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Alibi

Alibi

Titel: Alibi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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waren?»
    «Ich ging in mein Zimmer.»
    «Und blieben dort bis …?»
    «Bis ungefähr zehn Uhr.»
    «Kann das jemand bezeugen?»
    «Bezeugen? Dass ich in meinem Zimmer war, meinen Sie? O nein. Jetzt verstehe ich, Sie denken vielleicht – Sie denken vielleicht …»
    Ich sah Entsetzen in ihren Augen aufflackern.
    Poirot vollendete den Satz für sie.
    « … dass Sie durch das Fenster einstiegen und Mr. Ackroyd töteten, während er vor dem Kamin saß? Ja, das könnte man annehmen.»
    «Nur ein Narr würde so etwas vermuten», mischte Caroline sich ein und klopfte Ursula auf die Schulter.
    Das Mädchen barg sein Gesicht in den Händen.
    «Furchtbar», flüsterte sie. «Furchtbar.»
    Caroline streichelte sie mitleidig.
    «Regen Sie sich nicht auf. Mr. Poirot meint es nicht im Ernst. Was aber Ihren Mann betrifft, so halte ich nicht viel von ihm, das sage ich Ihnen offen. Einfach wegzulaufen und Sie Ihrem Schicksal zu überlassen …»
    Aber Ursula schüttelte energisch den Kopf.
    «O nein», rief sie. «So war es sicher nicht. Ich verstehe es erst jetzt. Als er von der Ermordung seines Stiefvaters hörte, dachte er vielleicht, dass ich es getan hätte …»
    «So etwas kann er doch nicht gedacht haben!», rief Caroline.
    «Ich war ja an jenem Abend so grausam zu ihm – so hart und so verbittert. Ich sprach die kältesten, grausamsten Worte, die mir in den Sinn kamen.»
    «Schadet ihm nichts», sagte meine Schwester. «Regen Sie sich nie über etwas auf, was Sie zu einem Mann sagen.»
    «Ich war ganz außer mir, als der Mord entdeckt wurde und Ralph sich nicht meldete. Nur einen Augenblick zweifelte ich, dann wusste ich, dass er es nicht gewesen war – es unmöglich sein konnte … Ich wusste, er hatte Doktor Sheppard sehr gern, und ich dachte, dass Doktor Sheppard vielleicht wusste, wo Ralph sich versteckte.» Sie sah mich an. «Und darum wandte ich mich an Sie. Ich dachte, Sie könnten ihm vielleicht eine Nachricht zukommen lassen.»
    «Ich?», rief ich.
    «Woher sollte James wissen, wo er sich aufhält?», fragte Caroline scharf.
    «Es war unwahrscheinlich, ich weiß es», gab Ursula zu, «aber Ralph sprach oft von Doktor Sheppard, und ich wusste, dass er ihn für seinen besten Freund in King’s Abbot hielt.»
    «Mein liebes Kind», sagte ich. «Ich habe nicht die geringste Ahnung, wo Ralph sich zurzeit aufhält.»
    «Das mag stimmen», warf Poirot ein.
    «Aber …» Ursula hielt uns bestürzt den Zeitungsausschnitt entgegen.
    «Ach das!», meinte Poirot etwas verlegen. «Hat nichts zu bedeuten, Madame. Nicht eine Sekunde lang glaube ich, dass Ralph Paton verhaftet wurde.»
    «Aber dann …»
    «Eines wüsste ich gern. Hat Captain Paton an jenem Abend Schuhe oder Stiefel getragen?»
    Ursula schüttelte den Kopf.
    «Ich kann mich nicht erinnern.»
    «Wie schade! Aber wie sollten Sie auch? Und nun, Madame», er lächelte ihr zu, neigte den Kopf zur Seite und hob den Zeigefinger, «keine weiteren Fragen mehr. Quälen Sie sich nicht. Seien Sie guten Mutes, und vertrauen Sie auf Hercule Poirot.»

23
     
    « J etzt aber», Caroline erhob sich, «kommen Sie mit in mein Zimmer und erholen sich etwas. Sorgen Sie sich nicht, Kleine. Mr. Poirot wird für Sie tun, was er kann – seien Sie davon überzeugt.»  
    «Ich muss aber nach Fernly zurück», sagte Ursula unsicher.
    Doch Caroline brachte ihre Einwände energisch zum Schweigen.
    «Unsinn. Jetzt stehen Sie unter meinem Schutz. Jedenfalls müssen Sie vorläufig hierbleiben. Nicht wahr, Mr. Poirot?»
    Sie war sich der Antwort im Voraus sicher.
    «Es wird das Beste sein», stimmte der kleine Belgier zu. «Ich werde Mademoiselle, entschuldigen Sie, Madame, heute Abend bei meiner kleinen Gesellschaft brauchen. Um neun bei mir. Ihre Anwesenheit ist von höchster Bedeutung.»
    Caroline nickte und verließ mit Ursula das Zimmer.
    «Soweit ging alles gut», sagte Poirot. «Die Situation klärt sich.»
    «Es sieht wirklich immer schlimmer für Ralph Paton aus», bemerkte ich düster.
    «Jawohl. Aber es war zu erwarten, nicht wahr?»
    Plötzlich seufzte er und schüttelte den Kopf.
    «Was haben Sie?», fragte ich.
    «Manchmal übermannt mich die Sehnsucht nach meinem Freund Hastings. Das ist der Freund, von dem ich Ihnen erzählte, der jetzt in Argentinien lebt. Sooft ich einen großen Fall hatte, war er an meiner Seite. Und er half mir, denn er besaß das Talent, unvermutet über die Wahrheit zu stolpern, ohne es selbst zu merken. Manchmal sagte er etwas ganz besonders

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