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Alicia - Gefaehrtin der Nacht

Alicia - Gefaehrtin der Nacht

Titel: Alicia - Gefaehrtin der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Michelsen
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Ausschnitt. Erstaunlicherweise fühlte es sich gut an, und ich war kein bisschen unsicher. Reichlich ungeniert ließ der Kunde seinen schmierigen Blick über meinen Körper wandern. Beinahe hätte ich die Zähne gefletscht bei der Aussicht darauf, dass ich in Kürze seinen feisten Hals zerfetzen würde. «Alicia? Guten Abend! Möchten Sie sich zu mir setzen und, äh … erst etwas trinken?»
    Ich lächelte schüchtern und fuhr mir blitzschnell mit der Zunge über die Lippen. Dann beugte ich mich vor und legte meine Lippen an das fleischige Ohr: «Lass uns doch lieber gleich gehen, Süßer.»
    Ich ließ meine Brust über seine Schulter streifen . Als ich mich aufrichtete, fielen dem Dicken fast die Augen aus dem Kopf. Ich hatte gar nicht gewusst, dass ich so mit einem Mann umgehen konnte, doch ich sah bereits, dass es funktionierte. Also drehte ich mich auf dem Absatz um und stolzierte auf den Ausgang zu. Natürlich würde er mir folgen, daran hatte ich keinen Zweifel.
    An der Tür berührte ich das Amulett und murmelte die Worte, die Laurean mir eingeschärft hatte. Auf der Straße wandte ich mich nach rechts. Der Kunde hatte Mühe, mit meinen weit ausholenden Schritten mitzuhalten. Die Absätze meiner hohen Stiefel knallten auf das Pflaster. Ich konnte den Blutdurst kaum noch zügeln, doch solange andere Passanten um uns herum waren, durfte ich kein Risiko eingehen.
    « Hallo, wo gehen wir denn hin? Ich habe doch im Hotel ein Zimmer, wollen wir nicht lieber …»
    Ich hörte den Dicken hinter mir keuchen.
    «Gleich, Süßer, wir sind gleich da.»
    Mein Ziel war ein brachliegendes, verwildertes Grundstück unweit des Hotels. Laurean hatte mir gesagt, dass dies ein guter Ort war. Ich hätte den Mann auch auf sein Zimmer begleiten können, doch im Schutz der Nacht und unter freiem Himmel fühlte ich mich sicherer. Es war ganz nah. Ohne mich umzusehen, ergriff ich den Arm des Mannes und zog ihn in die mit Unkraut überwucherte Einfahrt. Nach wenigen Schritten hatte das Unterholz uns verschluckt. Wir gelangten auf eine kleine Lichtung, die von der Straße aus nicht zu sehen war. Ganz schwach nur fiel der Lichtschein der nächsten Straßenlaterne durch das Geäst auf die Stelle, an der wir standen. Der kleine, dicke Mann japste, er war noch ganz außer Atem. Beinahe hätte er mir leid getan, aber der Hunger war zu groß. Ich knurrte und warf ihn zu Boden.
    «Au … he, nicht so wild …was bist du denn für eine …»
    Während der Mann hilflos stammelte, riss ich ihm die verschwitzte Krawatte herunter. Er war nur noch eine Beute. Ich zerfetzte das Hemd und warf mich über ihn, bog seinen Kopf zurück und biss zu. Der weiche Körper unter mir bäumte sich noch einmal auf, dann gab er zuckend nach, während ich Blut und Leben in mich aufnahm. Ich saugte und schmatzte voller Wohlbehagen, da spürte ich schon, wie sie näher kamen. Angelockt vom betörend süßen Duft des frischen Blutes dauerte es niemals lange, bis die Inzepat uns mit einer Mischung aus Gier und Unterwürfigkeit umkreisten. Sie stellten die niedrigste Stufe im Stamm der Salizaren dar, die ohne jegliche Privilegien am Rande des Stammes lebten, eine Kaste von Unberührbaren im Stammessystem der Salizaren. Über ihnen standen die Suprimat, eine Art bürgerlicher Mittelschicht, über denen wiederum die höchste Kaste, die reinblütigen Nobilat angesiedelt waren. Mit seiner Entstehung wurde jedem Salizaren die Zugehörigkeit in eine der Kasten zugewiesen. Nur Laurean als ihrer aller Herrscher stand außerhalb der Kasten und ihm allein oblag es, seine Untertanen innerhalb des Systems zu erhöhen oder zu erniedrigen. Die Inzepat durften nicht selbst jagen, daher stürzten sie sich wie Aasgeier auf tote Menschen und Tiere, um ihren Blutdurst zu befriedigen. Manchmal überließen die Höheren des Stammes ihnen eine Beute, wenn sie ihre Gier gestillt hatten. Wenn Laurean zugegen war, wagten die Niederen sich niemals näher als ein paar Schritte heran.
    Vorsorglich stieß ich ein warnendes Knurren aus. Noch hielten sie sich im Unterholz verborgen, aber ich konnte hören, wie sie lüstern hechelten. Auch wenn Laurean nicht in der Nähe war, so glaubte ich nicht, dass sie es wagen würden, mir die Beute streitig zu machen. Ich schlug meine Zähne erneut in den feisten Hals. Da erklang in der Nähe ein wütendes Grollen, das mich zusammenzucken ließ. Ich ließ augenblicklich von der Beute ab und sprang auf. Eine hohe Gestalt trat mir aus dem Unterholz entgegen. Ein

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