Alien Earth - Phase 1
Oberwasser zu verschaffen.
»Los, verschwinden wir hier! Ich muss hier raus! Dieses Krankenhaus schlägt mir auf den Magen.« Sie stand auf und ging zur Tür. Sie schwankte leicht, als wäre sie angetrunken. Ihr steifes Bein gab nach, als wolle es jeden Augenblick einknicken. Der Rest der Crew folgte ihr, und Rudi … Rudi blieb ratlos stehen. Diane hatte mit keiner Geste zu verstehen gegeben, dass sie seine Anwesenheit bemerkt hatte. Sollte er …?
»Ich sagte, wir verschwinden hier!«, kam Dianes Stimme vom Gang. »Wo bleibst du, Junge? Bildest du dir ein, nur weil du uns allen den Arsch gerettet hast, hast du Sonderrechte? Da liegst du falsch, klar? Wenn ich sage ›Spring!‹, springst du, wenn ich sage ›Hau ab!‹, haust du ab. Und wenn ich sage, wir feiern, feierst du, klar? Also los, wir feiern!«
Diane führte sie quer über die Piste. Sie lag brach. Zum ersten Mal, seit Rudi auf Funafuti war, starteten und landeten keine Maschinen. Alles, was fliegen konnte, befand sich in der Luft, schwärmte so nahe an dem Einschlagspunkt des Artefakts, wie es die Amerikaner zuließen, in der Hoffnung, dass auf irgendeine wundersame Weise wenigstens ein Brösel des
Kuchens für sie abfiel. Fragmente, die beim Absturz abgeplatzt waren und von den Amerikanern übersehen wurden. Oder sogar ein weiteres Artefakt, das in der Nähe niederging. Manchmal kam wochenlang überhaupt kein Artefakt herunter, dann hagelte innerhalb von ein paar Tagen ein Dutzend auf ein paar Quadratkilometer herunter.
Am Rand des Stützpunkts angekommen, stieg Diane - rückwärts und auf allen vieren - bröckelndes Vulkangestein hinunter, verschwand unter der Piste und erschien einen Augenblick später wieder mit einem Ruderboot. Wilbur und die Übrigen sprangen mit derselben Selbstverständlichkeit hinein, mit der sie in die Bitch kletterten. Rudi schluckte sein »Aber ich kann nicht schwimmen!« hinunter und folgte ihnen. Rodrigo und Hero ergriffen wortlos die Riemen und ruderten los.
Es dämmerte. Bald passierten sie einige kleinere Erhebungen. Es war Land, das den Kopf gerade so über Wasser hielt, solange keine größeren Wellen kamen; Teile des Atolls von Funafuti, zu klein, als dass sich ihre Befestigung gelohnt hätte.
Der Stützpunkt blieb hinter ihnen zurück, die Wellen gingen höher, und bald konnte Rudi nur noch dann einen Blick auf ihn erhaschen, wenn das Boot gerade auf einem Wellengipfel ritt. Ihm wurde übel. Er rutschte auf den Knien an den Rand des Boots, um sich zu übergeben. Ohne Erfolg. Sein Magen war leer, die letzten Stunden hatten zu allem Anlass gegeben, nur nicht dazu, etwas zu essen. Doch sein Magen wollte es nicht einsehen. Er krampfte, ließ Rudi würgen. Rudi streckte den Kopf weiter hinaus, dem Salzwasser entgegen.
Und hatte eine Vision.
Im ersten Licht der Sonne breitete sich ein riesiger dunkler Teppich vor dem Boot aus. Land, hier draußen? Rudis Magen war so überrascht wie er selbst. Er stellte die Krämpfe ein. Rudi hob den Kopf, kniff die Lider zusammen. Nein, keine Insel. Der Teppich schwamm, er ging mit den Wellen mit. Sie setzten sich unter ihm fort, hoben den gesamten Teppich in einer Linie an. Wie das Blatt einer Seerose auf einem Teich, wenn man einen
Stein hineinwarf. Doch dieses Gebilde war Menschenwerk. Als sie näher kamen, konnte Rudi erkennen, dass der Teppich aus Booten und Schiffen gewebt war, verbunden durch ein Spinnennetz aus Tauen und Gangways.
Jemand klatschte ihm hart auf den Rücken. Natürlich Wilbur. »Das wird dir gefallen, Junge. Ist beinahe wie dein geliebtes Neo-Bangkok.«
Weiter hätte Wilbur nicht daneben liegen können. Die Engel, die auf der schwimmenden Insel im Pazifik lebten, waren keine Gefallenen, sie waren Verlorene, die Elendsten der Elenden: Boat People.
Neugierige Gesichter drängelten sich um die Bitch -Crew, als sie ihr Boot an einem rostigen Fischkutter festmachte und an einer ihnen zugeworfenen Strickleiter an Bord kletterte. Diane musste ihre Kraft wiedergefunden haben, sie bewältigte den Aufstieg ohne Schwierigkeiten. Die meisten Boat People waren Asiaten, aber Rudi sah auch einige Polynesier, deren Heimatinseln überflutet worden sein mussten, ohne dass eine großzügige Company sie mit einem goldenen Handschlag in die Welt entlassen hatte. Und Rudi sah das eine oder andere europäische Gesicht. Neuseeländer oder Australier, die die Dürre auf das Meer getrieben haben musste.
»Ah, Bitch- Crew! Welcome, welcome back!« Ein Asiate empfing sie an Deck.
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