Alexander
Philipps Truppen in sein Kleinasien hatte ihn recht enerviert und verängstigt. Den Schutz des Reiches übertrug er griechischen Söldnern, über diese den Oberbefehl dem Rhodier Memnon, dessen zähe Gewandtheit er schätzte. Nach kurzer Zeit durfte er aufatmen und dem Ahura-Mazda danken: Philipp wurde ermordet, die mazedonischen Truppen zogen davon.
Was wollte nun dieser Alexander, von dem man sagte, daß er sehr jung sei und sehr unheimliche Augen habe? Der Großkönig hatte eine unruhige Nacht; am nächsten Morgen berief er zur Konferenz seine Großen.
Er empfing sie in zeremonieller Aufmachung, freilich sehr bleich. Der fußlange, stark wattierte Rock, auf Taille gearbeitet, machte ihn plump und behindert; dazu die zylindrige Kappe, den Bart sorgfältig gekräuselt, schwere Ohrgehänge, in der Linken den vorgeschriebenen langen Stab, in der Rechten die Blume, mit der er nervös spielte.
Es waren, außer Memnon, verschiedene Herren von Einfluß gemeldet, die teils zum Hofstaat gehörten, teils irgendwelcher Geschäfte oder Vergnügungen halber vorübergehend sich in Babylon aufhielten: Arsites, der Satrap von Phrygien am Hellespont, Spithridates, Satrap von Lydien und Ionien, Atizyes von Großphrygien, Mithrobuzanes von Kappadokien, Omares, der, aus alter Familie stammend, für besonders vornehm galt. Sie rasselten herein, schwarzbärtig, purpur- und goldstarrend; den obligaten Fußfall vor Dareios deuteten sie mehr an, als daß sie ihn ausführten; nur Memnon, der Grieche, berührte mit einer demonstrativen Ausführlichkeit den Boden vor den Füßen seines Herrn mit der Stirne, wozu dieser sich nervös räusperte.
Der Großkönig hatte eine merkwürdig flüchtige und zerstreute Manier, seinen Räten mitzuteilen, worum es sich handele, was diese, die natürlich Bescheid wußten, mit teils besorgten, teils höhnischen Seitenblicken untereinander feststellten; Memnon allein, die zerfurchte Stirn gesenkt, verhielt sich hochmütig und völlig unbeteiligt. – »Kurzum, dieser junge Mazedone bedroht mein Reich«, schloß plötzlich der Monarch seine Ausführungen mit überraschender Ungeduld.
Hier erlaubten seine Räte sich, zu widersprechen. Von ›Bedrohen‹, meinten sie streng, könne doch wohl keineswegs gesprochen werden. Vielmehr handele es sich um einen jungen Eindringling von zwar bemerkenswerter Frechheit, aber ohne alle anderen Hilfsmittel. Man müsse ihm, das freilich sei Ehrensache, schnell und energisch beweisen, was das heiße: in persisches Gebiet unverschämt einzufallen.
Der selbstgefällige Vortrag seiner Kavaliere schien den König schnell zu langweilen und zu ermüden; er nickte und schwieg, manchmal schaute er besorgt auf Memnon, der an der Lippe nagte, das gelbe, bartlose Gesicht sonst unbewegt hielt, unnahbar zur Erde sah.
Nach endlosen Redensarten, die Persiens Größe im allgemeinen zum Gegenstand hatten, kam man endlich zum praktischen Teil der Debatte: zu der Schlacht, die dem Alexander zu liefern war, welche Truppen zu verwenden seien, welches Terrain man für das günstigste halte. Hier griff endlich auch Memnon ein, er brachte scharfe und exakte Vorschläge, bald beherrschte und leitete er alleine die Diskussion. Daraufhin wurde auch Dareios lebhafter.
Erst als das Problem auftauchte, wem der Oberbefehl zu übertragen sei, verstummte der griechische General wieder. Nach einer Pause von durchdringender Peinlichkeit war es der Großkönig, der mit unsicherer Stimme den Memnon vorschlug; aber die anderen widersprachen sofort.
Einem Ausländer, gaben sie aufgeregt zu bedenken, das Kommando über eine Armee, die die nationale Ehre verteidigen solle, anzuvertrauen, ginge denn doch zu weit. Memnon, der wußte, daß man ihn haßte, blickte wieder eisig unbeteiligt, nagte an der Unterlippe und schwieg.
Schließlich kam als Resultat zustande, daß verschiedene Generale gemeinsam den obersten Befehl übernehmen sollten: außer Memnon Arsites, Spithridates und andere mehr.
Memnon nahm mit einer kurzen Handbewegung an, doch der König schien mißmutig: er hatte zu keinem als zu dem wortkargen, eleganten und schlauen Griechen Vertrauen. –
Am selben Tage wurde, um dem Volk zu zeigen, daß man bei Hofe bester Laune war, vom Großkönig eine besonders glänzende Ausfahrt unternommen: er erschien in weiten Purpurhosen, die Tiara vom Edelsteindiadem umwunden. Seiner verzierten Kutsche voraus trabten hundert ledige Pferde, ihr folgten hundert andere, nebenher liefen die Sklaven.
Am
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