Alicia II
fällen.«
»Genau. Deshalb haben wir keinen anderen für die Mission, deshalb müssen wir diese Gelegenheit wahrnehmen. Es gibt nicht viele Leute wie euch beide in der Bewegung, ehrlich. Die meisten von uns sind bei der ersten Hürde, bei der ersten Kleinigkeit, die nicht in den Gesamtplan paßt, wie gelähmt. Dir und Stacy wird das nicht passieren. Begegnet ihr einem Hindernis, werdet ihr einen Weg herum finden.«
»Du sprichst davon wie von einer Kriegsmission.«
»Und dies ist ein Krieg, bei dem nur wenige Menschen auf beiden Seiten die Instinkte eines Soldaten haben. Ihr habt sie, du und Stacy, mehr sage ich nicht.«
»Soldaten sind Kanonenfutter, Automaten, die man aus den Schützengräben schickt, damit sie als Zielscheiben fungieren. Dazu brauchen sie keine besonderen Instinkte. «
»Dann sieh in euch keine Soldaten, sondern …«
»Nein, ich bin Soldat, bin es vierzehn Jahre lang gewesen. Es gefällt mir nur einfach nicht. Wenn ich mich zu dieser Mission bereit erkläre, wird es die einzige sein, die ich je für dich durchführe.«
Ben nickte.
»Das ist weiter nichts als ein Geschäft. Du erledigst deine Aufgabe, ich erledige meine. Mephisto bezahlt immer, ganz gleich, wie Faust ihn zu betrügen versucht. Deshalb ist Mephisto der Gute, Faust der Böse. Okay, nun habt ihr alle Barrieren hinter euch und befindet euch im Hauptlagerraum am tiefsten Punkt der Erneuerungskammer. Das ist der Ort, wo die Seelen, wie man sie so entzückend nennt, verwahrt werden. Wieviel weißt du über die Vorgänge innerhalb der Kammer?«
»Verdammt wenig.«
»Ich bin auf diesem Gebiet auch nicht besonders versiert – das sind wenige von uns. Natürlich sollen wir es gar nicht wissen. Je weniger wir über das Verfahren wissen, desto besser geschützt sind die Kammern. Aber Sicherheit ist nie hundertprozentig. Nur Techniker, bestimmte Chirurgen, die Kombination aus beiden, die sie Mechdoks nennen – nur sie haben umfassende Kenntnisse über den Prozeß. Aber trotz aller Sicherheitsbestimmungen ist genug durchgesickert, daß wir im Laufe der Jahre Informationen haben sammeln können. Einzelne Stückchen wurden zu einem Gesamtbild zusammengesetzt.«
Ben trank den letzten Schluck aus seinem Glas und ließ es kreisen, um zu sehen, ob es wirklich leer sei. Alicia deutete diese Geste als den Wunsch, nachgefüllt zu bekommen, und nahm es ihm aus der Hand. Er murmelte einen Dank. Sie hob mir das Glas entgegen und fragte damit, ob ich auch eins wolle. Ich nickte.
»Am schwersten zu verstehen ist bei dem Erneuerungsprozeß, daß in uns tatsächlich etwas wie eine Seele steckt. Mein Gott, was habe ich seit meiner frühesten Kinderzeit für theologische Streitgespräche über diesen Gegenstand gehört! Eigentlich müßte ich sagen, seit deiner frühesten Kinderzeit, denn ich war bereits erwachsen, als man begann, vorsichtig und geheimnisvoll über diese neuesten wissenschaftlichen Entwicklungen zu berichten. Schon damals wurde betont, die individuelle Seele, die dem zu erneuernden Individuum bei dem Verfahren entnommen werde, sei ganz bestimmt nicht das, was die Religionen ehrfürchtig als Seele bezeichnen. Aber wer konnte das glauben? Übrigens bezweifele ich, ob sie wollten, daß es irgendwer glaubte. Sie gaben diese Erklärung nur ab, um ihre wissenschaftlichen Ärsche zu schützen. Warum hätten sie den Ausdruck Seele sonst überhaupt eingeführt? Natürlich sollten alle glauben, es sei die Seele. Das Christentum ist immer ein solider Verbündeter der Erneuerer gewesen. Jetzt verbreitete sich die große Neuigkeit durch alle organisierten Religionen, ganz zu schweigen von den Tausenden nichtorganisierter. Die Seele war entdeckt worden! Sie existierte tatsächlich! Großartig. Du hast ja die Blütezeit der religiösen Erweckungsbewegungen miterlebt.«
»Ich habe ein paar vage Erinnerungen daran. Vor allem fällt mir eine Tante ein, die fasziniert von der Idee war, sie könne Gott ihre Seele immer wieder und wieder und wieder ad infinitum weihen. Ihr einziges Problem war, daß sie sich niemals für das Erneuern qualifizierte. Das verbitterte sie, und sie wurde Atheistin.«
Alicia machte ein paar Schritte in den Raum hinein.
»Ich höre gern häßliche Geschichten über anderer Leute Vorfahren«, sagte sie.
»Jedenfalls«, fuhr Ben fort, »selbst als die religiöse Begeisterung abflaute, blieb der Glaube an die Seele unterschwellig erhalten. Natürlich, wir, die wir intelligent genug waren, um uns für das Erneuern zu
Weitere Kostenlose Bücher