Alice Browns Gespuer fuer die Liebe
kaputt und niedergeschlagen wie sie selbst.
»Guten Morgen, Miss Brown«, grüßte Maurice Alice höflich. »Wären Sie so nett und machen Ms Cracknell bitte eine Tasse Tee? Mit besonders viel Zucker.«
»Natürlich!«, entgegnete Alice verdutzt und sprang sofort auf. Audrey glaubte, einen Hauch Enttäuschung in ihrer Stimme zu hören. Was machte sie denn so früh schon im Büro? Hatte sie Audrey etwa allein sprechen wollen?
Aber ihr blieb keine Zeit zum Nachdenken. Maurice rauschte mit ihr durch das Büro und hielt ihr die Tür zu der gläsernen Enklave auf, ehe er sie dann vorsichtig hinter ihr zumachte. Wohl wissend, dass Alice sie womöglich beobachtete, zog Audrey befangen den Mantel aus und verfluchte sich still, als eine ganze Lawine zerknüllter, tränenfeuchter Taschentücher aus dem Ärmel rutschte und zu Boden fiel.
»Lassen Sie, ich mache das schon.« Rasch sammelte Maurice sie ein und warf sie in den Papierkorb. Dann griff er in die Innentasche seines Mantels und zog eine Visitenkarte heraus.
»Ich bin mir sicher, Sie kommen auch allein zurecht«, sagte er freundlich. »Und ich weiß, Sie haben bestimmt Dutzende Freunde, mit denen Sie lieber reden als mit mir. Aber manchmal tut es ganz gut, einem Fremden das Herz auszuschütten. Nun bin ich Ihnen zwar nicht völlig fremd, aber für diesen Zweck dürfte es genügen. Was ich damit sagen möchte, ist, Sie sind herzlich eingeladen, mir Ihr Problem darzulegen. Ehrlich gesagt, würde ich mich freuen. Es wäre mir eine Ehre, Ihnen irgendwie auch einmal von Nutzen sein zu dürfen.«
Zögernd nahm Audrey die Karte entgegen. Sie wusste nicht, was sie dazu sagen sollte.
»Wir kennen uns nicht besonders gut«, fuhr Maurice sehr förmlich fort, »aber ich möchte Ihnen versichern, dass ich Sie als Partnervermittlerin sehr schätze, und als Geschäftsfrau und als Frau, und es schmerzt mich, Sie so unglücklich zu sehen. Ich stehe Ihnen jederzeit zur Verfügung, Tag und Nacht. Sollten Sie irgendetwas brauchen, ganz gleich, was es ist, rufen Sie mich einfach an.«
Bei diesen mitfühlenden Worten stiegen Audrey erneut Tränen in die Augen, und sie musste schlucken. Mit einem schiefen Lächeln sah sie ihn dankbar an.
Maurice machte sich mit einem Nicken und einer leichten Verbeugung rückwärts auf in Richtung Glastür. Gerade, als er im Türrahmen stand, kam Alice mit dem Tee.
»Danke, Alice«, krächzte Audrey und versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Aus den Augenwinkeln sah sie Alice unschlüssig in der Tür stehen, schaute sie jedoch nicht an. Stattdessen sah sie Maurice nach, der durch das Büro nach draußen ging. Sein Mantel verschwand durch die Tür, und mit einem Mal fühlte sie sich nicht mehr so sicher wie gerade eben noch.
»Audrey?«, fragte Alice zögerlich.
»Jetzt nicht«, entgegnete sie leise und wandte den Blick nicht von der Stelle, wo sie Maurice’ Mantel zuletzt gesehen hatte.
Dann wurden sie zum Glück abgelenkt, denn Bianca und Cassandra platzten herein. Alice drehte sich zu ihnen um, und Audrey griff rasch nach dem Telefonhörer und tippte blind eine erfundene Nummer ein. Widerstrebend verließ Alice das Glasbüro ihrer Chefin und ging hinaus zu ihren laut plappernden Kolleginnen.
Mit einem tiefen Seufzer der Erleichterung drehte Audrey sich auf ihrem Stuhl herum und tat, als telefonierte sie.
Alice
E s ging schon auf Mittag zu, und von einer flüchtigen Begrüßung und einem Dankeswort für den Tee abgesehen hatte Audrey Alice bisher links liegen gelassen. Und alle anderen ebenso. Keinen Fuß hatte sie vor die Tür ihres gläsernen Büros gesetzt. Entweder war sie in Papierkram vertieft oder mit einem ihrer wichtigen Telefonate beschäftigt. Fast schien es, als gebe es die Welt auf der anderen Seite der Glaswand nicht.
Emsig über den Computer gebeugt und, wie sie hoffte, ebenso arbeitsam wirkend wie Audrey, wartete Alice auf eine Gelegenheit, rasch in das Büro ihrer Chefin zu schlüpfen und sie um Entschuldigung zu bitten. Audrey wirkte müde. Aber abgesehen davon merkte man ihr die Strapazen des vergangenen Tages nicht an.
Die Einzelheiten von Audreys kuriosem Liebesleben waren heute Biancas und Cassandras einziges Gesprächsthema. Mehrmals hatte Alice versucht, den Tratsch zu unterbinden, aber die Mädels hatten sie nur böse angeguckt und sie angefaucht, sie sei hier nicht der Chef, und irgendwann hatte sie es aufgegeben. Zusammen kauften die beiden sicher ein Dutzend Klatschzeitschriften in der Woche; sie also daran
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