Alice Browns Gespuer fuer die Liebe
sie vage ins Telefon und war mit den Gedanken schon wieder ganz woanders. »Demnächst zum Mittagessen.« Damit ließ sie den Hörer auf die Gabel fallen, ohne eine Antwort abzuwarten. Sie hatte bekommen, was sie wollte. Lady Denham als Kundin zu gewinnen gehörte nicht dazu. Neugierig klickte sie auf den Button mit der Aufschrift Galerie und hielt den Atem an, während sie die Auswahl der männlichen Begleiter durchsah.
Und tatsächlich. Da war er. John Cracknell. Das unverwechselbare Gesicht, ihr von vielen BdP-Bällen vertraut, lächelte ihr sympathisch vom Monitor entgegen. Nur dass er nicht John Cracknell hieß, sondern John Marlowe. Seine Interessen waren das aktuelle Weltgeschehen, Sport und Gärtnern. Er war einundvierzig, und man konnte ihn zum Höchstsatz der Agentur G. Ashby Appointments für einen Abend buchen.
Zufrieden lehnte Sheryl sich zurück und lächelte siegesgewiss.
»Erwischt!«, trompetete sie laut durch ihr leeres Büro.
John
Z um tausendsten Mal an diesem Abend lächelte John seine Alice strahlend an und musste sich immer wieder fragen, womit er es nur verdient hatte, dass es ihm so gut ging. Er konnte kaum fassen, dass sie tatsächlich hier war, in seiner Küche, sein Essen aß und seinen Wein trank und hoffentlich bald schon in seinem Bett schlief.
»Soll ich dir was sagen?«, bemerkte er grinsend. »Abgesehen von Emily und Geraldine bist du die erste Frau seit fünfzehn Jahren, die ich bekoche!«
Alice lächelte, schien aber in Gedanken ganz woanders. Sie legte die Gabel beiseite. »Was machen wir denn jetzt mit Audrey?«, fragte sie leise, und dabei klang ihre Stimme kleinlaut und besorgt. »Auf keinen Fall darf sie es durch Zufall erfahren. Das wäre nicht fair.«
»Nein?« John musste daran denken, was für ein hartes, mitleidloses Gesicht Audrey beim Ball gemacht hatte.
»Es wäre eine Demütigung für sie. Ganz so, als würden wir ihr nicht nur das Herz brechen, sondern uns auch noch über sie lustig machen.«
»Ich sage dir was«, erklärte John leichthin, »zum ersten Mal in meinem Leben ist es mir egal, wie es Audrey dabei geht, oder auch irgendeiner anderen meiner ehemaligen Klientinnen. Darauf habe ich lange genug Rücksicht genommen. Es wird endlich Zeit, dass ich mich um die kümmere, die mir wirklich wichtig sind: du, ich und Emily. Ach ja, und nicht zu vergessen Buster.« Er schaute Alice an und sah die Sorge in ihrem Gesicht. »Du schuldest ihr gar nichts, weißt du. Sie hat dich jahrelang schlecht behandelt.«
»Aber sie meint es doch nicht so.«
»Nein, sie ist einfach so!«
Aber Alice machte noch immer ein betretenes Gesicht. Sie schob den nur halb leer gegessenen Teller beiseite.
»Du hast es dir doch nicht etwa anders überlegt, oder?«, fragte er unvermittelt.
»Aber nein!«, rief Alice energisch. »Ich muss nur ständig daran denken, wie es ihr wohl gerade geht und wie elend sie sich fühlen wird, wenn sie das mit uns beiden erfährt. Beim nächsten Ball wird sie erklären müssen, warum du sie nicht mehr begleitest. Vermutlich wird sie erzählen, ihr lasst euch scheiden.«
»Meinst du wirklich?«, fragte John. »Ich glaube eher, sie wird einfach behaupten, ich sei auf einer Geschäftsreise und deshalb verhindert. Sie hat ihr Lügennetz schon viel zu eng gesponnen, da kommt sie so leicht nicht wieder raus.«
Alice dachte kurz nach.
»Wenn du mich fragst«, brummte John grimmig, »dann würde ich sagen, je eher sie über uns Bescheid weiß, desto besser. Es wird ihr guttun, sich aus ihrer Traumwelt zu befreien. Glaub mir, ich muss es wissen. Die Freiheit fühlt sich herrlich an!«
»Dann setzt sie mich vor die Tür«, entgegnete Alice traurig. »Sie hat zwar keinen Grund dazu, aber sie wird es trotzdem tun.«
John überlegte einen Moment lang.
»Wäre das denn wirklich so schlimm? Du hast was Besseres verdient als Table For Two, schließlich bist du eine großartige Partnervermittlerin. Eigentlich solltest du deine eigene Agentur leiten.«
»Aber ich mag meinen Job.«
»Es gibt noch andere Jobs da draußen.«
»Und ich mag meine Klienten.«
»Es gibt auch noch andere nette Klienten!«
»Ich weiß«, murmelte Alice wenig überzeugt und schaute ihn betrübt an. John schob seinen Teller ebenfalls beiseite, streckte die Hand über den Tisch nach ihr aus und streichelte ihre Wange.
»Machen wir uns heute Abend keine Sorgen darüber. Du bist das Beste, was mir seit einer Ewigkeit passiert ist, und das will ich mir nicht von dem Gedanken an Audrey
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