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Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne

Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne

Titel: Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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sternengesprenkelten
Himmels. Sie ahnte, daß er lächelte. »Wie es scheint,
mögen Sie Ihr TALENT nicht sonderlich.«
    »Das könnte stimmen.«
    »Obwohl es nicht Sie selbst sind, die ihm ausgesetzt ist. Wir
sind es. Jeder von uns ist offen für Sie, ist Ihrem TALENT
ausgeliefert.«
    »O nein, ich bin ebenso offen. Eure Empfindungen und Gedanken
bombardieren mich buchstäblich. Tag und Nacht. Sie hämmern
auf mich ein wie die Informationen von einem Dutzend
Hypädia-Bändern, die gleichzeitig abgespielt werden. Ohne
meine Selbstdisziplin, die mich befähigt, mich trotzdem auf
meine einzige Energiequelle, auf meine Mitte zu konzentrieren,
wäre ich schon längst verrückt geworden. Einige
TALENTE drehen tatsächlich nach einer gewissen Zeit durch.«
(Einmal Bleiche, einmal ein scharfes Küchenmesser… Aber
damals war sie so viel jünger gewesen.)
    »Ich habe zwei oder drei TALENTE kennengelernt«, meinte
Andrews. »Sie waren schon verdammt seltsam.«
    »Und ich?« Sofort bereute sie diese Frage.
    »Nun, Sie stehen über allen Dingen, nicht wahr? Sie
lassen es nicht zu, daß Ihnen weh getan wird. Deshalb
weiß ich es auch zu schätzen, daß Sie mitgekommen
sind. Das war ein schöner, menschlicher Zug von Ihnen. Recht
selbstlos, wenn Sie verstehen, was ich damit meine.«
    Er versuchte, nett zu sein, aber trotzdem war jetzt für sie
ein Tiefschlag, was früher an ihrem Schutzpanzer aus
praktizierter Indifferenz einfach abgeglitten wäre. Sie
erinnerte sich, daß Arcady Kilczer einmal etwas Ähnliches
gesagt hatte, und einen Augenblick lang sah sie sein Gesicht mit dem
sanften, müden Lächeln wieder vor sich, erlebte nochmals
seine charakteristische Geste, mit der er sich das widerspenstige
Haar aus der Stirn zu schieben pflegte. Mit verkniffenen Lippen sagte
sie: »Wir sollten weitergehen.«
    »In Ordnung. Aber ich meinte, was ich sagte. Ich bin froh,
Sie bei mir zu haben.«
    Sie stiegen höher und wanderten bald unter niedrigen
Bäumen entlang. Die Blätter waren ähnlich denen der
Bäume in der Kaldera um die Burg herum länglich und
gewunden. Die dicken Wurzeln krallten sich in den dünnen,
steinigen Boden und bildeten an der Oberfläche ein wirres Muster
aus holzigen Ranken.
    Schließlich verflachte der Hang etwas, und die Bäume
wichen einer Wiesenlandschaft mit den nun schon hinlänglich
vertrauten Grasflechten.
    In beiden Richtungen beschrieb der Hang unterhalb des Kammes eine
leichte Rundung. Das symmetrische Becken jenseits des Kammes war mit
einer tiefschwarzen Schicht überzogen, die zweifellos
Radiowellen reflektieren konnte. Es hatte einen Durchmesser von etwa
einem Kilometer, aber die Entfernung war im Dämmerlicht schwer
zu schätzen. Über dem Zentrum hing offenbar der
Antennenkomplex. Dicke Seile, an drei gewinkelten Strebepfeilern
aufgehängt, hielten ihn in der Schwebe.
    Andrews ging zum Beckenrand. Dorthy folgte ihm vorsichtig. Sie
fühlte sich nackt und ausgeliefert. Irgendwo, da war sie sicher,
war da ein Etwas, das sie beobachtete, sie abschätzte, den
rechten Augenblick abwartete.
    Andrews deutete auf den Einschnitt, der die entfernte Seite des
Beckenrandes spaltete. Er glühte hell im roten Licht der
untergehenden Sonne. »Das Orbital-Kommando machte Andeutungen,
daß dort drüben etwas sein könnte«, meinte er
und blickte durch den Feldstecher hinüber. Eine Minute
später gab er ihn an Dorthy weiter. Das Bild war körnig,
denn der elektrische Sichtverstärker war voll aufgedreht.
    »Rechts – unter den Bäumen. Sehen Sie es?«
    »Ja, ich sehe es.«
    Ein Komplex niedriger Gebäude und Wälle zog sich an der
steilen Innenwand des Beckens entlang, zum größten Teil
unter Baumgruppen verborgen. Hier und da waren flache Türme
unterschiedlicher Höhe zu sehen. Das ganze Gebilde sah aus wie
eine seit langer Zeit verlassene, überwucherte Ruine.
    »Kein Wunder, daß wir vom Orbit aus kaum etwas
entdecken konnten«, sagte Andrews, als Dorthy ihm den
Feldstecher zurückgab. »Erfassen Sie irgendwas?«
    »Es ist, als würde ich beobachtet.«
    »Zum Teufel, das kann sogar ich fühlen. Ist doch nur
natürlich. Aber das ist es, Dorthy, das ist der Kern aller Dinge
hier auf diesem Planeten. Kommen Sie, ich möchte mir diese
Anlage aus der Nähe anschauen.«
    Sie gingen auf den nächsten der drei Strebepfeiler zu.
    Andrews schien vor Aufregung völlig aus dem Häuschen,
Dorthy dagegen war noch vorsichtiger als gewöhnlich, gehemmt
durch das immer stärker werdende Gefühl, daß etwas
sie beobachtete.

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