Alice Browns Gespuer fuer die Liebe
Tag, manchmal nur, um sich gegenseitig zu erzählen, dass sie beim Mittagessen wieder mal viel zu ungezügelt zugeschlagen hatten. Aber auf keinen Fall würde Lou den ersten Schritt machen und sich entschuldigen. Einiges von dem, was Kate ihr an den Kopf geworfen hatte, lag ihr noch immer wie Blei im Magen; ganz so, als hätte sie etwas Unverdauliches gegessen.
Sie spülte die letzte Abtropfwanne aus und beobachtete Simon unter gesenkten Wimpern hervor. So wie Kate es dargestellt hatte, klang es, als führte sie ein wirklich bemitleidenswertes Lotterleben. Tja, die Worte sollten ihrer Freundin noch im Hals stecken bleiben, sie würde es ihr schon zeigen. Sie würde beweisen, dass sie nicht nur indiskutable Typen abschleppen konnte, sondern durchaus auch welche mit Schwiegersohnpotenzial. Die Tonys dieser Welt waren nicht die einzigen Männer, die sich für sie interessierten. Nein, wenn sie wollte, konnte sie jeden haben, selbst die gestriegelten und gebügelten Vorstadt-Spießer, von denen Kate sich so gern einen angeln wollte. Das würde ihr ein für alle Mal das Maul stopfen. Lou würde ihr schon zeigen, dass man keine dämliche Verkupplungsagentur brauchte, um einen »richtigen« Mann abzubekommen. Und dass sie vollkommen falsch lag mit ihrer schlechten Meinung über ihre beste Freundin.
Lou würde sich Simon schnappen.
Sheryl
S heryl stand vor dem Privet und witterte einen handfesten Skandal. Ihr wurde ganz kribbelig bei dem Gedanken.
»Hast du das gesehen?«, zischte sie Brad zu, als der zur Tür hinausstolperte und neben ihr zum Stehen kam.
»Was gesehen, Babe?«
»John Cracknell!«
Brad guckte bloß verständnislos.
»Audrey Cracknells Mann, du Depp! Der saß da drin. Mit einer anderen Frau!«
Sheryl spähte zurück in die Lobby und sah aus, als wolle sie jeden Augenblick wieder hineinstürzen, um sich gierig sattzu- glotzen. »Und sie sah viel besser aus als Audrey!«, fügte sie schadenfroh hinzu. Ihr Gesicht verzog sich zu einem sadistischen Lächeln. »John Cracknell!«, schnurrte sie in die kalte Abendluft. »Du gerissener Hund!«
Brad trat unbehaglich von einem Bein aufs andere.
»Das geht dich nichts an, Babe.«
»Mach dich nicht lächerlich! Er beschmutzt sein eigenes Nest, und das geht jeden was an!« Sie lachte fies. »Tja, tja, tja. Geschieht Audrey ganz recht. Diese scheinheilige alte Ziege. Dauernd schwadroniert sie von ihrer Ehe, die steht ›wie ein Fels in der Brandung‹, und himmelt ihren Mann an wie ein verliebter Backfisch. Aber ich wusste von Anfang an, dass da irgendwas faul ist. John passt einfach nicht zu ihr; er sieht viel zu gut aus. Und nun schaut er sich offensichtlich außerhalb des Ehebetts um. Er hat eine Affäre!«
Brads Blick wanderte sehnsüchtig zum Taxistand ein paar Meter weiter.
»Nur weil er mit einer anderen Frau zum Essen geht, heißt das noch lange nicht, dass er fremdgeht. Bestimmt hat das gar nichts zu bedeuten«, widersprach er ihr sanft. »Vielleicht ist es seine Schwester.«
Worauf Sheryl nur verächtlich schnaubte, um dann zum Fenster zu marschieren und durch die Scheibe die Gäste anzustarren.
»Die Frau kenne ich«, murmelte sie nachdenklich.
»Babe, ich glaube, wir nehmen jetzt am besten ein Taxi.«
Ungeduldig wedelte Sheryl ihn beiseite wie eine lästige Fliege.
»Wo habe ich die bloß schon mal gesehen?«, überlegte sie laut. Jetzt hatte sie Blut geleckt. Sie geriet richtig in Wallung.
»Baby, jetzt komm. Du hast mir versprochen, dass wir früh genug daheim sind, um den Film zu sehen.«
»Himmel auch, Brad«, zischte sie erbost. »Geh einfach nach Hause. Ich habe zu tun.«
»Du willst doch nicht etwa noch mal da reingehen?«
»Nein«, entgegnete sie nicht gerade überzeugend, den Blick immer noch auf John und seine Begleiterin gerichtet. »Mir ist gerade was eingefallen. Ich muss kurz ins Büro.«
Und damit gab sie Brad einen flüchtigen Kuss auf die Nase und wandte sich wieder ihren Beobachtungsobjekten zu.
»Nacht, Schatz«, murmelte sie geistesabwesend über die Schulter.
Ganz am Rande hörte sie Brad missbilligend mit der Zunge schnalzen und dann in ein Taxi steigen. Doch sie blieb, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, was eventuell vorbeikommende Passanten von ihr denken mussten, wie angewurzelt vor dem Fenster stehen, wo ihr Raubtieratem die Scheiben beschlagen ließ, während sie sich den Kopf darüber zerbrach, wer die elegante Dame mit dem üppigen Schmuck wohl sein könnte.
Alice
A lice glaubte, vor Glück
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