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Alicia II

Alicia II

Titel: Alicia II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Thurston
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würde das furchtbare Schmerzen hervorrufen. Und als die gottverdammten Witzbolde, die sie sind, haben sie auch deine Prostata entfernt. Das ist nichts als eine zusätzliche Grausamkeit, weil diese Drüse das einzige ist, was ersetzt werden könnte, und mit den anderen gottverdammten Veränderungen brauchten sie sich über eine Transplantation keine Gedanken zu machen. Wer das getan hat, verfügt über eine unvergleichliche chirurgische Technik, glaub mir. Die Maschine hat sogar noch weitere Eingriffe in der Genitalregion entdeckt, die mit meinen Apparaten nicht genau definiert werden können. Siehst du, ich hatte diesen Teil der Untersuchung eigens programmiert. Aber bei einer normalen Untersuchung wäre ein Defekt dieser Art wahrscheinlich übersehen worden. Deine Impotenz hatte also nichts damit zu tun, daß du ihn in den alten Zeiten mit Selena ein paarmal nicht hochbekommen hast. Das hier ist Sabotage und nichts als Sabotage und – ich rede zuviel und fachsimple zuviel. Sag doch etwas! Du siehst sehr krank aus, was kann ich …«
    Ich lachte.
    »Ich weiß wirklich nicht, warum du mich für krank hältst. Was bedeuten denn schon unter Freunden eine fehlende Prostata und ein paar Veränderungen an ich weiß nicht mehr? Ich meine, ich kann – verzeih mir, Ben, ich weiß einfach nicht, was ich sagen soll. Ich könnte Impotenz als eine Tragödie akzeptieren, mit der ich zu leben habe, wenn sie psychisch bedingt wäre. Aber eine rein körperliche Impotenz, ein paar Veränderungen und Unterbrechungen in meinem sexuellen Apparat – das, nun, das ist komisch, das ist nicht tragisch. Da hat man dem alten Voss einen sauberen Streich gespielt. Bru hätte ihren Spaß daran. Ich kann jede dumme Szene aufführen, die ich möchte. Verheerend sentimental auf Seifenopernart, mutige Hinnahme des Schicksals und all das, witzig und ironisch, voll amüsierender sexueller Andeutungen, warm und menschlich, die Nummer mit dem alten Arzt und seinem Patienten, voll von bitterem Zynismus, mit …«
    »Um Gottes willen, Voss, halt den Mund! Okay, Selbstmitleid ist ganz in Ordnung, aber eine solche törichte Dramatisierung – vergessen wir das alles und nehmen wir uns Zeit, die Tatsachen zu verdauen. Dann kannst du dich ihnen auf deine vernünftige Art anpassen.«
    Wir nahmen uns die Zeit. Nachdem wir uns ein bißchen unterhalten und ein bißchen nachgedacht hatten, kam es mir langsam sowohl komisch als auch traurig vor, daß Ernie sich seiner persönlichen Rache an dem unbekannten, da noch nicht ausgewählten Empfänger seines Körpers – seiner Hülle – wegen all diese Mühe gemacht hatte. Ich bekam Respekt vor dem guten alten Ernie. Ich fragte mich, was für ein Mensch er gewesen sei, wie er sein kurzes Leben verbracht habe, welcher Groll in ihm gekocht haben mochte. Es war frustrierend, nichts über derlei Dinge zu wissen. Noch später gewöhnte ich mich an den Gedanken, daß man das, was geschehen war, ungeachtet meiner pompösen Erklärung weder als komisch noch als tragisch bezeichnen konnte. Zwar riefen die wenigen Erinnerungen an mein kümmerliches Sexualleben gelegentlich Bedauern in mir hervor, aber ansonsten war ein Leben ohne Sex auch nicht schlimmer als schlechte Augen oder eine fehlerhafte Niere.
    Ich konnte damit fertig werden.
    Das dachte ich.
    Ich war frei, ein produktiveres Leben zu führen.
    Dachte ich.
    Eine Sache, die schließlich nichts weiter war als ein körperlicher Fehler, konnte mir auf keinen Fall den Mut rauben.
    Das sagte ich mir zuversichtlich selbst.
    Warum ich den Entschluß faßte, in den Raum zu gehen, weiß ich nicht ganz sicher. Ich glaube, ich hatte einfach die Erde satt. Obwohl ich ein Erneuerter war (wenn auch ein unvollständiger), vermochte ich die Dinge nicht auf die Art zu sehen, wie sie einer elitären Gruppe angemessen ist. In meinen dunkelsten Augenblicken wünschte ich mir, ein nutzloses Leben zu führen, vielleicht in irgendeiner Enklave wie dem Vergnügungsviertel von Hough. Aber es lag in meiner Natur, nützlich zu sein. Ich mußte irgendwie zum Wohle der Menschheit oder eines kleinen Teils der Menschheit tätig werden. Allerdings, wäre ich nach dem Grund meiner Loyalität gegenüber meinen Mitmenschen gefragt worden, dann hätte ich angefangen zu stottern oder wäre stumm zusammengebrochen. Oder vielleicht wäre mir nach einigem Nachdenken die Antwort eingefallen, das sei eine Gewohnheit, die ich mir während meiner ersten Lebensspanne zugelegt hätte.
    Aber vielleicht waren meine

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