tage. Jedem, der mit Anliegen zu ihm kam, gab er Gehör; ihn fesselte, interessierte, bis ins Detail, alles.
    Wenige Tage nach dem großen Opferfeste brach der König mit seiner Armee nach Milet auf.
    Er berichtete an seine Mutter:
    »Seit meinem Aufenthalt in Ephesos und dem Besuch bei der Großen Mutter fühle ich mich stärker denn je.
    Kleinasien jubelt mir zu, man war der persischen Herrschaft so überdrüssig. Es erfüllt sich, Olympias, es erfüllt sich!«
    Nach der Eroberung von Milet löste Alexander die Flotte auf; so verzichtete er auf eine Auseinandersetzung mit Persien zur See. »Auf dem Meere könnten sie uns überlegen sein«, erklärte er seinen Vertrauten, als er ihnen vom Entschluß Mitteilung machte. »Unseren Siegeszug darf nicht der Schandfleck einer Niederlage stören. Ich will Land erobern, Land befreien, nicht Wasser.«
    Um so wichtiger wurde Halikarnaß in Karien, das den Eingang zum Ägäischen Meer beherrschte. In diese berühmte und feste Stadt hatte sich der Rest der persischen Macht in Kleinasien gesammelt.
    Am Eingang des karischen Reiches erwartete ihn schon eine lebhafte und überschwenglich veranlagte Dame, die Fürstin Ada, die behauptete, rechtmäßige Herrin des karischen Landes zu sein, durch ihren tückischen Verwandten Othontopates, der zur Zeit gegen Alexander rüstend in Halikarnassos sitze, schmählich betrogen.
    Fürstin Ada war so beispiellos geschwätzig, daß einem jeden, der sie hörte, der Atem verging. Sie trug kostbare, übrigens etwas schlampige Kleider, hatte ein angeregtes, aristokratisches Hammelgesicht mit langer Nase, wässerig hellen Augen und einem plappernden Mund. Sie betrachtete den König Alexander sofort und ganz selbstverständlich als ihren Befreier und Ritter, wofür sie ihm schon vorher schwatzhaft dankte.
    »Ihr seid zu liebenswürdig«, schwärmte sie gleich, da sie ihm vorgestellt wurde. »Diese Burschen haben mich kujoniert.« – Und sie erzählte ihm, so zusammenhängend sie‘s konnte, ihre ebenso traurige wie komplizierte Familiengeschichte.
    »Ich hätte dran kommen müssen!« rief sie als Abschluß ihres verflochtenen Romans, der die Schicksale

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