Alice im Zombieland (German Edition)
war nur eine Fata Morgana, doch war das wirklich wichtig? Sie war hier bei mir. Ich hatte sie so sehr vermisst. Okay, wenn mein Hirn ein Bild von ihr formen wollte, würde ich nicht dagegen angehen. Sie. War. Hier. „Wie geht es dir, Schwesterherz?“
„Du musst ins Haus gehen, Alice. Sonst ist es gleich zu spät.“
„Zu spät wofür?“ Ich hätte alles dafür gegeben, sie in meine Arme zu schließen und sie fest an mich drücken zu können. Ich hätte sie niemals wieder losgelassen.
Sie blickte mich mit ihren bernsteinbraunen Augen an, und ich sah Tränen darin schimmern.
„Bitte!“
Ich würde alles tun, was sie wollte - nur mich nicht von ihr trennen. „Kommst du mit mir?“
„Alice, bitte! Du musst …“ Ihr Bild verblasste, genauso wie ihre Stimme immer leiser wurde. „Bitte.“
„Nein!“, rief ich. Gab es etwas Grausameres, als meine Schwester zu sehen, nur um sie gleich darauf wieder zu verlieren? „Geh nicht weg!“ Ich brauche dich. Real oder nicht . Doch sie war verschwunden. Mit ihr der süße Duft. Wie wild drehte ich mich im Kreis, suchte nach irgendeinem Anzeichen von ihr.
Der niederschmetternden Enttäuschung folgte lebensrettende Hoffnung. Vielleicht war sie ja nicht für immer gegangen. Vielleicht hatte sie einen Grund, weshalb sie mich hineinschickte. Womöglich, weil sie dort mit mir reden wollte.
Ich rannte zum Tor zurück, schloss es hinter mir und eilte durch den Garten ins Haus und die Treppe hoch, ohne darauf zu achten, ob mich meine Großeltern hörten oder nicht. Eine Ewigkeit schien vergangen zu sein, bis ich endlich in mein Zimmer stürzte.
„Emma?“
Stille. Ich durchsuchte jeden Winkel, jede Ecke und jedes Schlupfloch, aber sie war nicht da.
Ich wartete fünf Minuten, zehn, doch sie kam nicht.
Meine Hoffnung erstarb, die Enttäuschung war wieder da. „Emma“, sagte ich, mein Kinn zitterte. Oben an der Zimmerdecke raschelte leise der Ventilator, sonst war nichts zu hören.
Ich hatte die Vorhänge offen gelassen, wie ich unbewusst registrierte, und ging ans Fenster, um sie zuzuziehen. Als ich sie berührte, erstarrte ich.
Bridezilla … und ein Wesen, das ihr Bräutigam hätte sein können, standen direkt hinter dem Zaun, beide vom Mondlicht angestrahlt. Sie starrten zu mir herauf, die Zähne gefletscht … die sehr spitzen Zähne.
Ihr Brautkleid war zerrissen, schmutzig, ihre Augen eingesunken. Sie trug keinen Brautschleier, ihr Kopf war fast kahl, nur ein paar dünne Haarbüschel hingen daran.
Der Typ an ihrer Seite hatte einen Smoking an, der genauso zerlumpt war wie ihr Kleid. Auch seine Augen wirkten eingesunken in den Höhlen, und der Kopf war nur spärlich mit Haarsträhnen bedeckt.
Bridezilla streckte einen Arm aus, als würde sie nach mir greifen.
Ich schreckte zurück, stolperte und fiel auf meinen Hintern. Der Ruck schien mein Hirn durchzurütteln, und mir kamen mit einem Mal ein paar Gedanken. Echte Monster hätten mich angegriffen, solange sie die Gelegenheit gehabt hätten. Das musste ein Scherz sein. Das waren wahrscheinlich zwei Verkleidete, die sich angemalt hatten. Andererseits … wer sollte sich so einen Spaß machen? Wer würde sich nur für einen Witz über einen so langen Zeitraum diese Mühe geben? Wer wusste, dass es die perfekte Art wäre, mich zu quälen?
Niemand, so war das.
Meine Theorie musste ich wohl noch mal überdenken. Ich nahm allen Mut zusammen, stand wieder auf und stellte mich ans Fenster. Ein weiterer Blick nach draußen … zeigte, dass sie verschwunden waren. Weg.
Vor Frustration hätte ich fast aufgeschrien.
Was zum Teufel war hier los? Was hatte ich gesehen? Und wie konnte ich mit meiner kleinen Schwester gesprochen haben?
Langsam sank ich auf die Knie und legte den Kopf in meine Hände. Ich war noch schlimmer als mein Vater. Das war jetzt nicht mehr zu leugnen.
Oh Daddy . Ich hätte netter zu ihm sein sollen. Ich hätte mehr Zeit mit ihm verbringen müssen, größeres Verständnis für seine Psychose aufbringen, mehr Mitgefühl zeigen müssen. Ich hätte ihn trösten sollen, statt mich über ihn zu beschweren.
Hätte. Ich fand keinen Trost in diesen Gedanken, nur Angst spürte ich.
5. KAPITEL
Das todbringende Kaninchen kehrt zurück
Am nächsten Morgen, als ich durch die Flure der Asher High lief (Go Tigers), brannten mir die Augen vor Müdigkeit. An den Wänden hingen noch mehr Poster als sonst, diesmal zusätzlich geschmückt mit Fähnchen. Ich hatte die ganze Nacht in der verzweifelten Hoffnung auf
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