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Alicia - Gefaehrtin der Nacht

Alicia - Gefaehrtin der Nacht

Titel: Alicia - Gefaehrtin der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Michelsen
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über seine Worte nach, dann fragte ich: «Was ist mit Jezebel? Ist sie bei dem Überfall der Mönche auch vernichtet worden?»
    «Ja», sagte Laurean. «Jezebel ist der Grund, warum mein Bruder mich so sehr hasst. Du erinnerst dich, dass wir aus einer Paarung von Androlus und Geser entsprungen sind. Wenn wir Menschen wären, würdet ihr das Drillinge nennen, und doch ist es bei uns ganz anders. Die Abkömmlinge der Salizaren werden nicht wie Menschenkinder aufgezogen. Von dem Moment an, wo wir die Frucht des Körpers verlassen, werden wir von der Gemeinschaft aufgezogen. Sie lassen uns ihr Blut trinken, damit wir Viele sind und Gleiche. Wenn das, was bei den Menschen die Geschlechtsorgane sind, bei uns ausgereift ist, erleben wir den ersten Biss des Fürsten, dann erst verlassen wir die Gruft. Wir haben nicht Vater oder Mutter, wie es bei den Menschen Sitte ist. Alle Salizaren sind Brüder und Schwestern im Blute, doch das Besondere bei Desan, Jezebel und mir ist gewesen, dass Geser uns zur gleichen Zeit in ihrem Bauch getragen hat, was bei unserer Art nur sehr selten vorkommt. Gemeinsam wurden wir also in die Welt geworfen, und gemeinsam verließen wir erstmals die Gruft. Wir waren immer zusammen, wir erkundeten die Welt, wie alle jungen Salizaren es tun, machten Beute und vereinigten uns mit den Brüdern und Schwestern, natürlich immer nach den Gesetzen der Kaste. Obwohl es bei uns so etwas wie Treue nicht gibt, hat Desan Jezebel nie verziehen, dass sie schließlich mich wählte. Also war es sicher kein Zufall, dass sie bei dem Anschlag zugegen war und mit Androlus und Geser zusammen vernichtet wurde. Desan wollte unsere Schwester lieber töten, als sie an mich zu verlieren.»
    «Dann war Jezebel … vor mir an deiner Seite?»
    «Ja», antwortete Laurean schlicht. «Aber die Mönche haben es nicht geschafft, ihr Amulett an sich zu nehmen. Die Weissagung der Blutgöttin muss eintreten, sonst bedeutet es das Ende unseres Stammes! Du wirst noch begreifen, wie wichtig es ist, dass du ihr Amulett trägst.»
    «Warum?», fragte ich. «Ich meine, die Mönche sind doch nur Menschen? Können wie sie nicht besiegen?»
    Anstelle einer Antwort schloss Laurean die Augen und ließ mich mit zahllosen weiteren Fragen zurück. Vielleicht dachte er nach, oder er tauchte bereits in einen Menschentraum ein. Da wir nicht schliefen, war das Senken der Lider der einzige Weg, um uns vor der Welt und den Unsrigen zurückzuziehen. Schließlich tat ich es ihm gleich und ließ mich auf das weiche Lager sinken, das uns als Ruhestatt diente. Verwirrt machte ich mich auf die Suche nach einem Traum.
    Ich stolperte durch finstere, höllengleiche Abgründe, in denen ein junger Mann auf der Suche nach seinem Kopf herumwanderte. Eine Weile sah ich ihm dabei zu, doch ich hatte keine Lust, mich einzumischen. Kurz darauf fand ich mich an einem paradiesischen Südseestrand wieder. Dunkelhäute Menschen streiften träge umher. Einige von ihnen wiegten sich im Takt zu einer Melodie, die von irgendwoher an den Strand getragen wurde. Ich ließ meine Füße von der Brandung umspielen, da nahte aus der Ferne eine Gestalt, die mir seltsam bekannt vorkam. Plötzlich stand sie vor mir. ‹Isa›, sagte sie. ‹ich habe dich so vermisst!›. Lena, dachte ich und starrte sie ungläubig an. Mein Herzschlag geriet aus dem Takt. Da wir Salizaren keine Angst kannten, gab es keinen Grund für Erregungszustände, doch nun brachte der Anblick meiner Freundin den Anteil menschlichen Blutes in mir zum Erzittern. Ich erkannte in Lenas Augen den Schmerz, der unter anderen Umständen auch meiner gewesen wäre. Wir hatten einander einmal so nahe gestanden, sie war meine einzige Vertraute gewesen, der einzige lebende Mensch, der mir wirklich nahe war und den ich nicht verstoßen hatte, und dann hatte ich es doch getan, um bei Laurean sein zu können. Dabei hatte ich sie geliebt wie eine Schwester. ‹Es tut mir so unendlich leid, Lena›, sagte ich. Bitte verzeih mir, wollte ich hinzufügen, aber ich sah in ihren Augen, dass sie es schon getan hatte. Lena legte den Kopf ein wenig schräg, wie sie es immer tat, wenn sie lächelte. Ihr blondes Haar fiel zur Seite und entblößte die feine Linie ihres Halses. ‹Komm mit mir nach Hause›, sagte Lena. ‹Alles wird wieder gut. Wir sind dir nicht mehr böse. Komm nur wieder zurück!› Sie ergriff meine Hand und lächelte, so froh, mich getroffen zu haben an diesem unwahrscheinlichen Ort. Jetzt fiel mir auf, dass sie einen Kranz

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