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Alicia - Gefaehrtin der Nacht

Alicia - Gefaehrtin der Nacht

Titel: Alicia - Gefaehrtin der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Michelsen
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Urteil bedeutete die schlimmste Demütigung, die einem Salizaren widerfahren konnte. Im hinteren Bereich der Gruft, welcher der untersten Kaste vorbehalten war, schnatterten die Inzepat erregt durcheinander. Die Neuigkeit hatte sich schnell herumgesprochen: Zu diesem Blutfest durften die Niederen des Stammes sich nicht nur über die Sklaven hermachen, sondern sich am Blut eines Nobilat laben. Desan wurde in die Ecke der Inzepat geführt, wo ihn ein vielstimmiges, lüsternes Grunzen begrüßte.
    Ich fragte mich, ob die Strafe, die Laurean verhängt hatte, seinen ungehorsamen Bruder in die Schranken verweisen würde oder ob dessen Hass dadurch nur noch tiefer würde. Doch es stand mir nicht zu, die Entscheidungen des Salizarenfürsten infrage zu stellen. Unterdessen hatte auch mein eigener Blutdurst Oberhand gewonnen und ich dachte nicht länger über Desan nach. Laurean nickte in Richtung der Wächter, die immer noch meine Blutsklavin festhielten. Diese kniete nun vor meinen Füßen nieder und senkte ergeben den Kopf. Die umstehenden Salizaren grunzten beifällig, während ich mich über die Sklavin beugte und meine Reißzähne in den biegsamen Hals schlug. Ich saugte und schmatzte gierig, bis ich mich darauf besann, dass der Stamm wartete, also hob ich den Kopf und ließ das Blut über meine geöffneten Lippen, den Hals und die Brust rinnen. Laurean nickte beifällig, damit war Sânge Prospăt eröffnet. Im nächsten Moment stürzten sich Hunderte von Salizaren laut aufheulend auf die Meute der Sklaven.
    Bald war die Luft erfüllt vom betörenden Duft des roten Saftes und der ganze Stamm der Salizaren verfiel in einen Zustand vollkommener Ekstase. Der Boden der Gruft dampfte von der Hitze der Körper, die sich unermüdlich über Blutsklaven hermachten. Sie wälzten sich im Blut der Unglücklichen, die bald am ganzen Körper mit Bisswunden übersät waren. Da sie Salizarenblut getrunken hatten, konnten sie nicht sterben. Wenn das Blutfest beendet war, würde man ihre Wunden schließen und sie bis zum nächsten Fest in ihr Verließ sperren. Doch die Nacht war lang und je mehr Blut unsere Kehlen hinabrann, umso berauschter wurden wir. Wir hatten längst unsere Abollas abgelegt, die nur hinderlich waren und nicht beschmutzt werden durften. Unsere bloßen, blutüberströmten Körper glänzten im Licht der Feuern und Fackeln. Im Morgengrauen gab Laurean mir ein Zeichen, dass es Zeit war, in die Villa zurückzukehren. Als der Fürst die Gruft verließ, war das Fest beendet. Die entkräfteten Slaven wurden fortgebracht und die Salizaren sanken ermattet dort zu Boden, wo sie zuletzt gewütet hatten.
    Schweigend stiegen wir die Treppe hinauf und betraten den holzgetäfelten Saal in dem Moment, als die Sonne ihren ersten blassen Strahl über den Horizont schickte. Das Kaminfeuer war am Erlöschen. Laurean streckte sich auf unserem Lager aus und ich folgte ihm, bettete meinen Kopf an seiner Brust. Ich atmete den Duft seines Körpers ein, der so gut nach ihm roch, einfach nach Laurean, und nach frischem Blut.
    Die se Zeit im Morgengrauen war für mich die schönste des Tages. Des Nachts jagten wir, machten Beute und ließen unseren Trieben freien Lauf. Doch dieser Moment gehörte nur Laurean und mir. Dann gab ich mich kurz der Illusion hin, wir seien einfach ein Mann und eine Frau, die sich liebten. Ich konnte nicht mit Gewissheit sagen, was diese Zweisamkeit ihm bedeutete, doch in einem war ich mir sicher: Es entsprach ganz und gar nicht dem Wesen der Salizaren. Diese Nähe zwischen uns war besonders und allein mir vorbehalten.
    Ich schloss die Augen und machte mich wie jeden Morgen auf die Suche nach einem Traum, da holte Laureans Stimme mich zurück: «Vor tausend mal tausend Monden weilte der Dunkle Fürst, den die Menschen Satan oder Teufel nennen, auf der Erde. Orlathat, die Göttin des Blutes, stieg vom heiligen Berg Genore herab, nahm Menschengestalt an und vereinigte sich mit dem Fürsten, um den Globus mit ihren Nachkommen zu besiedeln. Sie gebar erst Damianor, dann Androlus und Geser. Damianor verfluchte Orlathat, weil Androlus und Geser sich paarten, er hingegen keine eigene Gefährtin besaß. Zunächst säte er Zwietracht zwischen Orlathat und dem Dunklen Fürsten, der die Blutgöttin daraufhin in die Verbannung schickte. Nun forderte Damianor für sich eine eigene Gefährtin, die der Dunkle Fürst ihm sodann aus einem Klumpen seines Blutes formte und sie Gelebal nannte. Androlus hatte fortan in Damianor einen Feind,

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