Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alexander

Alexander

Titel: Alexander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Mann
Vom Netzwerk:
bespritzten. Sie umarmten sich, so überschwenglich war ihnen zumute vor Selbstvertrauen, Jugend und schönem Wetter.
    Sie hatten sich, durch Politik und Zufall zusammengewürfelte Schar, noch nie so als Griechen, noch nie so begeistert als Gemeinschaft gefühlt. Der sie aber führte, der Jüngling, er war mehr als ein Mensch.
    Sie sahen ihn, ihren Alexander, mit seinem Hephaistion umschlungen lustwandeln, da fanden sie wirklich, daß es Achill mit dem Patroklos wäre. Der Körper Alexanders war heller, muskulöser und elastischer als der des Hephaistion, der bräunlich, etwas weicher und mit einer Neigung zu lieblicher Schwerfälligkeit schien. Die beiden wandten sich erstaunt, als man plötzlich ihnen zujubelte. Hephaistion lächelte dankbar, denn er hörte, daß sie ihn Patroklos nannten, dabei errötete er und sah schamhaft zur Erde. Alexander, den sie mit enthusiastischem Schrei als Achill begrüßten, dankte ihnen, indem er festlich den Arm erhob, grüßte und lachte.
    Freilich bemerkte den hastig-heimlichen Seitenblick niemand, mit dem er feststellen wollte, ob Kleitos die Szene beobachtete. Aber der saß irgendwo im Versteck, spielte mit Blumen und spann lügenhafte Geschichten. –
    Nachts schliefen die meisten im Freien, viele paarweis ineinander verschlungen. Sie atmeten ruhig nach dem Tage, der herrlich gewesen war.
    Ebenso ruhig atmeten in ihren Zelten die jungen Führer. Sie träumten von den märchenhaften Kriegen, auf deren Schauplatz sie heute zum Spiel gerungen hatten; mancher von ihnen verbarg, mit dem Dolche, den Homer unterm Kissen. – Sie träumten aber auch von den noch größeren Kriegen, deren noch märchenhaftere Helden sie sein würden.
    Als einziger ruhelos richtete Alexander sich auf, starrte erbittert ins Dunkel.
    »Warum hat er mich vorgelassen? Daß er mich besiegen kann, ist schlimm genug; aber daß er es nicht einmal tut – O Kleitos – Kleitos –«
    Zu Lebzeiten seines Vetters, des ebenso grausamen wie geschickten Artaxerxes Ochos, war Dareios Kodomannos erst Vorsteher des Postwesens, dann Satrap von Armenien gewesen. Nachdem der dämonische Zwitter Bagoas aus Ägypten erst den Großkönig Ochos, dessen Geschöpf und Liebling er war, dann seinen Nachfolger Arses ermordet hatte, bekam Dareios, der aus einer Nebenlinie der Achämeniden stammte, die Tiara. Seines Lebens einzige energische Handlung blieb, daß er den fetten und fürchterlichen Bagoas, als dieser bald nach seinem Regierungsantritt ihm den Giftbecher servierte, mit sanfter, aber unerbittlicher Höflichkeit aufforderte, ihn selbst zu trinken; was der wohl oder übel tun mußte. Nachdenklich – unbeteiligt schaute Kodomannos zu, wie das dicke Ungetüm vor seinen Augen in Zuckungen starb.
    Dareios war melancholisch-idyllisch veranlagt, übrigens, wenn es darauf ankam, nicht zimperlich oder sentimental, vielmehr von einer ebenso stillen wie entschiedenen Grausamkeit, freilich ohne die Freude an ihr zu kennen, wie etwa sein Vetter Artaxerxes. Eher widerte es ihn an, wenn er bis zu Foltern oder Hinrichtungen gehen mußte; es bereitete ihm, statt Wollust, Ekel, wenn auch ziemlich vorübergehenden.
    Er tröstete sich mit Blumen und gelehrten Gesprächen. Außerdem hing er sehr ehrfurchtsvoll an seiner Mutter Sisygambis, einer energischen alten Dame, die ihn ihrerseits etwas verachtete; und mit ritterlicher Zärtlichkeit an seiner hübschen und schwermütigen jungen Gattin, die ihm zwei Töchter geschenkt hatte.
    Der Großkönig war keine majestätische Erscheinung, etwas gedrungen und beinahe klein, mit zu umfangreichem Kopfe, den er nachdenklich schief hielt; dazu sinnende, doch leere Augen von schönem Braun.
    Er hatte als junger Mann kein angenehmes Leben gehabt, das Postwesen brachte viel Ärger mit sich, und als Satrap von Armenien war ihm das Bergvolk der Kardusier lästig gewesen. Da seine Widerstandskraft keine sehr große war, fand der Vierzigjährige sich schon müde; die Angelegenheiten seines enormen Reiches, das vom Indus bis zum Hellenischen Meer, vom Jaxartes bis zur Libyschen Wüste ging und das er beinah nicht kannte, interessierten ihn nicht allzu brennend. Die Satrapen ließ er schalten und walten, was sie unverfroren genug und zum bitteren Leidwesen der Bevölkerungen taten; im übrigen verließ er sich auf seine griechischen Söldner, mit deren Hilfe Artaxerxes schon den ägyptischen Aufstand besiegt hatte, und auf die Reitertruppen, die rauhere Länder ihm stellten.
    Das plötzliche Einrücken von

Weitere Kostenlose Bücher